Die Kunsthistorikerin Tina Lebelt hat die Druckgrafiken des Künstlers Johann Michael Bossard neu archiviert.

Jesteburg. Der Künstler Johann Michael Bossard (1874-1950) war ein unermüdlich Schaffender. Sein Nachlass umfasst circa 5000 Kunstwerke, darunter Skulpturen, Kleinplastiken, Gemälde, Zeichnungen und Grafiken. Sein Lebenswerk ist eng mit der Kunststätte Bossard verbunden, das als Gesamtkunstwerk Architektur, Bildhauerei, Malerei und Gartengestaltung vereint. Viele seiner Arbeiten sind eingelagert und bleiben der allgemeinen Öffentlichkeit verborgen. Doch das soll sich nun ändern: Erstmals wird es ab 2015 eine frei zugängige Online-Datenbank geben, die Johann Bossards druckgrafisches Œuvre in einem Werkverzeichnis umfassend dokumentiert. Dieser Aufgabe hat sich die junge Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Volontärin Tina Lebelt gestellt und sich intensiv mit Bossards Druckgrafiken auseinandergesetzt.

Die 27-Jährige inventarisierte fast 160 Bildwerke mit insgesamt 1400 Einzelblättern, darunter Unikate und Drucke in mehrfacher Auflage, Radierungen, Monotypien, handkolorierte oder handgedruckte Exemplare. „Die druckgrafischen Arbeiten Bossards erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie sind in verschiedenen Museumssammlungen vertreten, etwa im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg oder im Museum Burg Zug. Dennoch konnten sie bislang nicht für ein umfangreiches Werkverzeichnis erfasst und bearbeitet werden“, sagt Dr. Gudula Mayr, Leiterin der Kunststätte Bossard. Dank der finanziellen Förderung durch den Freundeskreis der Kunststätte Bossard, die EWE-Stiftung, die Stiftung Niedersachsen und zwei private Kunstliebhaber war das Projekt überhaupt möglich geworden. Für die Kunsthistorikerin Tina Lebelt kam das Projekt zu Beginn ihres Volontariats wie gerufen: Bereits im Studium an der TU Dresden beschäftigte sie sich mit historischer Grafik und Druckgrafik und arbeitete mit Werkverzeichnissen verschiedener Künstler. „Druckgrafik ist für mich ein spannendes Medium. Außerdem recherchiere ich gerne und wühle mich durch Quellen. Für mich hat das immer etwas Geheimnisvolles“, sagt Tina Lebelt.

Indem das Werkverzeichnis der Öffentlichkeit und der Fachwelt kostenlos zugänglich gemacht wird, soll die weitere Erforschung von Johann Bossards Schaffen ermöglicht werden. „Das Projekt wird zu einem besseren Verständnis von Bossards Gesamtwerk beitragen“, ist Museumsleiterin Gudula Mayr überzeugt. „Die Möglichkeit, jederzeit Einblicke in die Museumsbestände sowie Zugang zu aktuellen Forschungsergebnissen zu geben, ist eines unserer zentralen Anliegen.“

Doch bis das Werkverzeichnis 2015 online gehen kann, gibt es noch einen wichtigen Meilenstein im Projekt zu meistern: Die druckgrafischen Motive Bossards sollen möglichst vollständig erfasst werden. Hierfür ist das Museumsteam auch auf die Unterstützung von Sammlern angewiesen, die Angaben zu Grafiken in Privatbesitz machen können. „Die Drucke wurden im Zeitraum der 1890er Jahre bis etwa 1930 von Johann Bossard geschaffen und in mehreren Druckereien in Berlin und Hamburg aufgelegt. Vor diesem Hintergrund interessieren uns zum Beispiel auch noch erhaltene Rechnungen oder Kaufbelege von Druckereien. Alle Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt“, sagt Tina Lebelt.

Der Künstler und Hamburger Professor für Bildhauerei Johann Michael Bossard legte 1911 auf einem rund drei Hektar großen Grundstück in Lüllau bei Jesteburg den Grundstein für die Kunststätte Bossard. Hier schuf er, auch gemeinsam mit seiner Ehefrau Jutta, einen Ort, der seinen Traum von der Einheit von Leben und Kunst verwirklichen sollte. Die Kunststätte ist eines der wenigen vollständig erhaltenen Gesamtkunstwerke in Europa, das seit 1997 als Museum zugänglich ist. Zu besichtigen sind unter anderem Teile des Wohn- und Atelierhauses, der parkähnliche Garten sowie der Kunsttempel, der wie die gesamte Anlage bis ins Detail künstlerisch ausgestaltet ist.

Bossard hat hier die Synthese der verschiedenen Künste wie Architektur, Plastik, Malerei, Kunsthandwerk und Gartengestaltung realisiert. Auch Musik, Dichtung und nicht zuletzt der Mensch waren Bestandteil des Gesamtkunstwerk-Gedankens. Ideen dieser Art gab es vor allem seit Mitte des 19. Jahrhunderts.

Der Jugendstil, der Deutsche Werkbund und vor allem das Bauhaus strebten nach der Einheit der verschiedenen Künste am Bau. Das besondere an der Kunststätte Bossard ist, dass hier expressionistische Wandmalerei, Raumausstattung und Gebäude weitgehend im ursprünglichen Zusammenhang erhalten geblieben sind.

Wer das Projekt der Kunststätte Bossard unterstützen möchte und Angaben zu Druckgrafiken Bossards machen kann, findet auf der Homepage der Kunststätte Bossard (www.bossard.de) oder unter Telefon 04183/975 92 35 weitere Informationen.