Wenn die Trinitatis-Gemeinde die Dreifaltigkeitskirche aufgibt, gibt es einen Interessenten aus der Nachbarschaft

Harburg. Es ist viel in der Schwebe, aber wenn klappt, was Gottesleute und Gastronomen momentan noch lose andenken, geht demnächst ein mittelschwerer Ruck durch die zweite Harburger Altstadt-Achse, die Neue Straße: Die Trinitatis-Gemeinde kommt wohl nicht umhin, sich von der Immobilie Dreifaltigkeitskirche zu trennen und hat die Süderelbe AG beauftragt, Möglichkeiten zu sondieren, die Kirche auf den Markt zu bringen. Die Süderelbe AG könnte sich eine gastronomische Nutzung des Gebäudes vorstellen. Einer der Interessenten ist das Bolero.

Würde das Cocktailbar-Restaurant seinen gegenwärtigen Standort am ehemaligen Blumenmarkt räumen, wäre dort der Weg frei für eine Sanierung des westlichen Marktplatz-Endes. Zöge das Bolero in das alte Kirchengemäuer, würde das auch eine Belebung des seit der Schließung des „Consortium“ und der Einstellung der Kirchenarbeit etwas eingeschlafenen unteren Teils der Neuen Straße bedeuten.

Noch ist allerdings nicht einmal sicher, ob sich die Trinitatis-Gemeinde überhaupt von dem Kirchengebäude trennt: „Bislang haben wir lediglich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben“, sagt Trinitatis-Pastorin Sabine Kaiser-Reis. „Darin geht es um mögliche Nutzungen des Gebäudes in Abwägung mit Denkmalschutzbestimmungen und um viele weitere Aspekte.“

Rein rational führt für die Trinitatis-Gemeinde, die 2006 aus der Fusion der Dreifaltigkeitskirche und der Johanniskirche entstand, wohl kein Weg daran vorbei, die Dreifaltigkeitskirche aufzugeben. Allein der Gebäudeunterhalt kostet die Gemeinde jährlich ca. 50.000 Euro. Ab dem nächsten Jahr verlangt der Kirchenkreis von den Gemeinden auch noch, Gebäuderücklagen bis zum Feuerkassenwert zu bilden. Da kämen für die Dreifaltigkeitskirche noch einmal 50.000 Euro jährlich zusammen. Dabei ist sie derzeit völlig unbenutzt. Die Gottesdienste der Trinitatisgemeinde finden in St. Johannis an der Bremer Straße statt. Ein Untermietvertrag mit einer afrikanischen Protestantengemeide lief vor einem Jahr aus und das Projekt Klangkirche wird vom Kirchenkreis nicht mehr gefördert.

Emotional ist es eine andere Sache. Nicht nur hatte ein Drittel der jetzigen Trinitatis-Gläubigen ihre Heimat in der Dreifaltigkeitskirche, das Gotteshaus war einst auch Harburgs Hauptkirche. Der Bau aus dem Jahre 1660 wurde im Krieg zerstört. In seinen Ruinen wurde von 1962 bis -66 die neue Dreifaltigkeitskirche errichtet. Die zerbombte Vorderwand des Altbaus dient als Portal und Mahnmal. „Wir wissen schon länger, dass wir das Gebäude eigentlich nicht behalten können“, sagt Pastorin Kaiser-Reis, „und viel Trauerarbeit ist daher schon geleistet. Aber wenn es dann endgültig so weit wäre, wäre das noch einmal ein schwerer Schritt.“

Beim Vermarkter, der Süderelbe AG hält man sich bedeckt: „Wir halten Gastronomie für möglich und führen Gespräche mit einem Unternehmer, der die Harburger Szene sehr gut kennt“, sagt Immobilienchef Heinrich Wilcke.

Neben Heiko Hornbacher lässt einen das schnell ans „Bolero“ denken und in der Tat: „Ja, ich bin da im Gespräch“, sagt Bolero-Geschäftsführer Oliver Klühn. „Das ist für mich ein hochinteressantes Objekt. Aber noch sind es nur Vorgespräche, ob und wie das Gebäude genutzt werden kann. Es ist bislang weder über Zeitrahmen noch Geld gesprochen worden.“

Klühns Pachtvertrag am Markt läuft noch 11 Jahre. Allerdings kann er derzeit die Fläche vor seinem Lokal nicht nutzen, weil sie akut sanierungsbedürftig ist. Darüber, wer sie sanieren muss, gibt es derzeit einen Rechtsstreit zwischen Bezirk und Besitzer. Klühn kann da nur zugucken. Die Kirche entspräche von den Quadratmetern her fast seinem jetzigen Geschäft, die Lage ist schicker, das Gebäude ohnehin und die Deckenhöhe unbezahlbar.

Noch jedoch gibt es mehr Fragen als Antworten. Aber eine Perspektive.