2300 neue Flüchtlinge werden bis Jahresende im Landkreis erwartet. Sie müssen untergebracht und versorgt werden

Winsen. Es ist ein ständiger Kampf um Wochen und Tage: Die Zeitnot lässt nicht mehr nach, seitdem die wöchentliche Quote von Flüchtlingen für den Kreis Harburg sich auf 40 Menschen verdoppelt hat. Immer dringlicher wird es, neue Unterkünfte zu schaffen. „Wenn alles optimal läuft, dauert es aber sieben bis acht Wochen bevor ein Containerdorf steht und genutzt werden kann“, sagte Reiner Kaminski, der Sozialdezernent des Landkreises Harburg.

Ausgangspunkt für solche Maßnahmen sind zwei Ausschreibungen, eine für die Container und eine weitere für den Betrieb der Unterkünfte. Vorgeschrieben wird dabei der Einsatz eines Heimleiters ab 30 Plätzen, die Zahl der Stellen für die Sozialarbeiter, die Gehälter und ebenfalls, wann in Ausnahmefällen geringfügig Beschäftigte mitarbeiten dürfen. „Weniger als eine Handvoll Bewerber“ sind jeweils an solchen Aufträgen interessiert, heißt es beim Kreis. Ihre Angaben bewerten das Rechnungsprüfungsamt und die Submissionsstelle beim Hauptamt. Nur was realistisch ist, wird zugelassen.

Weil jedoch immer rascher, immer mehr Flüchtlinge kommen, hat sich der Kreis inzwischen für eine zweite Möglichkeit der Vergabe entschieden. Beispiel Buchholz, wo die Bremer Human Care bereits einen Standort betreibt. In solchen Fällen kann ein Ergänzungsvertrag ausgehandelt werden, der die jeweiligen Firmen in jedem weiteren Heim zu identischen Bedingungen verpflichtet. Über dies Möglichkeit, die die Frist für den Aufbau verkürzt, wird derzeit mit Human Care gesprochen. Schließlich können Firmen auch selbst Unterkünfte erstellen, die sie dem Landkreis zur Miete anbieten, wie dies bei dem Neubau in Stelle geschehen ist. Die Verträge werden bei Containerdörfern auf fünf, bei festen Unterkünften zumeist für zehn Jahre geschlossen.

Im Gegensatz zur Vergabe bei der Betreuung liegt die Bereitstellung der Container direkt beim Kreis. „Die Lieferzeit beträgt derzeit vier bis sechs Wochen, wenn man sich auf Standard-Behausungen beschränkt“, sagt Kaminski. Dabei nutzt die Verwaltung bei Neubestellungen ihre Kontakte zu Firmen, die sich schon bei Ausschreibungen beworben hatten. „Die Lage wird aber enger und es wird von nächsten Jahr an sicher nicht einfacher, solche Lieferzeiten einzuhalten“, sagt Human-Care-Geschäftsführer Holger Wollesen. Die Firma hat bisher als einzige die Aufträge zur Betreuung der Flüchtlinge in den elf größeren Unterkünften im Kreis erhalten. Human Care kann so auf die „langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit“ und „enge Absprachen bei der Belegung“ mit dem Kreis verweisen. „Wir sind jede Woche zu Treffen hier. Ich habe aufgehört, die Termine zu zählen“, sagt der Landesbeauftragte von Human Care, René Maynicke.

Die Firma mit Zentrale in Bremen ist aus der 1981 gegründeten Dr. Krantz Sozialbau und Betreuung hervorgegangen und heute vom zweiten Bereich Pflegeheime wirtschaftlich getrennt. Zu den 240 Beschäftigten gehören rund 40 Sozialarbeiter aber auch Handwerker wie Elektriker oder Fliesenleger sowie die Heimleiter. 52 Standorte mit 5000 Plätzen bundesweit werden derzeit betreut. Im Kreis Harburg ist Human Care mit den elf Standorten am stärksten vertreten. In den Heimen mit weniger als 60 Asylbewerbern stellen die Bremer den Heimleiter und besetzen die halbe Stelle mit einem Sozialarbeiter. In den größeren Heimen, von denen der Landkreis für Gut Eddelsen und das Pflegeheim Heideresidenz in Neu Wulmstorf zwei angekündigt hat, haben diese Spezialisten eine volle Stelle, der Leiter bleibt 24 Stunden erreichbar.

Über den Umsatz und die Tagessätze schweigen Wollesen und Maynicke eisern. Nur so viel: Human Care schreibt schwarze Zahlen. Zudem gilt die Unterbringung von Asylsuchenden in Hotels als wesentlich teurer als die Aufnahme in Häusern oder Containerdörfern. Human Care finanziert zudem bei Bedarf auch Unterkünfte. Ein Angebot, auf das der Kreis bisher noch nicht eingegangen ist.

Sicherheitspersonal stellt Human Care nicht. Für solche Aufgaben arbeitet Geschäftsführer Wollesen vielmehr mit zwei zertifizierten Firmen zusammen. Doch bisher waren Bewacher nur bei fünf der 52 Unterkünfte gewünscht, allesamt deutlich größer als die im Kreis Harburg. „Schwierigkeiten gab es nicht“, versichert Wollesen.

Dagegen hatten in Nordrhein-Westfalen zuletzt Security-Mitarbeiter Flüchtlinge in Unterkünften misshandelt. Im Kreis Harburg arbeitet bisher noch kein Sicherheitspersonal in den Unterkünften. „Wir würden uns für einen solchen Fall eng mit der Polizei abstimmen. Die Tendenz geht dahin, in einem solchen Fall den Sicherheitsdienst selber zu engagieren“, sagt Dezernent Kaminski.

Human Care will expandieren. „Auch wenn wir in einer Branche arbeiten, in der dies nicht planbar ist“, sagt Human-Care-Geschäftsführer Wollesen. Aber die Flüchtlingswelle wird wohl vorerst kaum abebben. Zum 1. Oktober lebten in den 45 Unterkünften im Kreis 1116 Flüchtlinge. Bis Ende 2015 sollen 2300 hinzukommen. Alle müssen untergebracht werden. „Wir suchen Personal, Sozialarbeiter, Handwerker oder Reinigungskräfte“, sagt Wollesen. Innerhalb von zwei Jahren will er die Belegschaft ausweiten: 40 Kollegen sollen neu eingestellt werden.