Buchholzer Unternehmer entwickelt Internetplattform, die Arzneihersteller, Apotheken und Kunden zusammenbringt

Buchholz. Der Sommer geht zu Ende, und wenn die Tage kühler werden, steigt auch die Zahl der Erkältungen. Wenn es einen so richtig erwischt hat, scheint schon der Gedanke an den Gang zur Apotheke eine Qual zu sein. Das Buchholzer Unternehmen Pharmacy Connect löst das Problem auf eigene Weise: Mit der Online-Plattform Aponow können Kunden ihre Medikamente online bestellen – und werden von ihrer Apotheke vor Ort beliefert. Geschäftsführer Markus Bönig will so den Spagat zwischen modernem Internethandel und Stärkung des lokalen Handels schaffen.

Eine ehrgeizige Aufgabe, denn zwei Unternehmen – hinter denen große Namen steckten – sind damit gescheitert. „Es gab den Onlinehandel vitabote.de, der zum Ottokonzern gehörte, aber nicht über die auf wenige Apotheken in Hamburg beschränkte Pilotphase hinausgekommen ist“, erläutert Bönig. „Und es gab Dedendo, eine Plattform des Apothekenverbandes Vivesco. Daran war ein Unternehmen der ProSieben Sat.1-Gruppe beteiligt. Die sind aber ausgestiegen, worauf Dedendo Insolvenz anmelden musste. Ich habe Dedendo gekauft und das Angebot verbessert.“

Für Markus Bönig, der in der Pharmaziebranche ein Quereinsteiger ist, ist Aponow das zweite große Projekt. Vor drei Jahren ging er mit Ordermed an den Start, ein Online-Shop, der sich an Pflegeeinrichtungen und chronisch Kranke richtet und über den verschreibungspflichtige Medikamente erhältlich sind. Ordermed ist daher mit Aponow verknüpft, damit Kunden über Aponow ihre Rezepte einlösen können. Durch den Aufbau und Betrieb der Ordermed-Plattform kam Bönig immer wieder mit Herstellern und Händlern ins Gespräch. „Die Hersteller hatten wenig Möglichkeiten, online für ihre Proudkte zu werben. Meist nur über ihre eigene Internetseite oder über Versandapotheken.“ Das neue Geschäftsmodell stellt eine Vermischung aus beidem dar. Der Hersteller wirbt für sein Produkt und verweist dabei auf Aponow.

„Am 25. Juni haben wir das Prinzip der Fachwelt vorgestellt. Am 10. Oktober geht es an den Start“, sagt Bönig. Erster Anzeigenkunde ist der Hersteller Pascoe, weitere sollen wöchentlich folgen. Allen gemeinsam ist: Es geht in der Regel um frei verkäufliche Gesundheitsprodukte, darunter so bekannte Namen wie Doppelherz oder Klosterfrau.

Und so kommen die Medikamente und Präparate zu den Kunden: Der Verbraucher sucht sich auf der Internetseite aponow.de sein Produkt aus und gibt dann den Namen seiner gewünschten Apotheke ein. „Die Bestellung ist bei jeder Apotheke in Deutschland möglich“, betont Markus Bönig. Vertragspartner beim Einkauf ist die Apotheke selbst, Aponow stellt nur die Verbindung her. Bei erfolgter Bestellung erhält die angesprochene Apotheke eine Mitteilung. Die Apotheke kann dann dem Kunden mitteilen, ob das Medikament vorrätig ist und ihn per E-Mail oder telefonisch fragen, ob die Bestellung abgeholt oder geliefert werden soll.

Für das Hamburger Stadtgebiet hat Bönig einen Partner gefunden: Das Unternehmen Atalanda – ein auf Geschenke und Delikatessen spezialisiertes Online-Versandgeschäft – liefert bei Bestelleingang bis 17 Uhr noch am selben Tag. Hierin sieht der Unternehmer den entscheidenden Vorteil gegenüber einer Online-Apotheke: „Dort sind zwei, drei Tage Lieferzeit die Regel.“ Die Preise, die Aponow nennt, entsprechen in der Regel der unverbindlichen Preisempfehlung der Hersteller. „Einen Einheitspreis für alle Apotheken zu machen, ist kartellrechtlich nicht möglich“, betont Bönig. Den Apotheken stehe es aber offen, Rabatte beziehungsweise Hauspreise zu gewähren. Er setzt darauf, dass die schnelle Lieferung für die Kunden wichtiger ist als der günstigere Preis.

Für den Kunden ist der Dienst kostenlos, die Apotheken zahlen eine Gebühr. Das Aponow-Betreiberunternehmen Pharmacy Connect bezieht seine Einnahmen aber in der Hauptsache über die Hersteller und Händler, die einen sogenannten Werbekostenzuschuss zahlen, entweder pro verkauftem Artikel, oder auch als Pauschale.

Obwohl andere mit diesem Vertriebsmodell scheiterten, ist Markus Bönig zuversichtlich. Als Diplom-Kaufmann weiß er: Die Zahlen sprechen für sich: „Von den rund 20.000 Apotheken in Deutschland haben nur 10.000 eine eigene Internetseite. Von diesen wiederum haben nur 700 einen Online-Shop, und nur 150 davon sind so aufgestellt, dass sie über Preissuchmaschinen gefunden werden.“ Und seiner sozialen Ader verdankt der 39-Jährige, dass im der Einstieg in die Branche gelungen ist. Jahrelang war er für Software-Systemhäuser tätig, bis er bei der Arbeit an seiner Dissertation auf ein soziales Problem im Pflegebereich stieß: „1,4 Millionen Pflege- und Todesfälle jährlich entstehen allein durch falsche Medikation, weil zum Beispiel Wechsel- und Nebenwirkungen nicht berücksichtigt werden“, sagt er. Sein Internethandel, insbesondere die Gründung des Dienstes Ordermed, entstand daraus, dass dei Partnerapotheke den Überblick behalten soll, welche Medikamente der Kunde verschrieben bekommt, und ob diese sich miteinander vertragen. Für das Geschäftsmodell erhielt er 2012 nicht nur den Zukunftspreis der Süderelbe AG, sondern er beschäftigt heute real 28 Mitarbeiter, davon 23 bei Ordermed und fünf bei Aponow.