Die Heimfelder Künstlerin entwirft aus Bierflaschen Kerzenständer und aus Euro-Paletten Holzschilder

In nur drei Minuten zerschneidet Elisabeth Hinze geschickt eine Bierflasche aus Glas sauber in zwei Teile. Die meisten Menschen wüssten überhaupt nicht, wie sie das anstellen sollten. Die 34-Jährige ritzt dazu das Glas nur an und führt in einem ausgeklügelten Spiel aus Hitze und Kälte die Abspaltung herbei. Ihre Kunstfertigkeit teilt die Heimfelderin mit der weltweiten Internetgemeinde, denn sie ist Bloggerin für das Thema „Do-it-yourself“ („Mach es selbst“) und gibt der weltweiten Internetgemeinde bebilderte Handlungsanleitungen zum Nachahmen.

Elisabeth Hinze pflegt den Upcycling-Gedanken, aus ausrangiertem Material neues Schönes zu erschaffen. Aus den Flaschenteilen formt sie einzigartige Kerzenständer. Selbst den Kerzendocht erstellt sie aus alten Schnürsenkeln.

Sie produziert Dekoartikel für Menschen, die jenseits der Ikea-Einrichtungskultur nach Einzigartigem und Verblüffendem suchen. Ihre handgemachten Waren verkauft sie am Sonnabend, 27. September, bei dem neuen Markt „Jäger & Sammler“ im Harburger „Stellwerk“.

Harburgs erster Designmarkt gibt der wachsenden „Do-it-yourself“-Gemeinde die Gelegenheit zur Leistungsschau. Das Publikum begegnet studierten Designern oder Hobbyproduzenten, die sonst in kleinen Ateliers oder meist im eigenen Wohnzimmer schöne Dinge erschaffen.

Sie verbindet der Arts & Craft-Gedanke, der auf die gleichnamige Reformbewegung im 19. Jahrhundert zurückgeht, die sich gegen den Verlust des künstlerischen Einflusses auf die Warenproduktion stemmte.

Mehr als 20 Aussteller werden sich an dem Markt „Jäger & Sammler“ beteiligen. Sie zeigen und verkaufen Kunstfotografien, Streetart, Mode, Kinderkleidung, Schmuck und Kuscheltiere. Allen Waren ist gemeinsam: Sie sind handgemacht. Streetart-Künstler Martin Hayrapetian versieht bekannte Fotografien mit lustigen Sprüchen und schafft so etwas Neues. Dem Werk des weltbekannten Streetart-Künstlers Banksy etwa, das eine Mutter mit ihrem Punk-Jungen zeigt, fügt er hinzu: „Don’t forget to eat your lunch and to make trouble!“ (Vergiss’ nicht, dein Mittag zu essen und Ärger zu machen!“).

Die in Heimfeld aufgewachsene Hamburger Do-it-yourself-Schmuckdesignerin Britta Broers und „Stellwerk“-Vorstandmitglied Nandor Olah organisieren den Markt. Das Motto: „Gaffen, grapschen, Geld ausgeben“. Neben dem frechen, jungen Slogan unterscheidet der Designmarkt von anderen, dass er unter Musikbetrieb steht und gleichzeitig eine Schallplattensammlerbörse ist. Nandor Olah wird Schallplatten auflegen, andere werden Vinyl verkaufen.

Nicht zufällig hat der Markt seine Premiere im Rahmen der Sued-Kultur-Nacht, die Nacht der Musikclubs und Bars mit Live-Musik im Hamburger Süden. Mit der Schallplattenbörse wolle der Markt für männliche Besucher attraktiv sein, sagt Britta Broers. Hintergrund: Die Do-it-yourself-Designerszene ist überwiegend weiblich.

Der Markt „Jäger und Sammler“ bleibt keine einmalige Sache. Bereits vor Weihnachten werde es einen zweiten geben, kündigt Britta Broers an. „Wir wollen, dass mehr im Hamburger Süden stattfindet“, sagt sie. Auch oder gerade weil die Zukunft des Clubs „Stellwerk“ unsicherer als je zuvor scheint und das Ende zum Jahresende droht. Den Markt will Britta Broers in auch im nächsten Jahr veranstalten. „Eine absolute Lücke, die damit in Harburg gefüllt wird“, sagt Elisabeth Hinze.

Britta Broers und Elisabeth Hinze gehören mit zwei weiteren Mitstreiterinnen dem „Entwerfen-statt-Wegwerfen-Kollektiv“ an, das Schönes aus Müll zaubert. Britta Broers transformiert die kühle Ästhetik funktionaler Ingenieursarbeit in den Alltag und entwirft unter dem Label „Platine“ Schmuck aus Elektroschrott.

Elisabeth Hinze ermuntert in ihrem Blog (www.nur-noch.blogspot.de) Menschen dazu, etwas Neues auszuprobieren und mit eigenen Händen alles zu erschaffen. Und weil sie Sprachwissenschaftlerin ist, kommuniziert sie Neuestes für ein weltweites Publikum zusätzlich auch in englischer Sprache. Ihre Wohnung in einem Mietshaus in Heimfeld ist der Beweis dafür, wie einfallsreich Einrichtung sein kann. Wäscheständer, Pflanzenstationen und Bücherregale – alles ist selbst produziert aus Dingen, die andere wegwerfen würden.

Dem Holz von ausrangierten Euro-Paletten verleiht Elisabeth Hinze Patina und produziert daraus Deko-Schilder. Mit einer selbst angerührten Lösung, Kaffeesatz, Stahlwolle und Essig gelingt der Produzentin ein wunderbarer Effekt: „Das Holz sieht hinterher aus, als ob es 20 Jahre im Regen gestanden hätte.“