Franz Ritter ist Büchsenmacher. Seine Kunden reisen für eine maßgefertige Jagdwaffe aus ganz Europa an

Garlstorf. Seine Ausgangsmaterialien sind Stahlrohlinge und ein Holzklotz. Was Franz Ritter in vielen Arbeitsstunden daraus fertigt, liegt perfekt in der Hand, schmiegt sich an die Schulter, funktioniert mit großer Präzision und ist ebenso wertvoll, wie gefährlich. Franz Ritter ist Schlosser, Dreher, Mechaniker, Graveur, Holzschnitzer und Tischler in einem und dazu noch ein bisschen Optiker und Orthopädietechniker: Er ist Büchsenmacher.

Die Büchsenmanufaktur Ritter befindet sich mitten im Kern von Garlstorf in der alten Dorfschmiede. Meister Ritter ist sein eigener Chef und gleichzeitig sein einziger Angestellter. Die Büchsenmanufaktur ist ein Ein-Mann-Betrieb. Sein Lächeln ist freundlich und fröhlich, sein Händedruck fest. Ritter ruht in sich selbst. Er ist zufrieden mit seinem Leben.

„Mir war ab dem neunten Schuljahr klar, dass ich Büchsenmacher werden wollte“, sagt der gebürtige Österreicher. Die neunte Klasse ist in Österreich das letzte Pflichtschuljahr für alle Schüler, die keine Hochschulreife anstreben. Das Jahr wird gezielt zur Berufsvorbereitung genutzt. „Ich wollte nicht das Gleiche machen, wie alle anderen und habe mich umgesehen“, sagt Franz Ritter. „So bin ich auf die Berufsfachschule für Büchsenmacher in Ferlach gestoßen. Die Vielfalt dessen, was man dort lernt, hat mich angesprochen.“

Franz Ritter absolvierte sein neuntes Schuljahr an der Fachschule und machte danach dort seine Berufsausbildung. „In Deutschland hat das Büchsenmacherhandwerk eine klassische duale Ausbildung mit Lehrbetrieb und Berufsschulblock, in Österreich bleibt man an der Fachschule“, sagt er.

Fertig ausgebildet und mit absolviertem Wehrdienst suchte Franz Ritter eine Anstellung und fand sie in Aachen. Als er von dort weiter wollte, empfahl im sein Meister, nicht nach Österreich zurück zu gehen, sondern seine Kenntnisse in Deutschland zu vertiefen. So kam Franz Ritter vor 20 Jahren nach Garlstorf, als Angestellter von Meister Hans-Werner Ahrendt, Inhaber des traditionsreichen Garlstorfer Jagdausrüsters W.O. Dittmann. 2005 machte er seine Meisterprüfung. Es war auch die Rede davon, dass Ritter Dittmann eines Tages weiter führt, aber dazu kam es nicht. Jetzt gibt es Dittmann und Ritter in Garlstorf, aber beide Geschäfte kommen sich nicht in die Quere. „Ich habe meinen Schwerpunkt in der Herstellung, Dittmann seinen im Handel“, sagt Franz Ritter.

Wenn er eine Waffe baut, beginnt er mit dem System. Das sind die mechanischen Komponenten, die dafür sorgen, dass der Druck des Schusses nur nach vorne in den Lauf entweichen kann. darauf wird das Gewehr aufgebaut: Abzug, Ladetechnik und Lauf kommen zusammen. Bis auf den Lauf fertigt Franz Ritter alle Teile von Hand. Auch die Läufe sind ein Handwerksprodukt, allerdings nicht von ihm. Eine spezialisierte Firma beliefert Büchsenmacher in ganz Deutschland mit Büchsen- und Flintenläufen. „Dafür braucht man eine Spezialmaschine, die sich für kleine Betriebe nicht lohnt“, sagt Ritter. Wenn er die Komponenten zusammengefügt hat, geht die rohe Waffe „in den Beschuss“, quasi zum Gewehr-TÜV. Erst, wenn das Beschussamt festgestellt hat, dass die Waffe keine Undichtigkeiten oder sonstigen Gefahrenquellen aufweist, wird sie registriert und zugelassen. Nun macht sich Franz Ritter daran, den Schaft zu fertigen.

„Das Schäften ist meine Lieblingsarbeit“, sagt der 41-jährige Handwerksmeister. „Erst der Holzschaft macht ein Gewehr elegant und verleiht ihm Persönlichkeit.“ Die Eleganz alleine ist dabei jedoch nicht entscheidend: Jedes Gewehr ist eine Maßanfertigung, die der Büchsenmacher dem Kunden quasi auf den Leib schnitzt. „Oft treffe ich mich mit einem Kunden zwei- oder dreimal, um überhaupt einen Eindruck von ihm und seinen Wünschen zu bekommen“, sagt Franz Ritter.

„Erst dann fange ich an, mit ihm zusammen die Waffe zu entwerfen.“ Dazu nimmt Ritter Maß: Die Hände des Kunden werden vermessen, die Armlänge, die Schultern, der Augenabstand. Am Ende ist die Waffe dem Kunden so angepasst, dass sie wie ein Körperteil ihres Besitzers wird. „Das ist auf der Jagd manchmal entscheidend und bringt den entscheidenden Sekundenbruchteil oder das entscheidende Quantum Präzision“, sagt Ritter. Er hat selbst einen Jagdschein, fühlt sich aber am Schraubstock wohler als auf dem Hochsitz. Um diese Präzision zu erreichen, wird die Waffe dem Kunden während der Produktion immer wieder neu angepasst, so wie man auch für einen Maßanzug mehrere Anproben braucht. „Erst, wenn die Waffe perfekt in der Hand liegt, fange ich an, das Walnussholz einzuölen“, sagt Ritter.

Je nach Technik und Ornament stecken in einem Gewehr zwischen 100 und 300 Arbeitsstunden. Das hat seinen Preis. Allerdings hat Ritter mittlerweile einen so guten Ruf, dass solvente Kunden aus ganz Europa kommen, um sich hier ihr Maßgewehr fertigen zu lassen. Darüber hinaus repariert er auch Gewehre und schäftet alte Gewehre neu ein. „Ich mache aber nur Langwaffen für die Jagd“, sagt Ritter. „Ich wüsste auch nicht, wofür irgendein Mensch privat eine Kurzwaffe benötigt.“

Wenn alles gut läuft, ist die Waffenmanufaktur Ritter nicht mehr lange ein Ein-Mann-Betrieb. Sohn Dominik hat seinem Vater schon seit dem 14. Lebensjahr in seiner freien Zeit geholfen und besucht derzeit die Fachschule in Ferlach. Wenn er wiederkommt, heißt die Firma vielleicht Ritter und Sohn. Aber erst einmal lernt Dominik schlossern, schnitzen, drehen, messen, gravieren und sägen – um, wie sein Vater, aus ein paar Metallrohlingen und einem Klotz Walnussholz ein hochwertiges Gerät zu machen.