An der Schule Maretstraße werden Flüchtlingskinder in internationalen Klassen schnell integriert

Harburg. Täglich erreichen bis zu 50 Flüchtlinge die Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in der Alten Post am Bahnhof Harburg. Etwa ein Drittel davon sind Kinder aller Altersklassen. Mehr als alle anderen benötigen sie in besonderem Maße Zuwendung und Betreuung. „Das ist nicht nur eine zentrale Aufgabe, sondern auch eine besondere Herausforderung für das gesamte System der Flüchtlingspolitik“, sagt Thorsten Altenburg-Hack von der Regionalen Schulaufsicht der Behörde für Schule und Berufsbildung.

Vom Zeitpunkt ihres Eintreffens in der ZEA an werden die Flüchtlingskinder in das deutsche Bildungssystem integriert. So sitzen Lesina und Manar, Amin und Ibrahim gemeinsam mit sechs anderen Kindern aus Syrien und dem Iran, Afghanistan und Tschetschenien in einem Raum der Erstaufnahme. Mit großen Augen und einer Mischung aus Neugier und Unsicherheit. Und dem spürbaren Bemühen zu verstehen, was ihnen Lehrer Thorsten Witczak zu sagen und beizubringen versucht.

„Von einem regulären Unterricht kann da natürlich keine Rede sein“, sagt Dana Schöne, Schulleiterin der Schule Maretstraße im Phoenix-Viertel. Mit ihren Kollegen organisiert sie die „pädagogische Erstversorgung“ in der ZEA. Da viele Flüchtlingskinder von Krieg und Vertreibung in ihren Heimatländern traumatisiert seien, gehe es anfangs vor allem darum, mit besonderem Einfühlungsvermögen Vertrauen aufzubauen. Um die Kinder dann behutsam und spielerisch an die ersten Begriffe in Deutsch heranzuführen.

Es ist ein schwieriger, anspruchsvoller Job. Nicht nur deshalb, weil das Gros der temporären Schützlinge zumeist nur ihre Muttersprache beherrscht, und lediglich in Ausnahmefällen auch mal einige Brocken Englisch oder Französisch spricht. Vor allem deshalb, weil die Fluktuation in der ZEA groß ist. „Da kann es schon mal vorkommen, dass mitten im Unterricht die Tür aufgeht und ein Kind herausgerufen wird, weil es zu Behördengängen oder zum Arzt muss, oder der Familie gerade eine neue Unterkunft zugewiesen wurde“, wie Thorsten Witczak zu berichten weiß.

„Spätestens mit der Weiterleitung in eine Wohnung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung beginnt dann die Schulpflicht“, sagt Thorsten Altenburg-Hack. Dabei werde darauf geachtet, dass den Flüchtlingskindern Schulen zugewiesen werden, die nicht weiter als zwei Kilometer entfernt sind. Denn einen Fahrdienst gibt es nicht, die Kinder und Jugendlichen sollen sich weitgehend allein zur Schule und zurück bewegen können. In Harburg ist dies vor allem die Schule Maretstraße, aber auch die Grundschulen Neuland, Kapellenweg und Kerschensteinerstraße.

„Klar, es wird am Anfang vor allem mit Händen und Füßen kommuniziert“, berichtet Ulrike Eichblatt, Deutsch- und Mathelehrerin an der Schule Maretstraße. Sie hat seit Jahren große Erfahrung beim Unterrichten von sogenannten multilingualen Klassen. In denen teilweise Migrantenkinder aus bis zu zehn Nationen gemeinsam lernen. „Die Bereitschaft, Neulinge zu integrieren, ist in der Regel groß. Die Kinder helfen einander, wo sie können“, sagt Ulrike Eichblatt.

Zum Beispiel, wenn spezielle Sprachkenntnisse dem schnelleren Verständnis dienen. So würden beispielsweise Kinder, deren Muttersprache Spanisch sei, mit großer Selbstverständlichkeit dolmetschen. Schwierig ist die Wissensvermittlung aus Sicht von Ulrike Eichblatt oft in Deutsch und Sachkunde. In Mathe, Musik und Kunst gäbe es hingegen deutlich weniger Probleme. „Dass an unserer Schule in den Klassenstufen eins bis drei jahrgangsübergreifend unterrichtet wird, ist bei der Integration von Flüchtlingskindern sicher hilfreich. Dass wir tatsächlich multikulti sind, ist hier klar von Vorteil“, so Eichblatt.

Um die Flüchtlingskinder möglichst schnell und gezielt zu unterrichten, hat die Hamburger Schulbehörde überdies ab Klassenstufe drei/vier spezielle Internationale Vorbereitungsklassen (IVK) eingerichtet. Zwei davon gehören zur Schule Maretstraße, werden mangels ausreichender Raumkapazitäten aber an der Schule am Schwarzenberg unterrichtet. Weitere Harburger IVK, die nicht mehr als 15 Schüler haben sollen, gibt es an der Schule Ehestorfer Weg und der Stadtteilschule Süderelbe.

„Schulen, die durch die Aufnahme von Flüchtlingskindern eine besondere Integrationsleistung erbringen, werden von der Schulbehörde mit zusätzlichem Personal und Räumlichkeiten ausgestattet“, erklärt Thorsten Altenburg-Hack von der Regionalen Schulaufsicht. So soll sichergestellt werden, dass Kindern und Jugendlichen aus den Krisenregionen dieser Welt eine maximal mögliche Unterstützung zuteil wird. Die in der Regel auch angenommen werde. „Weil vielen Eltern bewusst ist, dass Bildung der Schlüssel zu neuen Chancen ist“, so Altenburg-Hack.