Der Bau der Ortsumgehung liegt voll im Zeitplan. Bis Juni sollen auch die Restarbeiten erledigt sein. Der Bund zahlt für die B75 neu 17 Millionen Euro

Dibbersen. Ein Kreisel über einer Bundesstraße: Aufgeständert und mit zwei halbrunden Brücken. So führt jetzt die Kreisstraße 13 am Ortsrand von Dibbersen über die neue Trasse der Bundesstraße 75. Das ist schon ungewöhnlich, aber noch längst nicht alles. Ein paar hundert Meter weiter passiert die neue Bundesstraße selbst über eine Brücke den Dibberser Kirchweg. Dann geht es weiter zu den Auf- und Abfahrten auf die Autobahn 1 und schließlich über die Autobahn hinweg auf einem aufgeschütteten Damm bis zum Anschluss an die Kreisstraße 85 und weiter zur Gegenfahrbahn der A1. Die neue Ortsumgehung für Dibbersen hat die Form eines Spazierstocks und soll den Ort mit gut 1000 Einwohnern vom Durchgangsverkehr entlasten. Für die neue Trasse stellt der Bund 17,2 Millionen Euro bereit. „Autobahnähnlich“ nennt Gesa Schütte, die Fachbereichsleiterin Bau der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Lüneburg, die Streckenführung.

Immerhin: Der Buchholzer Ortsteil ist mit seiner Umfahrung der Kernstadt ein gutes Stück voraus. Während dort erst erneut Anlauf für den Ostring genommen wird, um weniger Autos durch die City zu leiten (Abendblatt berichtete), zählt für das Dorf die Zeit bis zur Fertigstellung in Monaten. Schon zum Jahreswechsel 2014/15 soll die neue Strecke für den Verkehr freigegeben werden. Bis Mai /Juni 2015 werde der letzte Bauarbeiter den Bereich verlassen haben, verspricht Schütte. Denn auch wenn der Verkehr wieder fließt, müssen nicht mehr benötigte Strecken zurückgebaut und die Ortsdurchfahrt, die künftig in der Regie der Stadt liegen wird, wieder hergerichtet werden.

Begonnen hatten die Arbeiten am 6.Juli 2012, als Enak Ferlemann (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, und der damalige niedersächsische Verkehrsminister Jörg Bode (FDP) zum ersten Spatenstich anreisten. „Als erstes entstanden die vier Brückenbauwerke, damit das Material für den Straßenbau herangefahren werden konnte und der Verkehr auf der B75 weniger behindert wurde“, sagt Christian Magill, der Sachgebietsleiter Brückenbau bei der Lüneburger Behörde. Inzwischen sind die einzelnen, insgesamt knapp drei Kilometer langen Straßenabschnitte so weit fertig, dass die Asphaltierung begonnen hat. „Wir liegen voll im Zeitplan und im Kostenrahmen“, versichert Magill. Hauptunternehmer ist die Firma Ewald Kalinowsky (Bad Bevensen), bei der Behörde liegt die Auftragsverwaltung.

Die wichtigste Neuregelung betrifft den zweiten Kreisel im Osten – nicht nur wegen des 35 Tonnen schweren Findlings, der nun an seinem Rand seinen Platz als Naturdenkmal gefunden hat. Über das Straßenrund wird künftig der Verkehr nach Dibbersen hinein und in die nachfolgenden Orte sowie auf die Autobahn verteilt. Wer nicht über die K85 aus dem Osten auf das Dort zufährt, wird es künftig umfahren müssen und dann erst ins Innere gelangen. Dort dürfte es deutlich ruhiger werden. Denn heute fahren täglich 23.000 Fahrzeuge durch den Ort, 90 Prozent davon sind Durchgangsverkehr. Das wird sich nach mehr als 30 Jahren Planung nun schlagartig ändern.

Doch zufrieden sind damit längst nicht alle. So monieren Geschäftsleute und die FDP im Stadtrat, dass durch die tief angesiedelte Schnellstraße die Geschäfte im Ort kaum mehr wahrgenommen werden. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Arno Reglitzky sieht Jobs in Gefahr. Eine Größenordnung von 120 Stellen scheint ihm realistisch. „Deshalb wollen wir einen Pylon installieren, der sichtbar auf die Firmen hinweist“, so Reglitzky. Eine Höhe von 19 bis 20 Metern hält er für ausreichend. Das Thema soll nun Bau- und Verwaltungsausschuss der Stadt Buchholz beschäftigen.

Doch schon im Ortsrat von Dibbersen trifft Reglitzkys Vorschlag auf wenig Gegenliebe. „Wir sind einstimmig gegen den Pylon“, sagt Ortsbürgermeisterin Gudrun Eschment-Reichert (SPD). Kein Wunder: Die FDP ist in diesem Gremium gar nicht vertreten. Auch an eine Mehrheit im Stadtrat glaubt die SPD-Politikerin nicht. Zudem haben sich bereits 120 Bürger per Unterschriftensammlung gegen eine Säule ausgesprochen. „Sie passt einfach nicht zur Dorfentwicklung“, sagt die Bürgermeisterin und verweist darauf, dass die Firmen ja von der geplanten Umgehung wussten. Ohnehin erwartet Eschment-Reichert kaum gravierende Auswirkungen auf Arbeitsplätze, da viele Firmen etabliert oder kaum auf Laufkundschaft angewiesen seien.

Diplomatischer drückt sich Stadt-Bürgermeister Wilfried Geiger aus. Zwar sei es nachvollziehbar, dass Dibbersens Betriebe nach der Freigabe der neuen B75 von potenziellen Kunden wahrgenommen werden wollten. Doch leider lasse der Bebauungsplan nur einen Pylon bis zu 8,50 Meter Höhe zu. Änderungen des Planes müssten politisch beschlossen werden. Dafür lägen aber bisher keine Anträge vor. „Die Verwaltung prüft deshalb, wie die Unternehmen an den Zufahrten der neuen Straße mit Werbung auf sich aufmerksam machen können“, versichert Geiger, der zum 1. November in den Ruhestand geht. Dabei wolle die Stadt „größtmögliche Flexibilität an den Tag legen.“