In der Komödie „Frohe Feste“ beweist die kleine bühne harburg, dass der dramatischste Ort bei Partys vor der Spüle ist

Harburg. Der britische Theaterautor Alan Ayckbourn beweist mit seinen Komödien, dass Lustiges auch gleichzeitig ernst sein kann. Die renommierte Zeitschrift The Economist sieht in dem 75-Jährigen sogar Großbritanniens populärsten Gegenwartsdramatiker. Gäbe es eine ewigen Landesbestenliste, wäre er die Nummer zwei nach Shakespeare. Der ausgezeichnete Gesellschaftsbeobachter seziert mit Vorliebe die menschlichen Schwächen der britischen oberen Mittelschicht im Umgang miteinander. So auch in der Komödie „Frohe Feste“, die das Harburger Theaterensemble „die kleine bühne“ jetzt inszeniert. Premiere ist am 26. September im Rieckhof.

Drei Paare, drei Partys in drei Jahren und drei Küchen – die Konstellation der Komödie klingt einfach, ihr Beziehungsgeflecht ist um so komplizierter. Eine schreckliche Gesellschaft kommt jeweils an Heiligabend zusammen. Männer, die aus geschäftlichen Kalkül die Gesellschaft der anderen suchen. Ihre Ehefrauen, die wegen der sich einschleichenden zwischenmenschlichen Totalaussetzer putzsüchtig oder lebensmüde werden.

Jeder, der schon einmal den perfekten Gastgeber spielen wollte, kennt es: Der Gast, dem man unbedingt gefallen will, verlangt ausgerechnet das einzige Getränk, das die Bar nicht hergibt. In „Frohe Feste“ ist es das bittere Tonic Water, das zum Gin fehlt. Die Schuldzuweisungen beginnen – nicht im Wohnzimmer vor allen anderen, sondern in der Küche.

Der Gesellschaftsbeobachter Ayckbourn weiß genau, dass die Küche der dramatischste Ort bei Partys ist und verlegt sein Stück aus den Wohnzimmern vor die Spüle. „Das Lästern findet in der Küche statt“, spricht Torsten Tiedemann ein universelles Party-Gesetz aus. Tiedemann, häufig Regisseur der „kleinen bühne“, spielt den Geschäftsmann Sidney.

Der joviale Geschäftemacher und seine Frau Jane (Sina Meyer) treffen sich jedes Jahr zu Weihnachten mit zwei anderen Paaren. Nicht aus Freundschaft, sondern weil sie sich von den anderen ein gesellschaftliches Fortkommen erhoffen. Wenn der Bankier, von dem man sich einen Kredit erhofft, nicht den erwünschten Gin Tonic erhält, verwandelt sich eine alltägliche Katastrophe in einen katastrophalen Zwischenfall.

Der Zuschauer sieht, wie sich in der Küche die Machtverhältnisse verschieben, sowohl in den beruflichen als auch in den persönlichen Beziehungen. Die Komödie entlarvt die bösen Abgründe des menschlichen Miteinanders. Die Fassade fällt nur subtil und beiläufig.

Die ständige Präsenz verlangt den sechs Schauspielern einiges ab, zumal sie nebenbei noch handwerklich agieren. Da wird beim Lästern abgewaschen oder der Ofen geschrubbt. Eine besondere Choreografie, die Regisseurin Ulrike Niß mit ihrem Ensemble einstudieren muss.

Drei verschiedene Küchen in einem Stück – die Komödie „Frohe Feste“ stellt sich auch bühnenbildnerisch anspruchsvoll dar. Seit mindestens zehn Jahren hat Ulrike Niß mit dem Gedanken gespielt, das 1972 uraufgeführte Stück mit der „kleinen bühne“ aufzuführen. Wegen des Bühnenbilds hat sie ihr Wunschstück Jahr um Jahr geschoben.

In diesem Jahr hat sich das Harburger Theaterensemble einen Tischler beauftragt, die notwendige Requisite zusammenzubauen: eine Küchenzeile mit unterschiedlichen Fassaden, die gedreht zwei Bühnenbilder hergibt. Bei gedimmten Licht wird die Requisite gedreht und ein neuer Spielort erschaffen. Bei der „kleinen bühne“ sind die Schauspieler auch Bühnenarbeiter. „Einen kleinen Unterschied zum Schauspielhaus muss es ja geben“, sagt Torsten Tiedemann selbstbewusst.

Brite muss man nicht sein, um Ayckbourns Humor zu verstehen. Die von ihm beschriebenen gesellschaftlichen Beziehungsmuster sind universell und könnten sich so auch in einer deutschen Küche im Jahr 2014 abspielen. Nur so viel zum Verständnis: Im Gegensatz zu Deutschland begehen die Briten Heiligabend mit Freunden oder Geschäftsleuten und feiern am 25. Dezember das eigentliche Weihnachtsfest mit der Familie.

„Frohe Feste“ von Alan Ayckbourn in einer Inszenierung der kleinen bühne harburg, Premiere am Freitag, 26. September, weitere Aufführungen am 27. September, 11., 12., 31. Oktober und 1. November, jeweils 20 Uhr, Rieckhof in Harburg, Rieckhoffstraße 12, Tickets im Vorverkauf (Rieckhofkneipe, Theaterkasse im Phoenixcenter): 8 Euro, Abendkasse: 10 Euro