Eine Glosse von Frank Knittermeier

Die humane Phrase hat sich in das kollektive Gehirn der Menschheit eingenistet. Zumindest in das der Deutschen. Warum stört sich niemand mehr daran, wenn ein Politiker vor laufenden TV-Kameras versichert, dass er sich zusammen mit seinen Freunden das Wahlergebnis ganz genau ansehen werde, um dann in aller Ruhe Schlüsse daraus zu ziehen? Natürlich auch im Kreise seiner Freunde. Und zwar am nächsten Vormittag.

Niemanden scheint es gemerkt zu haben, dass Politiker nach den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg am vergangenen Wochenende heiße Luft von sich gegeben haben und sich in jene immer wiederkehrenden Allgemeinplätze flüchteten. Aber das unerschütterlich und mit ganz festem Willen. Zwei Landtagswahlen am selben Abend und stets nichtssagende Beredsamkeit von allen Interviewten. Das muss doch irgendwie aufgefallen sein.

Es gibt aber offenbar doch gewisse Kreise, denen dieser platte Politikerjargon sozusagen als Vorbild dient, weil er eben vielseitig anwendbar ist. Einer meiner jüngeren Mitbewohner zum Beispiel überraschte mich gestern Morgen mit der Feststellung, er werde meine Aufforderung, die benutzten Teller mitsamt dem Messer und dem Marmeladenlöffel doch bitte in den Geschirrspüler zu räumen, genau durchdenken. Und zwar gleich morgen. Dann werde er die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen und entscheiden. Die Entscheidung werde er mir unverzüglich zukommen lassen.