Das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide lädt nicht nur in der Blütezeit Ausflügler zum Erkunden ein

Fischbek. Die Gegend trägt Lila. Das ist die Farbe der Saison. Calluna vulgaris, die Besenheide, blüht und färbt die Flächen ein. Fast möchte man glauben, die Besenheide bildet hier eine Monokultur, aber das dominante Violett täuscht: Die Fischbeker Heide beherbergt über 3000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten, von der Flechte bis zur Fichte, von der Wespe bis zum Wildschwein.

„Wir haben hier allein über 120 Spinnenarten gezählt“, weiß Frederik Schawaller vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) zu berichten. Der Nabu betreut das Naturschutzgebiet Fischbeker Heide und führt hier regelmäßig Führungen durch. „Gerade unsere Spinnenführung ist sehr beliebt“, sagt Schawaller. Im Moment allerdings ist es das Lila, was die Leute in die Heide zieht.

Ohne menschliches Zutun würden sich bald wieder die Bäume durchsetzen

Anders, als andere Naturschutzgebiete, kann man die Heide nicht sich selbst überlassen, sondern muss sie aktiv pflegen, denn sie ist keine natürliche, sondern eine Kultur-Landschaft. Ohne menschliches Zutun würden sich zwischen dem Heidekraut bald wieder die Bäume durchsetzen und Wald würde entstehen. Für Naturschützer ist es jedoch wichtig, die Heide zu erhalten, weil sie eben vielen Arten Lebensraum gewährt. Deshalb wird die Heide regelmäßig entkusselt. Das heißt, dass die Holztriebe entfernt werden. Weniger oft, aber auch regelmäßig, wird die Heide abgeplaggt, denn unter dem Heidekraut entsteht Humus. Früher nahm man die Plaggen deshalb zum Düngen. Heute nimmt man das Heidekraut nur noch ab, damit auf dem Humus nicht zu viel Gras wächst und der Besenheide die Nährstoffe streitig macht.

Aufgrund ihrer Kultivierung ist die Fischbeker Heide gut erschlossen. Naturschutz und Naherholung reichen sich hier die Hand. „Wer hier wandert muss nur wenige Regeln beachten“, sagt Schawaller. „man sollte auf den Wegen bleiben und Hunde an der Leine behalten. Dafür ergibt sich hier auf wenigen Kilometern Strecke eine große Vielfalt an Landschaftsformen und Biotopen.“

Links und rechts des Fischbektals mit seinen Heideflächen, Kleinmooren Trockenwiesen, sandigen Abschnitten und sanften Hügeln erheben sich bewaldete Hänge. Besonders einer davon, die „Fischbeker Glatze“ bietet einen weiten Panoramablick ins Tal und darüber hinaus. Bei gutem Wetter kann man Blankenese sehen. Auf der Fischbeker Glatze fallen die gespaltenen Bäume auf: Die Eichen hier haben alle mehrere Stämme, die aus einer Wurzel wachsen. Auch das ist Menschenwerk: „Die Heidebewohner haben die Jungbäume extra abgeschnitten, damit aus ihren Stümpfen mehrere Triebe wachsen“, sagt Frederik Schawaller. Das Holz haben sie dann geerntet, unter anderem als Besenstiele.“

An das untere Ende dieser Stiele kamen dann Zweige der Calluna vulgaris, daher ihr deutscher Name Besenheide. Besen werden heute hier nicht mehr gemacht, aber die vielstämmigen Bäume erinnern noch daran.

Die Fischbeker Glatze erreicht man über die Freiluftschule am Fischbeker Heideweg, der Verlängerung der Neugrabener Bahnhofsstraße. Gleich hinter dem Fußballplatz führt ein Weg auf die kahle Kuppe. Im Winter ist der steile Hang übrigens die bei den Fischbekern und Neugrabenern beliebteste Rodelbahn.

Gleich bei der Freiluftschule liegt das Informationshaus Schafstall. In einer Dauerausstellung informiert dort die Loki-Schmidt-Stiftung über die Landschafts- und Vegetationsgeschichte, sowie die Entstehung der Heide und über die notwendigen Pflegemaßnahmen. Außerdem werden dort Präparate ausgestellt, die exemplarisch die artenreiche Tierwelt der Heide zeigen. Da diese in Natura gern gut getarnt ist, lohnt sich ein Besuch im Informationshaus. Wer kein gewiefter Naturbeobachter ist, wird hier mehr Tiere sehen als draußen.

Dennoch lohnt sich der Gang in die Heide, denn es gibt auch Tiere, die den Blick nicht scheuen, wenn man sich ihnen vorsichtig nähert: Eidechsen und Schlangen lieben die unter dem Heidekraut gespeicherte Wärme ebenso, wie die Hitze auf den Sandflächen. Ein großer Insektenreichtum lockt zahlreiche Vögel an. Nachtigall und Heidelerche sind hier besonders häufig anzutreffen. Die absoluten Stars der Heide sind allerdings die Heidschnucken. Ihr Schafstall liegt direkt neben dem gleichnamigen Informationshaus. Jeden Morgen treibt die Schäferin ihre gut 400 Tiere umfassende Herde in die Heide. Dort knabbern die Schnucken alles kurz, was ihnen vor die Zähne kommt. So tragen auch sie zur Landschaftspflege bei.

Dem dominanten Lila werden die Schnucken nicht gefährlich: Groß ist die Heide und klein ist die Herde. Die Calluna blüht noch einige Wochen. Dann trägt die Gegend wieder Grün.