Die Garlstorfer feierten zum sechsten Mal ihr Kunstfest „Land in Sicht“. Städter und Dörfler stellten gemeinsam ihre Arbeiten aus

Garlstorf. Das klischeehafte Bild von Kunst im kleinen Kaff lässt an geschnitzte Figuren und gehäkelte Decken denken. Das Garlstorfer Kunstfest am Wochenende aber beweist: Es geht auch anders. Eindrucksvolle Kunst und kleines Dorf müssen kein Widerspruch sein. Zum sechsten Mal stellten 70 Kunstprofis und Laien ihre Arbeiten in der ländlichen Idylle des Ortes in der Heide aus. „Solche Werke habe ich noch nicht gesehen. Es ist eine besondere Kunst, die über meinen Horizont zum Teil hinaus geht“, sagt Gudrun Kassner aus Hannover. „Deshalb ist es so wichtig, dass es das Format gibt.“

Die Künstlerin Nele Budelmann aus Hamburg, die zum zweiten Mal ihre Arbeiten auf dem Garlstorfer Kunstfest zeigt, sieht ihre Teilnahme am Garlstorfer Kunstfest als einen „netten kleinen Ausflug“ an. Das Nebeneinander der Dörfler und Städter funktioniert. „Dass viele älteren Frauen hier als Künstler arbeiten, finde ich entzückend“, sagt sie. Einige ihrer Arbeiten waren 2013 im Kunsthaus Jesteburg zu sehen. Dort lief ihre Schau „Die Gewitter der Welt“.

Verteilt auf 18 Ausstellungsflächen im gesamten Dorf gab es Malerei und Bildhauerei, Fotografie, Theater sowie Video- und Filmkunst und Goldschmiedekunst zu sehen. Einen besonderen Reiz des Kunstfestes machen die Ausstellungsorte aus. Höfe, Gärten, Scheunen und Remisen dienen als Bühne der Kunst. „Die Location ist super“, sagte der Fotograf Gunnar S. Voigt aus Heiligenthal, der zum ersten Mal dabei war.

Auch ein ehemaliger Schweinestall diente als Ausstellungsort. Zwar ist es lange her, dass die Schweine hier lebten, doch es hing immer noch der Stallgeruch in der Luft, während die Besucher– passend zum Ort – einen Blick auf die Installation „Rosarot ist meine Farbe“, die sich mit der industrialisierten Züchtung, Haltung und Tötung auseinandersetzt, warfen.

Oliver von Below ist es zu verdanken, dass es das Kunstfest gibt. Angefangen hatte alles, als seine Nachbarin begeistert von der kulturellen Landpartie im Wendland berichtete und die Idee einbrachte, ein ähnliches Kulturfest in Garlstorf zu organisieren. Oliver von Below, der als Übersetzer arbeitet und an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg studiert hat, nutzte seine Kontakte zu Hamburg. „Wir haben das Kunstfest mit der Brechstange in den Ort gehievt. Es kam ganz gut an. Jedenfalls ist es so, dass wir es zum sechsten Mal machen“, sagte von Below.

Wer einmal mitgemacht hat, hält dem Kunstfest meistens die Treue. So ist der Undergroundfilmer Peter Sempel von Anfang an dabei und zeigt auf dem Kunstfest seine wilden Musikfilme. Überhaupt Musik. Die nimmt einen großen Teil im Programm ein. Auch da profitiert das Kunstfest von Oliver von Belows Kontakten zur Hamburger Musikszene. Die Bands traten auf der Bühne neben dem Forsthaus auf, das von Below seit acht Jahren mit seiner Familie bewohnt.

Für die Bands ist das Garlstorfer Kunstfest eine gute Gelegenheit, Bühnenerfahrung zu sammeln. Unter anderem traten Chomolungmas Kleid, Engel und Post sowie Barbara, Strings und Voices und Norbert Frank auf. Die Bandbreite reicht von Rock und Pop bis zu Death Rock und Indie. Mehr als 1000 Besucher kamen zum Kunstfest, das teilweise sehr unter schlechtem Wetter litt.