Landrat Joachim Bordt (FDP) geht in den Ruhestand. Acht Jahre lang Landkreis. Jetzt ist Zeit für ein Ehrenamt in der Kultur

Winsen . Die Geschichte vom Landrat Joachim Bordt beginnt auf einer Rückfahrt von Frankfurt. Der FDPPolitiker steigt mit dem damaligen Landrat Axel Gedaschko (CDU) auf der A 7 zu einer Pause aus dem Wagen. In der Raststätte tritt Gedaschko, der kurz darauf Wirtschaftssenator in Hamburg wird, an ihn heran und fragt ihn rundheraus: „Willst du mein Nachfolger werden?“. Bordt zögert nicht lange. Ja, er kann sich das vorstellen, zumal mit der Unterstützung des neuen, beliebten ersten hauptamtlichen Landrats des Landkreises. Diese Unterstützung wird dann noch breiter. Neben der FDP stehen auch CDU und SPD hinter dem damals 59-Jährigen. Er siegt an diesem Wahlabend mit 62,6 Prozent gegen Erhard Schäfer von den Grünen. Es ist der 10. September 2006.

Knapp acht Jahre später hat Bordt an diesem Nachmittag zu Butterkuchen und Kaffee in sein Büro geladen. Seine Amtszeit geht am 12. September zu Ende, Rainer Rempe (CDU) wird drei Tage später übernehmen. Bordt, weißes Hemd, hellblaue Krawatte, nimmt sich Zeit für ein Resümee.

Keine Frage: Der Wahlbeamte gehört zu den Männern, die mit dem ehemaligen Oberkreisdirektor (OKD) Hans-Joachim Röhrs einen neuen Kurs in der Verwaltung eingeschlagen haben. Den Bürgern zugewandt statt allein auf den Verwaltungszweck gerichtet und weniger bürokratisch. „Die Vorgaben aus Brüssel, Berlin und Hannover nehmen immer mehr zu. Aber wenn etwas zu umständlich wird, lassen wir Vorschriften auch mal beiseite“, sagt Bordt zu der von ihm verantworteten Praxis. Eine vom Bauamt später auf die gesamte Verwaltung ausgedehnte Umstrukturierung führt damals zu dem heute geltenden Vorstandsmodell, bei dem einzelne Ressorts Finanz- und Personalverantwortung erhalten und nicht mehr allein der Verwaltungschef entscheidet. Als OKD Hans Bodo Hesemann plötzlich stirbt, gehört Sozialdezernent Bordt zu den führenden Beamten, die mit dem neu gewählten Landrat Gedaschko die Lage meistern. Bordt wird 2003 sein Stellvertreter, Rempe, der die Umstrukturierung vorantreibt, dritter Mann.

Bordt hat Glück. Die EU fördert die Region, zu der auch Lüchow-Dannenberg und der Kreis Lüneburg gehören als Ziel-1-Gebiet, das Zuschüsse für Projekte von 75, manchmal auch bis zu 90 Prozent vorsieht. „Das war das Highlight meiner Amtszeit“, sagt Bordt. Er kann das Pferdesportzentrum Luhmühlen ausbauen, das Freilichtmuseum Kiekeberg und kleine und mittlere Firmen mit einem eigenen Programm stützen. Jobs entstehen. Besonders wichtig für einen Kreis, aus dem täglich fast 60.000 Arbeitnehmer auspendeln müssen. Die Schulen werden energetisch saniert, so dass sie effizient mit Energie versorgt werden können.

Ein Selbstmord, eine schwere Krankheit und der Tod eines Freundes

Aber Bordt hadert auch mit dem Geschehen. Es ist ein Einschnitt für ihn, als der Kreis einen Armenier abschiebt, der sich im Juli 2010 in der Haft in der Nähe von Hannover das Leben nimmt. Der Verwaltungschef gerät in die Schlagzeilen, wird scharf kritisiert. Damit hat er seinen Frieden gemacht. Aber die Tat beschäftigt ihn noch. „Ich frage mich, ob ein Rechtssystem in Ordnung ist, das Menschen in eine solche Verzweiflung stürzt“, sagt der 67-Jährige. Der Witwe des Mannes hat er bis zuletzt immer wieder ihre Aufenthaltsgenehmigung verlängert. Und seinem Nachfolger Rempe wird er mit auf den Weg geben, dasselbe zu tun.

Persönlich wird eine schwere Krankheit und der fast gleichzeitige Verlust seines Freundes Georg Krümpelmann, der als Pressesprecher für ihn arbeitet, zum gravierenden Einschnitt. Der sportlich wirkende Vater und Großvater lebt nach seinem Herzinfarkt heute mit fünf Bypässen und muss zur Erholung von Juli bis Dezember 2012 aussetzen. Das Rauchen gibt er auf. „Aber ich habe mich bis heute nicht ganz erholt“, räumt er ein. Und dennoch hätte er sich gern wieder wählen lassen, auch für weitere acht Jahre wie jetzt Rempe. Das würde er sich als erstes wünschen, wenn er denn drei Wünsche frei hätte. Wie das mit seiner Gesundheit zusammen passt, bleibt an diesem Nachmittag offen. Aber der Gesetzgeber hindert Bordt ohnehin an einer Kandidatur. Denn nur wer zum Wahlzeitpunkt nicht älter als 67 Jahre ist, darf sich heute aufstellen lassen. Bordt aber war fünf Tage vor dem Wahltermin am 25. Mai 67 Jahre alt geworden.

So muss der Landrat die Zukunft anderen überlassen. „Der Kreis ist gerüstet“, sagt er. „Die Verwaltung arbeitet im Team, die Politiker im Kreistag führen sachliche Diskussionen, können parteiübergreifend entscheiden. Ohne dies wären die Menschen im Landkreis schlechter dran.“ Aber Bordt weiß auch, dass es eine Lösung für die immer drückender werdenden Verkehrsprobleme geben muss, dass noch immer nicht klar ist, wohin die Schienen der Y-Trasse zu den Häfen Bremerhaven und Hamburg kommen werden. Ob und wie der Kreis davon betroffen sein könnte. Mit seinen gut verdienenden Angestellten, die ihre Steuern am Wohnort entrichten, ist der Landkreis Harburg zwar zu einem der finanzstärksten in der Metropolregion um Hamburg geworden. „Aber die Hansestadt neigt manchmal dazu, bei Verhandlungen die gleiche Augenhöhe mit uns zu verlassen“, sagt der in Lüneburg geborene Jurist, der in Hamburg studiert hat. Dagegen halten ist angesagt, nicht zurücklehnen, Selbstbewusstsein demonstrieren. „Wir brauchen aber auch nicht unbedingt unsere Landeshauptstadt Hannover, um mit Hamburg Absprachen zu treffen.“

Bordt will nach sich künftig im kulturellen Bereich engagieren

Es bleibt noch die Frage nach den anderen beiden der drei Wünsche. Der zweite von Joachim Bordt ist Gesundheit, der dritte eine „glückliche Arbeit für seinen Nachfolger“. Rainer Rempe ist sein Wunschnachfolger, wenn auch ein wenig unfreiwillig. Eine glückliche Hand werde Rempe brauchen, um den Menschen freie und schnelle Verbindungen aus und in den Kreis zu schaffen. „Vor diesem Problem können wir nicht weglaufen.“

Wohin sein eigener Weg geht? „Na, mehr Zeit werde ich auch künftig nicht haben. Nach dem Amt kommt das Ehrenamt“, sagt der scheidende Landrat und lacht. Festlegen will er sich zwar noch nicht. Aber er hätte schon Lust, etwas im kulturellen Sektor zu übernehmen. Finanziell stark engagiert hat sich der Kreis beim Freilichtmuseum Kiekeberg. Man wird Bordt wiedersehen. Zwar geht die Geschichte vom Landrat jetzt zu Ende. Die vom öffentlich agierenden Joachim Bordt dagegen wohl noch lange nicht.