Im Duckdalben kümmern sich die Mitarbeiter seit mehr als 28 Jahren um Seeleute, deren Schiffe in den Hafen einlaufen

Waltershof. Ein Raum voll mit Bildschirmen zum Skypen, abgeschlossene Telefonplätze und sogar drei Telefonzellen vor dem Eingang: Die Einrichtung des Seemannsclub Duckdalben zeigt, wie entscheidend Kommunikation für Seeleute ist, die weltweit unterwegs sind. Für die Gespräche nach Hause wird zwischen Ladentresen, Sitzgruppen und Regalen jede Ecke genutzt. „Es kommt darauf an, den Menschen hier in Ruhe den Kontakt zu ermöglichen“, sagt Geschäftsführerin, Seemannsdiakonin und Diplom-Religionspädagogin Anke Wibel, die seit 19 Jahren für den größten Seemannsclub Deutschlands arbeitet. Und wenn der Club nach 22.30 Uhr geschlossen hat, bleiben eben die Zellen draußen. Schließlich muss die weltweite Zeitverschiebung eingerechnet werden, die das Telefonieren rund um die Uhr notwendig macht. Immerhin kommt mehr als die Hälfte der Club-Besucher von den Philippinen.

Der Duckdalben geht nach dem traditionellen Karaoke-Wettbewerb und dem jährlichen Sommerfest am Wochenende nun in sein 29. Jahr. Obwohl die Mannschaften auf den Frachtern tendenziell immer kleiner werden, hat sich an der Zahl der Besucher zuletzt wenig geändert. Jährlich kommen mehr als 35.000, seit der Gründung dürften es inzwischen mehr als 700.000 sein. Nur an einem Tag im Jahr, für einen Betriebsausflug der Mitarbeiter, ist geschlossen. 19 hauptamtliche Mitarbeiter bezahlt der Trägerverein, die Deutsche Seemannsmission Hamburg-Harburg. Zum Team gehören aber auch mehr als 60 Ehrenamtliche, die einen festen Platz im Dienstplan haben. „Jeder macht das, was er am besten kann. Wir arbeiten hier ohne Rangordnung“, sagt Arne Wesseloh, der stellvertretende Vereinsvorsitzende.

Jedes Jahr muss der Verein einen Etat von 1,2 Millionen Euro schultern, um den Platz für die Seeleute, die Einkaufsmöglichkeiten, den Fahrdienst, Informationen in der eigenen Sprache oder auch seelische Betreuung leisten zu können. „Wir sind froh, dass durchschnittlich zehn Reedereien vor Ort jeweils 10.000 Euro pro Jahr spenden und sich dazu für jeweils fünf Jahre verpflichtet haben“, sagt Wesseloh. Geld kommt auch vom der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA), der Nordkirche oder dem Bundes-Familienministerium. Etwa ein Drittel des Etats wollen Club und Trägerverein jährlich aus Spenden finanzieren. „Wichtig ist für uns, dass sich Sponsoren auf einen längeren Zeitraum und einen festen Betrag festlegen“, so der stellvertretende Vereinsvorsitzende. „Aber wir freuen uns auch, wenn Menschen gemeinsam stricken und die fertigen Strümpfe zu uns bringen“, sagt Wibel. „Die stecke ich dann in die Weihnachtstüten der Seeleute.“

Hilfe erhält der Club nun zum vierten Mal auch von jungen Menschen, die ein Jahr beim Bundesfreiwilligen-Dienst ableisten. Am Wochenende, zum 28. Geburtstagsfest, haben drei junge Frauen und zwei Männer neu begonnen. Sie verkaufen im Shop, nehmen Anrufe entgegen, kümmern sich um Internet-Flatrates und SIM-Karten. Wohnungen für sie stellte der Verein in Harburg, dazu einen Bus, mit dem sie nach Hause und zum Dienst fahren können. Eine von ihnen ist Annika Bühner, die gerade in der Nähe von Stuttgart ihr Abitur bestanden hat.

Klar war für die junge Schwäbin zum einen, dass sie vor ihrem Studium noch einen Freiwilligendienst absolvieren und zum anderen, dass sie dafür nicht zu Hause bleiben wollte. „Hamburg gefiel mir als Stadt. Deshalb habe ich mich dort bei Kindertagesstätten und in der Diakonie beworben“, erzählt sie. Der Vater einer Freundin, der selbst einmal den Hafen und den Seemannsclub besucht hatte, machte sie dann auf die Einrichtung aufmerksam. Für sie war nach dem Vorstellungsgespräch klar: „Wenn die mich wollen, dann will ich dort arbeiten. Eine solche Aufgabe gibt es in Stuttgart nicht.“ Die Bewerbung ging klar.

Nach der zweiwöchigen Einarbeitung weiß sie nun: „Die Seeleute fotografieren uns gern als Souvenir oder zeigen die Bilder am Laptop ihren Familien. Sie lassen uns an ihrem Leben und ihren Gesprächen teilhaben, sind offen und herzlich.“ Auch Bühners Eltern, die den Entschluss ihrer Tochter erst skeptisch sahen, waren inzwischen im Hafen. „Sie haben sich umgeschaut“, sagt Bühner, „und waren begeistert.“