Die Stoppelfeldrennsaison läuft – wo „Rita“ Furchen auf dem Acker zieht und Fahrer sich zum Fachgespräch treffen

Wümme. Motoren heulen auf, der Dreck spritzt meterhoch. Ein gelber, äußerst betagter Audi 100 prescht hervor und hängt die Konkurrenz – ein nicht minder betagter VW Golf II, ein Audi 80 und ein nicht identifizierbarer Japaner – ab. Auf die Straße dürfte keines der Gefährte mehr, doch auf dem Acker zwischen Wistedt und Wümme können sie nochmal Gas geben.

Die Stoppelfeldrennsaison hat begonnen. Bevor die abgeernteten Äcker umgepflügt werden, pflügen 60 Rennwagen drüber. „Schwerer Boden, das ist echt ´ne schwierige Bahn“, befindet Dirk Vollmer. „Da wird viel geschraubt“, sagt der Fahrer vom Team Königsmoor. Immer wieder bleiben Fahrzeuge auf der Piste liegen. Auch mitten in der Lichtschranke vom Ziel. „Der muss da weg!“, ruft ein Helfer nervös. „Geht schon, ich stopp’ von Hand“, sagt Alexander Rohrer. Er leitet das 2. Saisonrennen, das der Wümmer Fußballclub (WFC) Melkschuppen ausrichtet. Sechs Termine stehen im Rennkalender: Heidenau, Wümme, Dibbersen, Königsmoor, Tostedt und Wistedt. In sechs Klassen, sie unterscheiden sich nach Hubraum und zulässigen Umbauten, wird die Meisterschaft ermittelt.

Dirk Vollmer muss jetzt schnell den Golf III für Teamkollegin Nina Rehfeld für die nächste Runde fertig machen, ein Getriebeteil austauschen. „Repariert wird sofort. Zur Not fährt man kurz nach Hause und holt Teile“, sagt Vollmer, sichtlich ein Mann des Understatements. „Alles erschwinglich. Pro Rennen 60 bis 100 Euro für Gebühren, Benzin und ein paar Teile“, sagt er. Und: „Ein bisschen Spaß soll’s ja machen.“

Nebenan hat „Team Typ 1“ sein Fahrerlager. Gemeint ist damit der gute alte VW Käfer, von dem hier recht viele Exemplare zu sehen sind. „Das werden immer mehr. Ein Käfer funktioniert einfach gut. Heckantrieb, Gewicht auf der Hinterachse“, sagt Sören Ronge, dessen Exemplar in jägermeisterorange, Baujahr 1974, auf den Namen „Rita“ hört. Beschildert ist es allerdings mit „Brakelmann“. Der 1,8-Liter-V8-Motor ist natürlich nicht original. „Den hab ich aus mehreren Komponenten zusammengebaut. Zum Beispiel aus dem Golf III, mit 75 PS.“ Den ersten Renntag hat Ronge bereits für sich entschieden. Der weiche Boden in Wümme schreckt ihn nicht. „Rein in die Spur, und fahren, fahren, fahren“, ist seine Technik. Pro Durchlauf drei Runden à 500 Meter, mit vier Fahrzeugen pro Start. Der erste Lauf wird gelost, im nächsten werden die Startergruppen nach ihren Zeiten zusammengestellt. Ins Finale kommen acht Wagen. Sich gegenseitig aus der Bahn schubsen ist übrigens verboten.

Auch wenn es reine Spaßrennen ohne kommerziellen Hintergrund sind – eine professionelle Organisation ist unbedingt erforderlich, sie ist im Laufe der Jahre immer umfangreicher geworden. Das Reglement umfasst mittlerweile zehn Din-A4-Seiten. Arne Steinert, der am Ende der Saison das Wistedter Rennen ausrichtet, freut sich schon: „Wir feiern dann 30 Jahre Stoppelfeldrennen.“ Er ist auf Sicherheit bedacht: Wer als Gast durchs Fahrerlager oder zur Rennleitung will, muss eine Warnweste tragen. Die Veranstalter haben eine Motorsportversicherung abgeschlossen. Vor dem Rennen und nach jeder Reparatur werden alle Fahrzeuge vorgeführt. Sie haben Überrollbügel, die Sitze Hosenträgergurte, und es gibt kein Glas – weder an Fenstern noch Scheinwerfern. Stattdessen schützt ein Gitter den Fahrer vor Steinschlag.

Zum Schutz der Umwelt dürfen die Rennwagen nur auf Folie stehen, kein Frostschutzmittel im Kühler haben, die Batterie muss gegen Auslaufen gesichert sein. „Das mit der Folie haben wir schon praktiziert, bevor die Samtgemeinde es vorgeschrieben hat“, sagt Arne Steinert. Die Renngemeinschaft hat außerdem einen Bahnhobel und die Zeitmessung per Lichtschranke konstruiert sowie Auswertungsprogramme geschrieben. Etwa 40 Helfer sind pro Rennen im Einsatz. Am Ende feiern alle gemeinsam wie eine große Familie. Bis dahin machen es sich die Angehörigen in der Box mit Kuchen und Kartoffelsalat gemütlich. Arne Steinert schnorrt einen echt guten Kaffee bei den Dibbersern. Sören Ronge und Käfer „Rita“ machen sich klar für den nächsten Lauf. Wieder rein in die Spur. Fahren.

Nächstes Rennen: Sonnabend, 23. August, Dibbersen, ab 9 Uhr, Ergebnisse: www.stoppelfeld-idn.de