Der Auftritt der Oakleaf-Stelzenläufer ist bunt, fantasievoll und schrill. Am 30. August präsentieren sie sich in Harburg

Sottorf. Sie sind überall da, wo ganz viele Menschen sind, wo gefeiert, gelacht und gestaunt wird. Wunderschön sind sie in ihren Kostümen – und vor allem sind sie ganz schön groß! Wenn die Mitglieder der Oakleaf Stelzenkunst auf den Plan kommen, machen die Zuschauer große Augen. Fast fehlen einem die Worte, denn so wie sich die Stelzenläufer in luftiger Höhe präsentieren, bleibt einem glatt die Spucke weg.

Bettina Eichblatt-Koenekoop ist der kreative Motor der Oakleaf Stelzenkunst. Jedes Jahr im Winter entwirft sie neue Kleider und Kostüme passend zu einem bestimmten Motto. Auf Flohmärkten, in Ein-Euro-Shops und in Bastelläden findet sie passenden Schmuck und Material, aus dem sie die manchmal ganz schön großen Accessoires zu den Kostümen baut. Für ihre „Jahrmarkt“-Serie schuf sie ein glitzerndes Kostüm in Form eines riesigen Cup-Cakes, um den sich ein Karussell dreht. Einem anderen Outfit setzte sie ein Riesenrad auf, und für die Losbude baute sie Regalstangen in den Kostümrock ein, an dem Kuscheltiere als Losgewinn hängen. Für die rund 20 Mitglieder, die im Sommer an jedem Wochenende mit Oakleaf auf Stelzen unterwegs sind, keine kleine Aufgabe: allein das Riesenrad wiegt sieben Kilo, dazu kommen sieben Kilo, die die Stelzen wiegen und die an Beinen der Läufer ziehen. In luftiger Höhe zu laufen und das über Stunden, das hält kein Läufer aus. Für die großen schweren Kostüme werden deshalb extra Rückengestelle angefertigt, damit die Akteure sich auch entspannt mit ihre Zuschauern plaudern, scherzen und lachen können, ohne dass die Bandscheibe piekst.

Fantastisch sind auch die Träume aus Stoff für die Serie „Hofstaat“ mit Lakaien, die bauschige Rüschenblusen tragen, Dienern in Bundhosen und natürlich einer Königin, die direkt aus einem barocken Märchenbuch entstiegen sein könnte. Bettina Eichblatt-Koenekoops Drachen spucken Feuer und tanzen, Feuerspieler und Drachenwächter erwecken die Szenerie um einen rot glühenden Feuerberg zu grusligem Leben. Und wie die Quallen und Medusen in der der Tiefsee glimmen, so leuchten am Abend, wenn es dunkel geworden ist, ihre Lichtgestalten.

Für die Läufer geht es immer hoch hinaus. Allerdings auf verschiedenen Etagen. Auf den kürzesten Stelzen wandelt man 80 Zentimeter über dem Boden, bei den großen Figuren schnuppern die Läufer die Luft in 1,20 Meter Höhe. Straßenfestivals, verkaufsoffene Sonntage, Gartenschauen in ganz Norddeutschland freuen sich über die Walk-Acts der Stelzenläufer. Aber auch Hafengeburtstag, Alstervergnügen ein Kunstfestival in Ungarn oder ein großes Parkfest zum Königsgeburtstag in Holland haben diese fantastischen Wesen in diesem Jahr schon mit fröhlichen Farbtupfern verziert. Überraschen lassen und staunen kann man aber auch demnächst noch einmal in Harburg: Am 30. August wandeln die Oakleafs beim Weißen Dinner an der Außenmühle entlang. Wie und mit welchen Kostümen die Stelzenläufer ihr Pulikum überraschen wird, das ist noch ein gut gehütetes Geheimnis. Stelzenkunst hat eigentlich das ganze Jahr über Saison, „so lange kein Eis und Schnee liegt, können wir laufen“, sagt Eichblatt Koenekoop. Und so konnten sich im vergangenen Jahr die Besucher des Weihnachtsmarkts in Fleestedt über hübsche Eisfeen freuen. In diesem Jahr werden sie übrigens ebenfalls wieder für strahlende Augen bei Groß und Klein in Fleestedt sorgen. Die Kälte macht den Läufern nichts aus, „da scheidere ich zur Not noch ein Jäckchen dazu. Im Sommer bei 30 Grad mit Samtkleid und Riesenrad auf dem Rücken – das ist zwar toll, aber auch tierisch anstrengend.“

Damit alles funktioniert, sich dreht und leuchtet, kümmert sich Bettina Eichblatt-Koenekoops Mann Piet um die technischen Details. Er baut kleine Elektromotoren in die Kleider ein, damit sich das Riesenrad dreht, er verlegt LED-Leuchten, damit die Lichtgestalten durch die Nacht tanzen können und installiert Gebläse, damit sich die Kostüme für die geheimnisvollen Unterwasserwesen richtig aufblähen. „Es ist schon eine Kunst, Sachen zu bauen, die spektakulär sind und die man über Stunden tragen kann“, lobt Eichblatt-Koenekoop den Gatten. Meist funktioniert bei den Auftritten alles wie am Schnürchen, aber manchmal ist auch der Wurm drin: „Eines Abends kam alles zusammen. Die Akkus waren alle, die Musik ging auch nicht. Am Ende haben die Zuschauer für uns gesungen, damit wir unsere Performance zu Ende bringen konnten – das war einfach großartig“, erzählt die 52-Jährige.

Ihre Kostüme sind Gesamtkunstwerke. Um die 30 Meter Stoff verarbeitet sie in einem Kleidern. Sie gestaltet auch die Perücken, die sich zu abenteuerlichen Höhen emporschrauben und denkt sich auch das passende Make-up zum Outfit aus. Ihren Job als gelernte Sozialpädagogin hat sich vor fünf Jahren endgültig an den Nagel gehängt, seitdem lebt sie für ihre Stelzenkunst. Kreativ war sie aber schon immer, beschäftigte sich mit modernem und afrikanischem Tanz und begann zu malen.

Für die Entwicklung ihrer Kreationen für die Stelzenläufer kommen ihr ihre Ideen, aber auch ihr Sinn fürs Praktische zugute, „ich bin eine ganz gute Autodidaktin“, sagt sie über sich selbst. So langsam macht sich ihre Truppe einen Namen. Im kommenden Jahr wollen die Oakleafs mit ihren Kollegen vom Stelzen-Act aus Bremen eine eigene Produktion erarbeiten, ein Projekt, auf das sich Eichblatt-Koenekoop schon sehr freut. Ihre 20 Läufer, die jüngste ist 13, der älteste ist 60, haben nicht nur Spaß an der Verkleidung, sondern freuen sich immer auf den Kontakt zum Publikum. Erwachsene, die Lust haben, mitzumachen, sind immer willkommen: „Mitbringen muss man schauspielerisches Talent und die Lust, sich vor anderen zu zeigen. Außerdem braucht man ein bisschen Kondition und – ganz wichtig – man muss bereit sein, viele Wochenenden für die Auftritte zu opfern.“ Auch eine Halle, um zu proben sucht Bettina Eichblatt-Koenekoop zur Zeit. Wer ihr helfen kann oder bei der Oakleaf Stelzenkunst mitmachen möchte, findet auf der Homepage alles Nötige: www.oakleaf-creativity.de