Der Ansturm von Asylsuchenden ist ungebrochen. Aber die Behörden lassen sich Zeit, für die Menschen Zelte aufzustellen

Harburg. Nach wie vor stehen in jeder Nacht die Menschen in Warteschlangen vor der neuen Zentralen Erstaufnahme (ZEA) an der Harburger Poststraße und bitten um Asyl. Noch immer ist die ZEA im ehemaligen Postgebäude bis zum letzten Platz belegt. Die Belegungszahlen ändern sich täglich. Und noch immer stehen keine Zelte auf dem ehemaligen Parkplatz neben der ZEA, Zelte, in denen die Flüchtlinge ein erstes Dach über dem Kopf bekommen sollten, weil der Andrang der Hilfesuchenden aus den Krisengebieten so groß ist. Und dass die Flüchtlingsströme nicht abreißen, sondern im Gegenteil immer größer werden, ist allseits unbestritten. Eilig scheint es inzwischen niemand mehr mit dem Aufstellen der Zelte zu haben. Das verwundert doch sehr.

Noch im Juni war von der Behörde für Inneres und Sport (BIS) zu hören, der Bedarf an Zelten, drei Stück für insgesamt 90 Menschen sollten es werden, als dramatisch bezeichnet worden (das Abendblatt berichtete). Die BIS ist zuständig für die Erstunterbringung von Flüchtlingen in Hamburg. Behördensprecher Frank Reschreiter hatte die Überbelegung der drei zentralen Erstaufnahmen, darunter auch Harburg, damit begründet, dass die Behörde für Arbeit, Soziales Familie und Integration (BASFI) mit der Schaffung von Folgeunterbringungsplätzen nicht nachkomme. Die BIS schrieb den Bezirk Harburg an und wollte die Zelte kurzfristig auf dem Neuländer Platz aufstellen. Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) lehnte ab, weil der Neuländer Platz ein stark frequentierter, öffentlicher Platz sei und schlug die Dreiecksfläche neben der alten Post vor. Man werde die Fläche prüfen, ließ Reschreiter daraufhin wissen.

Seitdem ist Funkstille. Inzwischen, beim Runden Tisch zur ZEA am 5. August, hatte eine Vertreterin von fördern&wohnen gar verlauten lassen, die Zelte würden aktuell nicht mehr benötigt. Fördern &wohnen betreibt im Auftrag der Stadt die Unterkünfte für Flüchtlinge und lädt zu den Runden Tischen ein. „Ich habe extra noch mal nachgefragt, weil mich diese Aussage doch sehr verwunderte. Aber dann bestätigte Anka Pötting von fördern&wohnen, dass der Plan, Zelte neben der ZEA aufzustellen, vom Tisch sei“, sagt Jörn Lohmann von der Fraktion Die Linke in der Bezirksversammlung Harburg. Auch SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath bestätigt, dass dieser Satz gefallen sei von der Vertreterin von fördern&wohnen. Wie berichtet, war der Träger arg in die Kritik geraten, weil zu dem Runden Tisch weder alle Fraktionen eingeladen waren noch die Vertreter der Bürgerinitiativen Wetternstraße und Bostelbeck. Die Harburger Grünen-Fraktionschefin Britta Herrmann auch sie war nicht zum Runden Tisch geladen, warf den Verantwortlichen Dilettantismus vor. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts gibt es derzeit Überlegungen innerhalb des Senats, weitere Träger mit der Unterbringung von Asylsuchenden zu beauftragen und nicht mehr nur mit fördern&wohnen zusammenzuarbeiten. Das legt die Vermutung nahe, dass es seitens des Senats Zweifel an der Professionalität des Trägers gibt.

Christiane Schröder, Sprecherin von fördern&wohnen, will sich zu der Aussage ihrer Kollegin zum Bedarf der Zelte nicht äußern. Sie verweist auf die übergeordnete BIS. „Ich kann nicht bestätigen, dass wir keinen aktuellen Bedarf für das Vorhalten von Zelten mehr sehen würden. Es zeigt sich allerdings, dass sich die Prüfungen etwas hinziehen“, sagt BIS-Sprecherin Swantje Glismann. Aus der BIS heißt es weiter, der „erhebliche Ansturm und die Zahl der Flüchtlinge ist nach wie vor ungebrochen“.

Die Sprecherin des Bezirksamtes Harburg, Beatrice Göhring, teilt dazu mit, im Harburger Rathaus warte man darauf, dass die BIS sich genau dazu äußere, wie groß die tatsächlich benötigte Fläche denn sein müsse. „Dann müssen alle naturschutzrechtlichen Dinge geklärt werden“, so Göhring. Und das kann dauern.

Die Fläche zwischen Harburger Umgehungsstraße und Großmoordamm wurde viele Jahre als illegaler Parkplatz genutzt. Seit Jahren aber wird dort nicht mehr geparkt, die Schotterfläche ist zugewachsen. Nun ist die Frage, was ist dort gewachsen, müssen Bäume gefällt und Ersatzpflanzungen vorgenommen werden. „Um das zu klären, werden wir extern ein Gutachten in Auftrag geben“, so Göhring. Und das kann dauern.