Der Wildpark Schwarze Berge bietet Tierpfleger-Kurse für alle Altersklassen. Manch kleiner Tierfreund ist schon zum dritten Mal dabei

Vahrendorf. „Allegro“ schließt die Augen. Er genießt die Liebkosungen offensichtlich. „Die Ohren fasse ich besonders gern an, die sind so unglaublich weich“, sagt Annika und lässt die langen Lauscher des Esels vorsichtig durch ihre Finger gleiten. „Jetzt muss ich aber weiter machen“, ermahnt sich die Elfjährige selbst und greift entschlossen zur Mistgabel. Als Hobbyreiterin weiß sie, dass „Allegro“ einen sauberen Stall, Futter und frisches Wasser genauso sehr braucht wie Pflege und Aufmerksamkeit. Umgang mit Tieren erfordert Verantwortungsgefühl und bringt viel Arbeit mit sich. Manchmal auch nicht so angenehme Aufgaben.

Genau das erfahren heute Annika und 29 weitere Kinder im Wildpark Schwarze Berge. „Ein Tag als Tierpfleger“ ist Teil des umfangreichen Ferienprogramms. Die Neun- bis Zwölfjährigen sind unter fachmännischer Anleitung mit Feuereifer bei der Sache. Während eine Gruppe sich um die Ziegen kümmert, versorgt die andere die Esel.

Niemand kommt auf die Idee, angesichts des Mistbergs die Nase zu rümpfen. Und auch diejenigen, die anders als Annika bisher keinen Umgang mit Vierbeinern hatten, verlieren sehr bald ihre Scheu. Keiner wird heute nach Hause gehen, ohne ein Tier gestreichelt zu haben. „Das macht die Gruppendynamik. Das gute Vorbild der anderen wirkt positiv auf jeden im Team. Und das, obwohl die Kinder einander noch gar nicht kennen“, sagt Natur- und Umweltpädagogin Svenja Oßenbrügge.

Die Buchholzerin braucht ihre Stimme nicht zu erheben. Wenn sie etwas erklärt, hören alle konzentriert zu. „Jetzt müssen wir noch die Tränke säubern. Wasser brauchen wir nicht zu holen. Das läuft von allein nach. Weiß jemand, wie das funktioniert?“ Leons Finger schnellt in die Höhe.

Obwohl der Zehnjährige einer der Kleinsten ist, kennt er den Mechanismus genau und erklärt ihn den anderen. Er ist nämlich schon das dritte Mal dabei. „Heute kriege ich meine Auszeichnung als Wildpark-Junior-Ranger“, sagt der Eimsbüttler stolz. Er kommt oft mit seiner Familie zum Vahrendorfer Wildpark, um Tieren nahe sein zu können. In der Stadtwohnung darf man zu seinem Bedauern keine halten.

Emily und ihr Bruder, der ebenfalls Leon heißt, haben einen Kater im heimischen Bönnigstedt. Der kriegt Dosenfutter. Trotzdem wissen die Geschwister, dass Katzen früher vor allem zum Mäusefangen gehalten wurden. Jetzt lernen sie einen anderen Kleintierjäger kennen: Das Frettchen, einst beliebtes und verbreitetes Haustier aus der Familie der Marder.

„Die können durchaus beißen“, sagt Svenja Oßenbrügge und zeigt die nadelspitzen Zähne von „Fredda“. „Wenn Ihr ein Frettchen auf den Arm nehmt, niemals zu nah ans Gesicht halten! Und wer Sandalen anhat, sollte auf seine Zehen aufpassen!“, mahnt die 33-Jährige, während sie „Fredda“ und zwei weiteren friedlichen Artgenossen Leder-Geschirre im Miniaturformat anlegt.

„Frettchen an der Leine führen, das ist einfach toll!“, sagt Lisa aus Hamburg-Niendorf strahlend. Für die Hängebauchschweine, die grunzend vorbeitrotten und für die Schottischen Hochlandrinder auf der Weide nebenan haben jetzt weder Kinder noch Marder einen Blick. Weit kommen sie allerdings nicht. Denn „Fredda“ will nicht spazieren gehen, sondern schnüffeln und buddeln.

Im Nu ist sie im lockeren Erdreich verschwunden. „Lasst sie ruhig schnuppern. Das ist für sie wie Zeitunglesen: Sie riecht, was hier gestern passiert ist. Schaut: Ihr Schwanz, der vorhin noch ganz glatt war, ist jetzt vor Aufregung gesträubt wie eine Bürste“, erklärt die Natur-Pädagogin.

Wissen vermittelt sie niemals im Vortrag, sondern immer im Kontext zu den Beobachtungen und Fragen der Kinder. So lernen sie spielerisch, fast ohne es zu bemerken. Bei der Fütterung von Luchsen und Wölfen werden sie vieles über die Lebensweise der lange vom Menschen verfolgten Raubtiere erfahren.

Etwa vier Stunden dauert jedes der Ferienprogramme, das gemeinsame Mittagessen ist im Preis von 16 Euro eingeschlossen. Bei Grillwurst und Saft werden eifrig Telefonnummern ausgetauscht. Um sich gegenseitig die schönsten Handyfotos des Tages zu schicken, aber auch, um miteinander in Kontakt zu bleiben.

Begeisterung für Tiere und die Arbeit mit ihnen verbindet, weiß Svenja Oßenbrügge. „Da sind schon richtige Freundschaften entstanden. Manche Kinder verabreden sich im Wildpark, die sehe ich immer wieder.“