21. Niedersächsisches Frauenmusikfestival Gemeinsam spielen, gemeinsam Spaß haben ist das Motto – heute Abend Abschlusskonzert im JUZ

Neu Wulmstorf . Das ist doch... „Crazy Little Thing Called Love“. Muss wohl der 70er-Jahre-Bandworkshop sein. Falsch geraten: „Nein, hier sind die 50er- und 60er-Jahre“, klärt Alexa Weikert auf. Der Queen-Song aus den 70ern sei eine Hommage an Elvis. Und dann wird schon weiter geprobt. Bis Sonnabendabend muss der Titel stehen, und nicht nur der. Zwei bis drei Stücke führt jede der sechs Bands auf, die sich für die 21. Niedersächsischen Frauenmusiktage in Neu Wulmstorf formiert haben. Im Schulzentrum wird geprobt, gelernt, gefeiert und geschlafen.

Schulklassen verwandeln sich in Übungsräume. Aus einer Tür schallt das unvermeidliche „Atemlos“, nebenan sieht man durchs Fenster Trommelstöcke wirbeln. „Wo sind den die Sängerinnen – egal, wir machen weiter“, sagt Annette Kayser routiniert zu den Mädels, die gerade einen Funk-Beat anstimmen. Mit großartigem Gitarrensolo übrigens. Annette Kayser ist Dozentin des Workshops „70er-Jahre“ und Schlagzeugerin. Gleich ist die Probe zu Ende, dann versammeln sich alle 52 Teilnehmerinnen zur „Female Drum Parade“. Mit Samba durch Neu Wulmstorfs Zentrum ziehen, Werbung für das Abschlusskonzert verteilen! Auf drei recken alle die Arme in die Höhe und rufen „Hey!“, Bläserinnen spielen den 50er-Jahre-Ohrwurm „Tequila“. Die Besucher und Händler auf dem Wochenmarkt schauen interessiert, nur ein Hund möchte nichts wie weg.

Die Musikerinnen haben sichtlich Spaß. Mehr als die Hälfte von ihnen sind „Wiederholerinnen“, so wie Ina Niemerg. „Ich war jetzt viermal in Folge dabei, insgesamt fünfmal“, sagt die Bassistin aus Hannover. Sie hat sich gemeldet für den Workshop „Neue neue Deutsche Welle“, also die Musik jener Bands der 2000er-Jahre, die internationale Stars aus den deutschen Hitparaden kickten: Juli, Silbermond, Wir sind Helden. „Wir sind alle Hobbymusikerinnen und die meisten von uns haben kaum Gelegenheit, mal drei Tage am Stück zu musizieren“, sagt sie. „Was kann schöner sein, als sich mit dem liebsten Hobby intensiv zu beschäftigen?“

Die Begeisterung teilen Frauen und Mädchen aus ganz Niedersachsen. Die jüngsten sind 16, die älteste hat die 70 überschritten. Manche sind Anfängerinnen, andere routiniert. Weil die Bands nicht nach Leistungsniveau oder Kenntnisstand zusammengestellt sind, stellt das auch die Dozentinnen vor Herausforderungen. „Manche können Noten lesen, andere nur Tabulaturen, wieder andere lernen durch Vorspielen-Nachspielen“, zählt Annette Kayser auf.

Britta Hempe, Flötistin, schätzt an den reinen Frauenbands, dass „keiner versucht, sich zu produzieren, sondern es geht darum, gemeinsam ein Stück auf die Bühne zu bringen. Wir improvisieren auch viel.“ Drei Flöten, zwei Saxophone und eine Posaune spielen in der 80er-Jahre-Band. „Tequila“ passt gut vom Sound. „Wie sich die Erfahrenen und die Unerfahrenen zusammenfinden, ist für uns Dozentinnen immer ein Überraschungsei“, sagt Annette Kayser.

Bei Vera Lüdeck laufen die Fäden zusammen. Die Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Rock organisiert das Festival seit Anbeginn. „Wir freuen uns besonders, dass wir seit diesem Jahr auch finanziell abgesichert sind durch Mittel aus dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur“, sagt sie. Bis dahin war sie auf Sponsoren angewiesen. Das Festival findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Mal kommt der Kontakt über die örtliche Gleichstellungsbeauftragte zustande, mal über Bekannte aus der Szene. Nach Neu Wulmstorf kam das Fest durch Jugendzentrumsleiter Eick Elvers, der auch in der LAG Rock tätig ist.

Und warum ein reines Frauen-Festival? „Wir finden, dass Frauen in der Popmusik immer noch unterrepräsentiert sind“, sagt Annette Kayser. Die meisten Bands hätten allenfalls eine nett anzuschauende Sängerin. „Bei uns sind aber auch die Instrumentalistinnen hübsch“, sagt die Schlagzeugerin.

Abschlusskonzert heute im Neu Wulmstorfer Jugendzentrum, Ernst-Moritz-Arndt-Straße 32, 20 Uhr