Mieter kam beim Sturz in die Tiefe ums Leben. Anwohner geschockt. Einige Wohnungen mussten evakuiert werden

Meckelfeld/Seevetal. Günther Wischnowski aus Meckelfeld ist immer noch fassungslos. Er hatte mit angesehen, wie ein 32-jähriger Mieter des Hochhauses an der Glüsinger Straße 10a gestern morgen versuchte, sich vor den Flammen in der eigenen Wohnung zu retten und am Ende in die Tiefe stürzte.

Etwa um 7 Uhr hörte Günther Wischnowski Scheiben klirren. Als er aus dem Fenster schaute, sah er Flammen aus einer Wohnung des Hochhauses gegenüber schlagen. Er alarmierte die Feuerwehr und beobachtete dann einen Mann, der sich am Balkongeländer festhielt und immer wieder „Hilfe, Feuer“ rief. Verzweifelt habe der Mieter versucht, sich vom Balkon seiner Wohnung im sechsten Stock auf den Balkon eine Etage tiefer zu hangeln, so der Nachbar, der direkt genüber an der „Rampe“ lebt. Von seinem Fenster aus hat Wischnowski einen freien Blick auf das Hochhaus. „Der Mann war schon mit einem Bein auf der sicheren Seite des Balkongeländers unter ihm, ist dann aber nicht nach innen gefallen, sondern nach außen“, so Günther Wischnowski.

Die ersten Polizeibeamten fanden den Mann auf dem Rasen vor dem Hochhaus liegend vor. Für ihn kam jede Hilfe zu spät. Nach ersten Erkenntnissen handelt es sich bei dem Verstorbenen um den 32-jährigen Mieter der betroffenen Wohnung. Die Feuerwehr war mit rund 80 Einsatzkräften vor Ort. Das Feuer wurde über eine Drehleiter sowie vom Treppenhaus aus bekämpft. Polizei und Feuerwehr evakuierten acht umliegende Wohnungen mit rund 30 Bewohnern. Der Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes und der Johanniter betreute die Menschen in einer Sammelstelle am nahegelegenen Feuerwehrhaus. „Die Leute wurden ja aus ihrem Schlaf gerissen und waren geschockt“, sagte Philip Werk vom Deutschen Roten Kreuz. Am Feuerwehrhaus bekamen die Anwohner Frühstück und Kaffee. „Dort konnten sie sich sammeln, erstmal ankommen und sprechen“, so Werk, der neben seiner Tätigkeit beim DRK auch für die Gemeinde Seevetal arbeitet. Die psychosoziale Betreuung der Anwohner übernahm ein Kriseninterventionsteam.

Nach rund einer Stunde waren die Löscharbeiten in der betroffenen Wohnung abgeschlossen. Durch die Hitzeentwicklung und den Brandrauch wurde auch die darüber liegende Wohnung massiv beschädigt. Seevetals Bürgermeisterin Martina Oertzen erfuhr gestern Vormittag vom tragischen Tod des Mieters, als sie gerade nach ihrem Urlaub vom Flughafen auf dem Weg nach Hause war. Gemeindemitarbeiter informierten sie am Telefon. Oertzen reagierte geschockt. „Für einen Brand kann immer noch die Versicherung aufkommen, aber dass dabei ein Mensch ums Leben gekommen ist, hat mich wirklich erschüttert“, sagte sie dem Hamburger Abendblatt.

Sofort machte Oertzen sich auf den Weg zur Unfallstelle. „Das ist selbstverständlich“, sagte sie. Gemeinsam mit den Einsatzkräften organisierte sie die Unterbringung der Nachbarn, die das siebenstöckige Hochhaus verlassen mussten. Zwei Familien konnten in Wohnungen der Gemeinde unterkommen. Die anderen Mieter haben zunächst eine Bleibe bei Freunden und Familie gefunden.

Bevor die acht Wohnungen auf der rechten Seite des Blocks 10a wieder freigegeben werden können, müssen sie von einem Statiker überprüft werden. Alle anderen Anwohner im Hochhaus konnten im Laufe des Vormittags wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Polizei und Feuerwehr hielten gestern aber ein Auge auf den Brandherd. Jede Stunde betraten sie die Wohnung und vergewisserten sich, dass das Feuer nicht erneut ausbricht.

Oertzen lobte die Arbeit der Einsatzkräfte. „Alle haben in dieser tragischen Situation Hand in Hand zusammengearbeitet “, so die Bürgermeisterin. Wer seelischen Beistand benötigt, kann sich an das Polizeikommissariat unter Telefon 04105/6200 wenden. Die Beamten vermitteln dann an einen Pastor. „Die Leute, die das Ganze gesehen haben, müssen das ja auch erstmal verarbeiten“, sagte Oertzen.

Die Brandursache sowie die Schadenshöhe sind noch unklar. Die Polizei hat den Brandort beschlagnahmt und erste Ermittlungen eingeleitet.