In der Gemeinde Seevetal hat sich Zahl der Obdachlosen verdoppelt. Anstieg auch in Tostedt und in Neu Wulmstorf

Tostedt/Seevetal/Neu Wulmstorf. Ein Obdachloser übernachtet auf einer zerschlissenen Matratze neben einem Zaun, die Habseligkeiten in einem Einkaufskorb verstaut. Eine Szene aus Hamburg-Altona am Nobistor. Aber die Zahl der Menschen, die unter Wohnungsnot leidet, wächst auch im Landkreis Harburg. Der Grund ist, dass der Landkreis ein beliebter Wohnort ist. Allein von 2001 bis 2011 ist die Zahl der Einwohner im Landkreis Harburg um fünf Prozent gestiegen. In Zeiten des demografischen Wandels eigentlich eine gute Nachricht.

Der Bevölkerungswachstum hat aber auch knappen Wohnraum zur Folge, und das ist insbesondere für die Randgruppen der Gesellschaft problematisch. Mieten steigen. Menschen, die ein geringes Einkommen haben oder von Sozialleistungen leben, haben auf dem hart umkämpfen Wohnungsmarkt meistens das Nachsehen. „Es wird immer schwieriger, Obdachlose auf dem Wohnungsmarkt unterzubringen“, sagt Andreas Schmidt, Pressesprecher der Gemeinde Seevetal. „Räumungsklagen in Kombination mit knappem Wohnraum werden zum Problem.“

Denn auf eine Wohnung kommen in der Gemeinde Seevetal 15 bis 20 Bewerber. Und die Vermieter vergeben die Wohnungen meistens an die Zahlungskräftigeren unter den Interessenten. In Seevetal hat die Entwicklung dazu geführt, dass nahezu alle 65 Plätze in den Obdachlosenunterkünften, die sich in Maschen und in Hittfeld befinden, belegt sind. Damit hat sich die Zahl der Menschen ohne Bleibe in Seevetal in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt.

Auch in der Gemeinde Neu Wulmstorf sowie in der Samtgemeinde Tostedt steigt die Zahl der Obdachlosen stetig. In Tostedt sind 16 der 23 Zimmer belegt. In Neu Wulmstorf gibt es nur noch zwei freie Schlafplätze. Neu Wulmstorf und Tostedt haben wie Hittfeld und Maschen in der Gemeinde Seevetal einen Bahnhof. Von dort aus ist Hamburg also leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. „Deshalb ziehen viele Menschen auch hierhin“, glaubt Dieter Hellberg, Ordnungsamtsleiter der Samtgemeinde Tostedt. Das rege Interesse an den Neubaugebieten bestätigt das. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Einwohner in Tostedt, Neu Wulmstorf und Seevetal zwischen zwei und drei Prozent angestiegen.

Es gibt viele Gründe für die Obdachlosigkeit. Meistens kommt es zur Zwangsräumung infolge von ausbleibenden Mietzahlungen und Geldschulden. „Aber auch psychische Faktoren spielen eine Rolle, und es gibt junge Erwachsene, die mit ihrem Elternhaus nicht mehr zurecht kommen“, sagt Andreas Schmidt, Sprecher der Gemeinde Seevetal.

Das Gericht informiert die Gemeinden vier bis sechs Wochen vor der Räumung über den Termin. Die Beamten versuchen dann mit den Betroffenen nach Lösungen zu suchen. Das Ziel bleibe, die Obdachlosigkeit mit intensiver Beratung und Betreuung zu verhindern, so Hellberg. Das ist der Tostedter Behörde gerade erst bei einer sechsköpfigen Familie gelungen.

Doch zugleich sind eine Familie, eine Mutter mit zwei erwachsenen Söhnen und drei junge Menschen von der Obdachlosigkeit bedroht. Seit den 50er Jahren dient die Bleibe am Alten Moorweg in Tostedt als Notunterkunft. Zuerst bekommen die Betroffenen ein Einzelzimmer zugewiesen. Es kommt aber auch vor, dass sich die Wohnungslosen Zimmer teilen müssen. Die Menschen müssen intensiv betreut werden, da sie häufig unter Suchtproblemen leiden. Die Verweildauer kann stark variieren. Sie liegt in der Samtgemeinde Tostedt zwischen zwei Tagen und fünfeinhalb Jahren.

Um dem wachsenden Bedarf nach Unterkünften für Obdachlose gerecht zu werden, denkt die Verwaltung in Tostedt jetzt darüber nach, eine zweite Bleibe herzurichten. Burkhard Allwardt von der Gruppe Die Grünen/Allwardt, der das Thema Obdachlose kürzlich im Sozialausschuss der Samtgemeinde Tostedt aufs Tableau gebracht hatte, begrüßt das.