Beim „MIWO“ tauschen sich Frauen aus aller Welt über ihre Erfahrungen in ihrer neuen Heimat Buchholz aus

Buchholz. Eine quietschrosa Plastikwanne voller Gegenstände: Ein Fußball, ein Damenschuh, eine Krawatte, eine Grillzange, eine Bierflasche, ein Nudelholz, eine Gießkanne. Welcher Gegenstand ist „typisch Mann“, welcher „typisch Frau“? Marina, Amal und Arezoo greifen zu. Krawatte ist klar, die Sandale mit dem hohen Absatz auch. Die Fernbedienung für den Fernseher – Männersache. Anstreichen – das machen Frauen gern, Glühbirnen auswechseln sollen dann doch lieber die Gatten machen.

Und so kommen Marina aus Angola, Amal aus Syrien und Arezoo aus Afghanistan schnell ins Gespräch. Über Männer und Frauen, das Familienleben, die kulturellen Unterschiede zwischen ihrer alten und ihrer neuen Heimat. Die heißt Buchholz: Hier treffen sie sich alle paar Wochen zum „MIWO“, der „Mittwochs-Workshop“ für Migrantinnen. Er wird vom Diakonischen Werk der Kirchenkreise Hittfeld und Winsen angeboten und geleitet von Dorothea Gabelmann, Flüchtlingsberaterin, Nicole Hauff, Mobile Familienbildung, und Dörthe Heien, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Buchholz.

Hier können die Frauen unter sich sein, über ganz private Dinge reden. Sich austauschen. Ihre Geschichten sind ganz unterschiedlich – die einen sind schon seit 20 Jahren in Buchholz, andere erst zwei. Aber schnell wird klar: Egal ob aus Afrika, dem Nahen Osten oder Afghanistan – in Deutschland haben Frauen viel mehr Freiheiten. „Ich sollte immer zu Hause bleiben, auch mit 20 noch“, sagt Amal. „Jungen dürfen alles, Mädchen nicht. Da haben die Mütter immer gleich Angst“, sagt Marina.

Und die Männer? Finden das in Ordnung und murren nicht, wenn sie im Haushalt helfen sollen. Im Gegenteil: Auch für sie ist das Selbstbestimmung. Zuhause wachen die Eltern darüber, dass Rollenbilder eingehalten werden. Amal sagt, ihr Mann traue sich, weil seine Eltern das nicht überwachen. Für die sei ein Mann, der im Haushalt hilft, verweichlicht. Da riskieren die Neu-Buchholzerinnen sogar mal Streit mit den Eltern oder Schwiegereltern. Amal würde auch gern wieder arbeiten, irgendwann. Sie ist gelernte Krankenschwester, derzeit aber betreut sie ihr viertes Kind, eine wenige Wochen alte Tochter, die mit drei älteren Brüdern aufwachsen wird. Vielleicht hat sie es später mal einfacher als sie es in Syrien hätte, hofft Amal.

Doch auch in der alten Heimat hat sich einiges verändert. „Früher sind die Männer in Afrika wie selbstverständlich fremdgegangen. Heute wissen sie, dass sie damit eine Scheidung und jede Menge Ärger riskieren“, sagt Marina. Eine Diskussion schließt sich an. Eine Teilnehmerin aus Osteuropa, die ihren Namen nicht genannt wissen möchte, meint, dass Heirat auch heute noch „für immer“ bedeutet. Ohne Wenn und Aber. Wer sich abwendet, riskiere die Eskalation. „Die Deutschen machen zu schnell Schluss“, findet sie. „Aber wenn keine Lieber mehr da ist...“, erwidert Marina.

Solche Gedanken muss sich Arezoo nicht machen. Sie ist aus Afghanistan – und ledig. Sie kam mit ihrer Mutter nach Deutschland. „In Afghanistan wird erwartet, dass man verheiratet ist. Von Frauen und von Männern.“ Sie strahlt, als sie sagt: „Ich bin in Deutschland, ich bin nicht verheiratet – und das ist ok.“ Sie hat erst einmal andere Pläne, träumt davon, eine Arbeit zu finden und den Führerschein zu machen. Dinge, die ihr in Afghanistan nicht möglich wären.

Der „MIWO“ ist ein zusätzliches Angebot zum Internationalen Frauentreff. Er wurde gegründet, um den Frauen auch Treffen in kleinerer Runde zu ermöglichen und zu bestimmten Themen Dinge zu vermitteln. Wie lange jemand schon in Deutschland lebt, spielt dabei keine Rolle. Mitmachen ist völlig unverbindlich, mal kommen 14 Frauen, mal nur vier.

Es gibt aber einen festen Themenplan, der auch die Wünsche der Teilnehmerinnen berücksichtigt. So gab es bereits Workshops zur deutschen und Buchholzer Geschichte und Geografie, zu Sport oder zu Frauengesundheit. Die Treffen werden auch in anderen Gemeinden angeboten. Wer daran teilnehmen möchte oder auch das Treffen einer Neubürgerin empfehlen möchte, kann sich für weitere Informationen an Dörthe Heien unter Telefon 04181/214760 wenden.