Eine Glosse von Manfred Scholz

Radiohören ist eine feine Sache. Für jede Stimmungslage gibt es die gewünschte Richtung. Ist mir nach hartem Rock, schalte ich zum speziellen Privatsender. Steht mein Sinn nach Klassik, höre ich die vornehmen Kulturstationen der ARD-Familie. Reicht mir zur Ablenkung Frau Helene Fischer, weiß ich, welcher Dudelsender zuverlässig liefert. Möchte man erstklassig präsentierte Politik, schaltet man zum Deutschlandfunk.

Ja, unser gutes altes Dampfradio. Es geht ins Ohr, schon öfters totgesagt, aber weiterhin putzmunter. Das kunterbunte Fernsehen ist oft schrill, intensive Zeitungslektüre verlangt Ruhe – aber Radio ist locker nebenbei zu hören. Als „Tontapete“ läuft es in Büros, in Werkstätten, Fabrikhallen oder auf längeren Autotouren. Vier von fünf Deutschen haben täglich ihren Lieblingssender eingestellt, die statistisch ermittelte Hördauer liegt bei drei Stunden pro Tag. Dies hat eine Medienanalyse ergeben.

70.000 Hörer kamen bei der Umfrage zu Wort. Vergessen haben die Meinungsforscher dabei jedoch, nach der Qualität der Moderatoren zu fragen. Vor allem bei den kleineren Privatsendern gibt es einige Plappertaschen. Sie füllen garantiert sinnfrei die Lücken zwischen den immer gleichen Titeln. Da heißt es dann, schnell die Wellenflucht zu ergreifen.

Aber Radio kann auch mitreißend sein. Das beweist jeden Sonnabend die ARD-Bundesliga-Konferenz. Der Ball zappelt gerade im Netz, da wird schon aufgeregt vermeldet, wer der Kugel die endgültige Drehung gab. Bei der sogenannten Schlusskonferenz kochen dann endgültig die Emotionen hoch. Da sitzt der Hörer mittendrin im Hexenkessel. Hach, wird es wieder schön, wenn mir der Reporter ein weiteres Tor meines Lieblingsvereins ins Ohr trompetet. Es lebe das Radio!