Umland-Lust – rund um Hamburg auf Entdeckungstour. Heute: Bismarcks Garten der Schmetterlinge am Rande des Sachsenwalds

Er schimmert in allen Blautönen und fliegt dicht an den Köpfen der Besucher vorbei. So dicht, dass die einen leichten Windzug verspüren und das leise Flügelschlagen hören können. Die Rede ist vom Blauen Morpho, einem Edelfalter, der in den Regenwäldern Mittel- und Südamerikas zu Hause ist. Und im Garten der Schmetterlinge in Aumühle. Denn in dem Gewächshaus fühlt sich der Schmetterling mit seiner Flügelspannweite von 95 bis 120 Millimetern sichtlich wohl.

In dem Tropenhaus herrscht immer eine Mindesttemperatur von 27Grad Celsius, die Luftfeuchtigkeit liegt nie unter 80 Prozent. Genau das richtige Klima für Schmetterlinge, die kreuz und quer durch die Luft fliegen. Oft wirkt es so, als spielten sie wie kleine Kinder Fangen. „Man kann die Tiere nur beobachten, wenn sie fliegen“, sagt Marisa Schönfeldt. Die 28 Jahre alte Biologin arbeitet schon die zweite Saison in dem Schmetterlingsgarten. Sie zeigt auf ein Palmenblatt und sagt, „so sieht der Blaue Morpho aus, wenn er sich irgendwo hinsetzt.“ Die Flügel sind zusammengeschlagen und von der Unterseite dunkelbraun und schwarz. Von dem leuchtenden Blau ist nichts mehr zu erkennen. „So schützen sie sich vor Feinden“, sagt Schönfeldt.

Und so machen es die Schmetterlinge den Besuchern mit Fotokameras besonders schwer, ein Bild von ihnen zu machen. Nur mit professionellen Kameras und sehr viel Geduld lässt sich die Schönheit der Insekten einfangen. Schönheit, die vergänglich ist. Denn Schmetterlinge werden nur wenige Tage bis Wochen alt.

Natürliche Feinde haben die Edelfalter in dem Tropenhaus nicht. Nur etwa 1000 Artgenossen. Rund 40 Schmetterlingsarten aus Südamerika, Afrika und Asien flattern in dem Gewächshaus zwischen tropischen Pflanzen. „Wir imitieren hier ihren natürlichen Lebensraum“, sagt Biologin Schönfeldt. Deswegen wachsen auch Bananenpalmen in dem Haus. Auf den Blättern legt der Blaue Morpho seine Eier ab und saugt den Saft der gärenden Früchte.

Während die Besucher immer wieder – und fast immer erfolglos – versuchen, den Blauen Morpho zu fotografieren, hat sich eine ältere Dame auf eine der vielen weißen Bänke gesetzt, die inmitten eines Blumenmeeres stehen. Sie blickt auf eine Blüte. Dort ist gerade ein Bambus-Blatt gelandet, ein Schmetterling mit gelb-braun gestreiften Flügeln. Ein gutes Fotomotiv. Doch schon ist er wieder davongeflogen. Bessere Chancen haben Fotografen bei den Nachtfaltern, die reglos in einem Glaskasten liegen. Einer davon ist der Atlasfalter, der mit einer Flügelspannweite von bis zu 27 Zentimetern der größte Schmetterling im Tropenhaus ist. Die Flügel des hauptsächlich in China und Indien lebenden Falters sind auffällig geformt und haben diverse Brauntöne.

„Vorsicht, die Wachteln“, sagt Biologin Marisa Schönfeldt und zeigt auf den schmalen Sandweg. Auch die kleinen Hühnervögel leben in dem Tropenhaus und kreuzen in Grüppchen den Weg der Besucher. Ein großes Hinweisschild warnt die Besucher davor, aus Versehen draufzutreten. Die meisten Menschen hier blicken nur gen Decke. Oder suchen zwischen roten und gelben Blüten Schmetterlinge. Außer den Wachteln gehören auch Wasserschildkröten zu den Bewohnern. In dem kleinen Teich inmitten des Tropenhauses, über den zwei weiß angestriche Holzbrücken führen, schwimmen die Tiere oder liegen auf Steinen.

Die schwüle Hitze wird langsam erdrückend. „Zum Abkühlen haben wir das Bambushaus“, sagt die Geschäftsführerin Hildegard Roelcke. Nur eine Glastür und ein Türvorhang trennen beide Räume. Ein kleiner Teich ist inmitten des runden Raums angelegt, Wasser plätschert aus einem Stein, und künstlicher Nebel liegt über der Wasseroberfläche. Die Wand besteht aus Bambusrohren, unterbrochen alle paar Meter von kleinen Wasserfällen. Bänke laden zum Verweilen ein. Ein leises Glockenspiel hallt aus Lautsprechern und soll ein Gefühl der Entspannung vermitteln.

Ein ähnliches Glockenspiel ist auch im singendem Wassergarten zu hören. Dieser Bereich gehört zum Café Vanessa – ebenfalls ein Gewächshaus mit einem Teich. Doch Schmetterlinge gibt es hier nicht. Dafür Dutzende Koi-Karpfen. Hoch oben hängen Glockenspiele, sogenannte Oberklangspiele. Mit Leinen sind sie mit einem Bambusrohr verbunden, in das Wasser aus einem Springbrunnen läuft. Ist das Rohr voll, kippt es ruckartig zur Seite, bringt die Leinen zum Schwingen, die Glocken zum Klingen. „Die Menschen, die in den Garten der Schmetterling kommen, suchen Entspannung, und darauf ist auch alles hier ausgelegt“, sagt Geschäftsführerin Roelcke.

Ihr Lieblingsplatz ist eine kleine Holzterrasse mit weißen, verschnörkelten Metallstühlen am Schlossteich. „Früh am Morgen kann man hier den Eisvogel sehen, der blitzschnell über die Wasseroberfläche fliegt“, sagt sie. Auch Besucher lieben diesen Platz. „Es ist der erste, der besetzt ist“, so Roelcke. Am Kiosk nebenan können Besucher bei Hüseyin Kaya Kaffee, Eis, Pommes und Currywurst kaufen. „Unsere Pommes sind sehr gut“, sagt der 25-Jährige selbstbewusst und lächelt stolz.

Wer es lieber süß mag, bekommt im Café Vanessa Torten und „Omas Landkuchen“, einen Apfelkuchen. Am besten genießen lässt sich der auf dem liebevoll gepflegten Areal. Mehrere Gärtner jäten Unkraut und kümmern sich um den Rosengarten hinter dem Tropenhaus. „Mein Lieblingsplatz ist der Libellenteich“, sagt Gärtner Uwe Punert. Mehrere mit Pflanzen bewachsene Torbögen und und Hecken bilden diesen Bereich um einen kleinen Teich. Einheimische Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge flattern dort umher. „Das sieht da einfach schön aus“, sagt der 59- Jährige, der sich als Arbeitskleidung einen braunen Stoffhut und eine grüne Latzhose ausgesucht hat: „Ich arbeite dort, wo andere ihre Freizeit verbringen. Das ist doch toll, oder?“

Die Idee, einen Schmetterlingspark zu eröffnen, hatten Ferdinand Fürst von Bismarck, der immer noch Inhaber ist, und dessen Frau Elisabeth. „Vor etwa 30 Jahre haben beide Bekannte in Paris besucht. Die Madame und der Monsieur hatten ein Gewächshaus mit exotischen Schmetterlingen“, sagt Hildegard Roelcke, die schon 25 Jahre im Garten der Schmetterlinge arbeitet. Im kommenden Jahr feiert der Garten sein 30-jähriges Bestehen.

„Es war der erste Schmetterlingspark in Deutschland“, sagt Roelcke, die alle zwei Wochen neue Schmetterlingspuppen überwiegend aus Costa Rica und Afrika bestellt. „Selbst könnten wir die Schmetterlinge nicht züchten. Das würden wir nicht schaffen“, sagt sie. Denn die Raupen würden die Pflanzen im Tropenhaus rigoros wegfressen. Die beiden Biologinnen des Schmetterlingsgartens müssen deswegen die Eier von den Blättern einsammeln. „Das sind so weiße Punkte“, sagt Marisa Schönfeldt und zeigt dabei auf das Blatt einer Bananenpalme, an dem eine Kolonie von Eiern klebt. Die Biologin hängt dann die Kokons im Tropenhaus aus, die per Paket zugeschickt werden. Daraus schlüpfen wenig später neue, schöne Edelfalter.