Abgewimmelt, abgewiesen, abgespeist. Eine weitgereiste Harburgerin ärgert sich über Condor und DHL

Harburg. Edith Lüning ist schon viel herumgekommen. Und ihr ist auf Reisen auch schon einiges passiert. Das bleibt nicht aus und gehört dazu. Schließlich verreist man nicht, um sich zu langweilen. Seit 30 Jahren verreist Edith Lüning zweimal pro Jahr ins Ausland, und auch davor ging es mindestens einmal im Jahr auf und davon. Gut 100 Auslandsreisen hat die 84-jährige wohl schon gemacht. Einen spurlos verschwundenen Koffer hat sie allerdings noch nie erlebt – bis jetzt. Im Juni flog sie nach Lanzarote, Anfang Juli kam sie zurück. Ihren Koffer sah sie zuletzt am Flughafen von Arrecife, als ein Condor-Beauftragter das Gepäckstück beim Einchecken auf das Band hob.

Zwei Brillen, drei Sommerkleider, Medikamente, diverse Wäschestücke, eine Stange Zigaretten, eine Flasche Likör und zwei Kakteen geistern seitdem durchs Logistik-Nirvana. Gemeinsam mit ihrem Sohn hat Edith Lüning eine Inhaltsliste des Koffers erstellt und kommt auf einen Wert von fast 2000 Euro. Alleine ihre Brillen sind zusammen 800 Euro wert und der Rest ist sich läppernder Kleinkram. „Vor allem, dass meine Fernsehbrille weg ist, stört mich sehr“, sagt die reisefreudige Rentnerin.

Was sie allerdings am meisten stört, ist, dass sich offenbar niemand anders an dem verschwundenen Gepäckstück stört. Nicht die Fluggesellschaft Condor, die den Koffer zwar zwischenzeitlich fand und an Frau Lüning verschickte und nicht der Großlogistiker DHL, der Frau Lüning den Koffer bringen sollte und es bislang nicht tat.

Gleich, wohin sie sich wandte, sie wurde sie abgewiesen, -gewimmelt und -gespeist. Condor ist sich keiner Schuld bewusst, hat aber die Sendungsnummer an Frau Lüning herausgegeben. Im Internet konnte sie zusammen mit ihrem Sohn den Weg des Koffers verfolgen – bis zum 11. Juli. Seitdem tut sich nichts mehr im Versandprotokoll.

Was sich rekonstruieren lässt, ist folgender Weg: Am 1. Juli schafft es der Koffer aus ungeklärten Gründen nicht in den Flieger. Das passiert nicht nur bei Condor. Weltweit wird eins von 100 Gepäckstücken zum Problemkoffer. Von Arrecife aus wurde der Koffer innerhalb eines Tages an Condor in Frankfurt verschickt und Condor schickte ihn noch am 2. Juli per DHL an Frau Lüning. Bereits einen Tag später, kurz nach halb sieben, befindet sich die Sendung im Paketlieferwagen Richtung Harburg, Bremer Straße, zu Edith Lüning. Soweit ein mustergültiger Verlauf, aber dann ging etwas schief: „Die Sendung wurde beschädigt und wird zur Nachverpackung in das Paketzentrum zurückgesandt“, weist das Protokoll für 12.21 Uhr auf. Dieselbe Meldung taucht aber auch noch einmal am Dienstag, 8. Juli um 7 Uhr im Protokoll auf. Danach wird die Sendung noch zwei Mal, am 9. und am 11. Juli im Paketzentrum Hamburg-Allermöhe bearbeitet. Danach endet der Sendungsverlauf.

„Als ich in Allermöhe anrief, wurde ich ans Zustellzentrum in Hausbruch verwiesen. In Hausbruch sagte man mir aber, dass dort gar keine Pakete bearbeitet werden, sondern nur noch Briefe“, sagt Edith Lüning.

Auf eine schriftliche Anfrage bekam Edith Lüning einen Anruf von DHL. Ein Herr Durmann teilte ihr mit, dass er ihr nichts mitteilen dürfte – aus Datenschutzgründen.

„So etwas ist mir noch nicht passiert“, sagt Edith Lüning. „Das letzte Mal, dass sich ein Koffer von mir verirrt hatte, war bei einer Bahnreise und der Mann am Bahnhof hat sich persönlich darum gekümmert, dass ich mein Gepäck schnell wiederbekomme. Hier wimmeln alle nur ab.“

DHL-Pressesprecher Jens-Uwe Hogardt wendet ein, dass die Paketzentren der falsche Ansprechpartner für verlorene Sendungen seien. „Es gibt eine eigene Hotline für Problemfälle. Die Zentren selber haben keine Kapazitäten, sich um die einzelnen Sendungen zu kümmern.“

Hogardt hat eine Vermutung, was mit dem Koffer geschehen ist: „Die Fluggesellschaften packen die Gepäckstücke üblicherweise in Kartons, bevor sie sie verschicken. Wahrscheinlich ist dieser Karton beim Verladen so beschädigt worden, dass die Adresse nicht mehr lesbar ist. Wenn Frau Lüning den Koffer genau beschreiben kann, können wir ihn vielleicht wiederfinden. Wenn nicht, müsste sich Condor bei uns melden. Unser Vertragspartner ist immer der Versender, nicht der Empfänger.“

Condor teilte auf Anfrage mit, dass man die Rechte an der Sendung mittlerweile an Frau Lüning abgetreten hat. Nun muss sie sich selber kümmern. Doch das tut sie ja ohnehin seit gut drei Wochen.