Lotta Simson und Lea Cohrs erfüllten sich einen Traum: Nach dem Abi bereisten sie den halben Erdball

Dass ich einmal um die Welt reisen wollte, wusste ich seit meinem 13. Geburtstag“, sagt Lotta Simson. Jetzt ist sie 20 und wieder da. Das vergangene Jahr hat sie damit verbracht, zusammen mit ihrer Feundin Lea Cohrs den Traum auszuleben. Südafrika, Australien, Malaysia, Indochina und Arabien haben die zwei Eißendorferinnen nach ihrem Abitur am Friedrich-Ebert-Gymnasium bereist.

Die Verwirklichung des Traums begann für Lotta mit der Konfirmationsfeier. „Das Geld habe ich beiseite gelegt, und seitdem dazu gespart“, sagt sie. Reisegefährtin Lea hatte nicht so viel Zeit. Zwar sind die beiden Mädchen Freundinnen, seit sie laufen können, und Lea wusste um Lottas Traum, aber um Lea zum Mitreisen zu bewegen, brauchte Lotta doch bis zum Ende der Schulzeit. So fuhr Lotta vor ziemlich genau einem Jahr schon einmal voraus und arbeitete in einem Kinderheim im südafrikanischen Greytown, während Lea in Harburg kellnerte, um ihre Reisekasse ausreichend zu füllen.

„Im November flog ich nach Südafrika hinterher“, sagt Lea Cohrs.

„Witzig war, dass wir beide gleichzeitig gestartet waren – ich in Greytown und Lea am Hamburger Flughafen – und wir fast gleichzeitig am Flughafen von Kapstadt eintrafen“, sagt Lotta. „Ich hatte für ein paar hundert Kilometer so lange gebraucht, wie Lea für Zigtausend.“

In Kapstadt mieteten die beiden ein Auto und fuhren damit die Ostküste entlang nordwärts in Richtung Durban und dann nach Johannesburg. Geschlafen wurde im Auto, allerdings nicht irgendwo, sondern auf den Parkplätzen von Rucksack-Herbergen. „Das ist die günstigste sichere Übernachtungsmöglichkeit“, sagt Lea, „nicht nur in Südafrika, sondern in vielen Ländern.“

Von Johannesburg aus flogen die zwei mit ihrem Weltreiseticket nach Sydney. Dort kauften sie ein Auto. „Das hatte uns in Südafrika schon ziemlich gefallen, so spontan sein zu können“, sagt Lotta. Mieten war allerdings nicht mehr drin. Also wurde gekauft, mit dem Plan, den Wagen später möglichst mit Gewinn weiterzuverkaufen – das war etwas naiv, wie sich für die Mädchen herausstellte. „Wir waren so genervt von der Großstadt Sydney, dass wir einfach schnell los wollten“, erinnert sich Lea. „Da haben wir das erstbeste Auto genommen, das uns gefiel und auch nicht lange verhandelt.“

Mit ihrem Holden Commodore Kombi hatten die beiden zwar bei allen Australiern einen Stein im Brett, weil sie als Touristen die australische Version des Opel Omega fuhren, beim späteren Wiederverkauf nütze ihnen das aber nichts: Sie machten mehrere tausend Dollar Verlust. Zum Glück bekamen die zwei zwischendurch einen Job auf einer Bananenplantage und konnten – Australien ist auch in der Landwirtschaft ein Hochlohnland – die Reisekasse wieder aufpolstern. „Aber es war schon toll, mit dem Wagen unterwegs zu sein. Wir haben uns immer an der Küste gehalten und jeden Morgen im Meer gebadet“, sagt Lea.

Vom australischen Cairns aus ging es per Flieger nach Neuseeland. Zweieinhalb Wochen lang trampten Lea und Lotta über die Nordinsel und waren überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Neuseeländer. Nie mussten sie mehr als zehn Minuten auf eine Mitnahme warten und oft fuhren ihre Mobilitätswohltäter sogar Umwege, um ihnen die Schönheiten des Landes zu zeigen. Auf der Südinsel trafen sie dann zwei Freunde aus Harburg, die hier einen Work-and-Travel-Job sowie ein Auto hatten. „Das Interessante an der Südinsel ist, dass sie wohl jede erdenkliche Landschaftsform hat“, sagt Lotta.

Weiter ging es für die zwei Eißendorferinnen nach Bali und von dort nach Lombok. Hier hatten sie eines der prägendsten Erlebnisse ihrer Reise: Eine dreitägige geführte Klettertour auf den Vulkan Gunung Rinjani. „Zu der Tour gehörten auch Träger“, erinnert sich Lea, „und das war schon ein seltsames Gefühl, die 3700 Meter aufzusteigen, während jemand anders die Sachen und den Proviant für alle an zwei Bambusstangen trug. Die Leute haben jeden Abend frisch gekocht. Das haben die auch noch alles mit hochgeschleppt. Da merkt man, wie dankbar und demütig man sein muss, für das Leben, das man führt.“

Über Java und Singapur reisten Lotta und Lea nach Vietnam. Hier nahmen sie die Nachtfahrten von Überlandbussen und verbrachten die Tage damit, die Orte am Weg zu erkunden. Zehn Tage reisten sie so von Ho-Chi-Minh-Stadt nach Hanoi und weiter nach Pnom Penh in Kambodscha. Sie besichtigten die Tempelanlagen von Angkor Wat und nahmen sich in Krati eine Woche Auszeit, gingen in ein Kloster und lernten, zu meditieren. „Die Gelassenheit, mit der unser Lehrmeister jede Situation annehmen konnte, hat uns begeistert“, sagt Lotta. „Andererseits hat er als Mönch für kambodschanische Verhältnisse auch eine bequeme und gesicherte Existenz.“ Immer noch per Nachtbus ging es nach Thailand, wo die zwei die Berge im Norden und dann die Badebuchten im Süden besuchten.

Vier Tage in Dubai waren die letzte Station vor der Heimreise. Eine Tagestour in die Wüste schloss das Abenteuerprogramm ab. „Wir wollten pünktlich zum ersten WM-Spiel der deutschen Mannschaft zu Hause sein“, sagt Lea, „aber das haben wir verpasst, weil unser Flieger in London Verspätung hatte. Überall auf der Welt konnten wir pünktlich fliegen. Nur in Heathrow nicht.“

Jogis Jungs haben auch ohne Leas und Lottas Fernsehunterstützung gewonnen. Für die Mädels steht jetzt die Zukunft auf der To-Do-Liste. Lea hat sich für ein Psychologiestudium beworben. Lotta will Sport studieren, aber jetzt schon? „Ich habe das Gefühl, noch etwas mehr reisen zu müssen“, sagt sie. „Kanada würde mich reizen. Wenn ich jetzt noch keinen Studienplatz bekäme, wäre das ja ein Wink des Schicksals...“