Noch bis zum 9. August tragen Harburgs Inder auf dem Schwarzenberg ihre Freizeit-Cricket-Meisterschaft aus

Heimfeld. Herr Naguvinahally treibt seine Gegner zur Verzweiflung. An dem Schlagmann der „Trojans“ arbeiten sich die Werfer der „Willow Warriors" ab. Jeden geworfenen Ball pariert er geschickt mit seinem paddelartigen Schläger. Ein ums andere Mal gelingt es ihm, den Ball so geschickt zwischen die Fänger im Außenfeld zu schlagen, dass dieser über die Spielfeldgrenze fliegt oder rollt, bevor einer der Feldspieler ihn abfangen kann. Das gibt gleich sechs oder vier Punkte für die Trojans und spart Rukmangada Naguvinahally einige Lauferei. Zwischen den Schlagmalen hin- und herzulaufen ist nämlich die eigentliche Art, beim Cricket zu punkten.

Auf dem Schwarzenberg werden derzeit die „Hamburg Cricket Championships“ ausgespielt – wobei der Name der Veranstaltung ein wenig täuscht: Längst nicht jedes Hamburger Cricket-Team macht mit, die drei offiziellen Hamburger Clubs mit Ligamannschaften schon gar nicht. Dies ist ein Turnier von neun Freizeitmannschaften. Alle Spieler sind Inder, die meisten arbeiten bei Airbus und wohnen in Harburg. Dies ist eher die Cricket-Version des Harburg-Pokals, als eine echte Hamburger Meisterschaft. Aber auch der Harburg-Pokal ist eine ernstzunehmende Veranstaltung.

In Indien ist Cricket Nationalsport. „Warum wir Cricket spielen, kann man nicht wirklich erklären“, sagt Joseph Arem, Mannschaftskapitän der „Johnny Walkers". „Genauso gut könnte man einen Deutschen fragen, warum er Fußball spielt. Wir haben als kleine Jungs damit angefangen und wir spielen heute noch.“

Airbus und die technische Universität sind die Hauptkristallisationspunkte für indische Einwanderer im Süden Hamburgs. Arem schätzt die Zahl der indischen Ingenieure, Forscher und Studenten in Harburg auf 500. Jeden Sonntagvormittag wird auf dem Schwarzenberg gespielt. Einmal im Jahr wird dann die „Hamburg Championship" ausgetragen. Dann wird auch sonnabends gespielt. Das Turnier geht mit Gruppenphase und Finalrunde über mehrere Wochen. Das Finale ist für den 9. August angesetzt.

Der Spielort auf dem Schwarzenberg verlangt den Spielern einige Konzesssionen ab: Der Rasen ist nicht groß genug für ein komplettes Spielfeld, so dass die Wege mit einbezogen werden und man Rücksicht auf Passanten nehmen muss. Unter anderem deshalb wird mit einem Tennisball gespielt, anstatt des üblichen harten Lederballs. Die Freude am Spiel mindert das für die Beteiligten nur wenig.

Cricket war in England schon im 17. Jahrhundert äußerst populär, also lange vor dem Fußball. Es war „der“ Mannschaftssport in der Zeit, in der Großbritannien anfing, sich über die ganze Welt zu verbreiten und verbreitete sich gleich mit. Außer in Nordamerika ist Cricket in allen ehemaligen Kolonien eine der wichtigsten Sportarten und bis heute eine Möglichkeit für die ehemals Kolonialiserten das überaus emotionale Thema der jahrhundertelangen Fremdherrschaft sportlich aufzubereiten: Ob in Australien, Indien oder Jamaika; ein Sieg gegen England wird jedes Mal intensiv und lange gefeiert. In Indien und Pakistan haben gute Cricket-Spieler Popstar-Charakter.

Die Regeln des Spiels sind eigentlich einfach: In der Mitte eines ovalen Spielfeldes sind zwei Schlagmale aufgebaut, die Wickets. Sie sind etwa 20 Meter voneinander entfernt. Eine Mannschaft hat 11 Spieler auf dem Feld: einen Werfer und 10 Fänger. Die andere Mannschaft stellt nur zwei Schlagmänner, die Batsmen. Nur einer von ihnen wird tatsächlich schlagen, der andere ist ein Mitläufer. Der Werfer läuft an und versucht, das Wicket hinter dem Batsman zu treffen. Der versucht, dies zu verhindern, indem er den Ball wegschlägt. Die Mannschaft des Werfers versucht, den weggeschlagenen Ball möglichst schnell zu den Schlagmalen zurückzuwerfen. Solange der Ball noch derart im Spiel ist, können der Schlagmann und sein Mitläufer zwischen den Schlagmalen hin- und herlaufen. Jeder Lauf zählt einen Punkt. Bälle über die Spielfeldgrenze hinaus bringen vier oder sechs je nachdem ob der Ball im Spielfeld noch einmal den Boden berührte, oder nicht. Im Laufe eines Spiels tauschen die Mannschaften einmal die Rollen.

Trifft der Werfer das Wicket am Schläger vorbei, oder mit dem zurückgekommenen Ball, während die Batsmen noch zwischen den Wickets laufen, ist der Schlagmann abgeworfen und muss durch den nächsten seiner Mannschaft ersetzt werden. Dasselbe gilt, wenn der Schläger ungeschickterweise selbst das wackelige Wicket zu Fall bringt oder sein Schlagball in der Luft gefangen wird bevor er den Boden berührte. Auch darf der Schläger nicht – zum Beispiel mit dem Bein – das Wicket verdecken. Der Wurf muss mit gestrecktem Arm erfolgen und der Werfer darf nicht übertreten. Kompliziert wird das Spiel nur durch unterschiedliche Spiellängen: Ein Länderspiel kann schon mal über mehrere Wochen gehen. Die Gefahr besteht am Schwarzenberg nicht: Die Spiellänge beträgt eine Stunde, gewechselt wird nach einer halben. Gespielt wird ab 7.30 Uhr.