Eine Glosse von Lars Hansen

Waren das noch Zeiten: Für 30 Pfennig mit dem Bus zum Freibad, für 30 Pfennig da hinein, 30 Pfennig für die Rückfahrt beiseite legen und 10 Pfennig von der Mark für Kaugummi im Schwimmbadkiosk übrig haben. Ja, so alt bin ich. Meine Kinder wollen mir das kaum glauben. Die muss ich ja kilometerweit zum nächsten Freibad mit dem Auto fahren, weil meine Heimatstadt an den Bädern spart und der Nachbarort an den Bussen.

Als ich klein war, gab’s noch Geld für alles. Wir hatten zwar keines, aber die Stadt hatte Busse, Bäder und Bolzplätze. Der Sommer war gerettet. Während ich in der Tiefe des Sprungbeckens Jacques Cousteau spielte, übten meine Kumpels auf dem Dreier die Arschbombe und auf dem Fünfer den Tarzanköpper.

Das Wichtigste: das Kaugummi. Das holten wir uns, ohne dass es einer Absprache bedurfte, nach dem ersten Wassergang. Das Kaugummi schmeckte billig und beschämend aber darauf kam es nicht an: Wir wollten das Abzieh-Tattoo. Das gab es als Totenkopf, Tiger, Anker oder Haifisch. Wir haben das je nach Geschmack auch untereinander getauscht. Einmal nassgemacht, draufgedrückt, bis zehn gezählt und voilà: Schon waren wir groß und gefährlich. „Wenn ich groß bin, wer’ ich Rogger!“, war unser Motto.

Sieht man sich heute mal um, machen Tiger, Totenkopf, Anker und Hai nichts mehr her. Jeder Hutmacher trägt heute Tinte in der Epidermis. Ist ja auch kein Wunder: In meiner Stadt kommt man schneller mit dem Bus zum Tätowierer, als ins Freibad.