Vor der Kür der Kandidaten für die Bürgerschaftswahl bringen sich die Genossen in Stellung. Die Zeichen stehen auf Zwist

Harburg. Der Wahlkampf für die Bürgerschaftswahl im Februar 2015 hat noch nicht begonnen, schon scharren die möglichen SPD-Bürgerschaftskandidaten mit den Hufen. Derzeit vertreten Dr. Melanie Leonhardt, Frank Wiesner, Doris Müller – sie zogen bei der Bürgerschaftswahl 2011 über die Landesliste in die Bürgerschaft – sowie Matthias Czech, Sören Schumacher, Brigitta Schulz und Birte Gutzki-Heitmann den Bezirk Harburg im Hamburger Rathaus. Sie erhielten je ein Direktmandat. Kaum ein Genosse geht davon aus, dass im Februar wieder sieben Kandidaten auf SPD-Ticket ein Mandat für die Bürgerschaft bekommen werden. Es wird also eng auf den guten Plätzen der Kandidatenlisten für Harburg. Die offizielle Aufstellung der SPD-Kandidaten ist für September geplant. Aber schon jetzt rumort es hinter den Kulissen.

„Auf uns rollt gerade wieder dasselbe Problem wie vor der Bezirkswahl zu. Wir verzeichnen in zwei Distrikten vermehrte Eintritte“, sagt ein SPD-Mitglied, das namentlich nicht genannt werden will. „Es herrscht in der Tat nicht Friede, Freude, Eierkuchen in der Harburger SPD im Vorwege der Bürgerschaftswahl“, bestätigt der SPD-Bezirksabgeordnete und Vorsitzende der Bezirksversammlung, Manfred Schulz. Umso mehr, so Schulz, sei es jetzt wichtig, dass die Partei zusammenrücke. „Wenn wir diese Wahl gewinnen wollen, müssen wir in Harburg vernünftig agieren, zum Wohle der Wähler“, so der SPD-Abgeordnete.

Bei der Kür der Kandidaten für die Bezirkswahl hatten, wie mehrfach berichtet, einige Genossen in ihren Distrikten Mitglieder angeworben, die ihnen mit ihren Stimmen gute Listenplätze sichern sollten. So kam es, dass bei der Abstimmung über die Kandidaten im Distrikt Harburg-Mitte, der bis dahin relativ unbekannte Martin Celik den langjährigen Fraktionschef in der Bezirksversammlung, Jürgen Heimath, von Platz eins verdrängen konnte. Solche Manöver und die erbitterten Grabenkämpfe um gute Listenplätze stürzten die Harburger SPD Anfang des Jahres in eine ihrer schwersten Krisen.

Ähnliches befürchten Genossen auch bei der Aufstellung der Bürgerschaftskandidaten in den beiden Harburger Wahlkreisen. Matthias Czech hatte schon im Vorwege versucht, sich einen guten Listenplatz zu sichern, in dem er gegen Frank Richter bei der Wahl des Harburger Kreis-Vorsitzenden kandidieren wollte. Dem Kreis-Chef steht, so er denn Ambitionen auf die Bürgerschaft hat, traditionell ein guter Platz auf der Liste zu. Czech zog überraschend zurück und gab sich mit dem Posten des Stellvertreters zufrieden. Ob Richter ihn jetzt als Gegenleistung bei der kommenden Bürgerschaftswahl unterstützen wird, bleibt abzuwarten. Nach der Wahl hatte Frank Richter verkündet, Czech und er würden alles daran setzen, die Wogen zu glätten. Lange hielt der Pakt nicht, denn wenige Monate später beteiligte sich Czech an dem Versuch, die Wiederwahl von Jürgen Heimath zum Fraktionschef in der Bezirksversammlung zu verhindern. Gemeinsam mit anderen Genossen, darunter der ehemalige SPD-Bezirksabgeordnete Muammer Kazanci, der SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi und der ehemalige Bezirksamtsleiter Michael Ulrich, zauberte er mit Arend Wiese einen Gegenkandidaten aus dem Hut. Später zog Wiese zurück, Heimath wurde gewählt. Dem Zufall aber scheint Czech seine Wiederwahl in die Bürgerschaft nicht überlassen zu wollen. In Neugraben, Fischbek und Hausbruch hat er schon mal plakatiert und damit den Ärger einiger Genossen auf sich gezogen. In der SPD besteht eine Abmachung, erst sechs bis acht Wochen vor einer Wahl Plakate in den Wahlkreisen aufzustellen.

Auch Brigitta Schulz, 2011 für den neuen Harburger Bezirksamtsleiter Thomas Völsch in die Bürgerschaft nachgerückt, kündigt an, wieder kandidieren zu wollen. Als Seiteneinsteigerin hat sie sich in ihrem Wahlkreis in Süderelbe einen guten Ruf erarbeitet. Und ihr Fraktionskollege in der Bürgerschaft, Sören Schumacher, will sich ebenfalls wieder aufstellen lassen. Ob er sich in seinem Distrikt wieder gegen Frank Wiesner auf der Wahlkreisliste durchsetzen muss, wie vor den beiden vorangegangenen Bürgerschaftswahlen, ist noch ungewiss. 2007 und 2011 bekam Schumacher in seinem Distrikt Harburg-Süd (Marmstorf) mehr Stimmen als Wiesner, der daraufhin einen Platz auf der Landesliste bekam. Auf einen guten Platz auf der Landesliste setzen die Harburger Genossen im Fall Dr. Melanie Leonhardt, die jüngst Richters Posten als stellvertretender Landesvorsitzender übernommen hat. Sie leiste gute Arbeit, heißt es in der Harburger SPD.

Parteiintern gilt es längst als offenes Geheimnis, dass auch Muammer Kazanci Ambitionen auf ein Bürgerschaftsmandat hat. Das Mitglied des Kreisvorstandes hatte es bei der Bezirkswahl im Mai nicht wieder in die Bezirksversammlung geschafft. Jetzt erwarten die Harburger Genossen von ihrem Kreis-Chef Frank Richter nicht nur, dass er maßgeblich die Koalitionsverhandlungen mit der CDU auf Bezirksebene zu einem guten Ende bringt. Es geht auch einmal mehr darum, Wogen zu glätten.