Mit dem Theaterstück „Romeo und Jasmin“ inszeniert das Gymnasium Meckelfeld den Konflikt zwischen den Kulturen

Meckelfeld. Seine Schwester laufe herum wie ein Wanderpokal, wirft Hassan seinem Mitschüler Dennis vor. Zu freizügig erscheint ihm der in Deutschland übliche figurbetonte Kleidungsstil. Längst ist klar: Beide Jungen besuchen dieselbe Schule, stammen aus dem gleichen Kulturkreis – aber leben dennoch in verschiedenen Welten. Während in Hassans Familie eine strenge sittliche Moral für die gesellschaftliche Ehre der gesamten Familie entscheidend ist, empfindet Dennis die westliche Lebensart nicht verwerflich.

Die Szene stammt aus dem Theaterstück „Romeo & Jasmin – Mord an der Ehre“ des Hamburger Lehrers Markus Tiedemann, das das ernste Thema Ehrenmord auf die Bühne bringt. 17 Schüler des Gymnasiums Meckelfeld und ihre Lehrerin Michaela Roman inszenieren jetzt das im Jahr 2010 mit dem Bertini-Preis für Zivilcourage ausgezeichnete sozialkritische Stück, das zwar Motive aus Shakespeares „Romeo und Julia“ aufgreift, am Ende aber mit einer völlig anderen Tragik endet.

Das Theaterstück bezieht sich auf den sogenannten Ehrenmord an der 16 Jahre alten Deutsch-Afghanin Morsal Obeidi, die im Jahr 2008 in Hamburg von ihrem eigenen Bruder mit 20 Messerstichen getötet worden war. Der Mord sorgte international für Aufsehen. Das Opfer hat heute einen eigenen Eintrag in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia. Als Tatmotiv galt, die Jugendliche habe sich der „westlichen Lebensart“ zu sehr angenähert.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass weltweit jedes Jahr 5000 Mädchen und Frauen wegen der angeblichen Verletzung der sittlichen Ehre ermordet werden. Dabei fallen nicht nur Frauen sogenannten Ehrenmorden zum Opfer. Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht aus dem Jahr 2011 waren 43 Prozent der Opfer bei Ehrenmorden in Deutschland männlich.

Die Meckelfelder Gymnasiasten des 11. Jahrgangs haben sich im Fach Darstellendes Spiel selbst für das sozialkritische Stück ausgesprochen. Die Schwierigkeit liege nicht in den Texten, da niemand einen eineinhalb Seiten langen Monolog aufsagen müssen, sondern die extremen Gefühle glaubhaft darzustellen, erklärt Michaela Roman. Die 42-Jährige unterrichtet neben Darstellendes Spiel noch Deutsch und Geschichte.

Die Figuren in dem Schauspiel treten nicht in eindeutig erkennbaren muslimischen und westlich geprägten Gemeinschaften auf. Nur in einer Szene trägt Jasmin ein rotes Tuch über Kopf und Schultern, dass die ganze Last, zwischen zwei Kulturen zu stehen, symbolisiert. Die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Kulturkreisen wird nur an blauen oder roten Bekleidungsstücken sichtbar – so ist eine diskriminierend wirkende Einteilung nach äußeren Kennzeichen wie die Haut- oder Haarfarbe ausgeschlossen.

Die Meckelfelder übernehmen den Regieeinfall des Originalskripts, nennen die sich gegenüberstehenden kulturellen Gemeinschaften aber nicht „Blaufische und „Rotfische“. Das erschien ihnen zu kindlich. So sind es jetzt der Meckelfelder Fassung „Blauländer“ und „Rotländer“, die kulturelle Gräben nicht überwinden können.

„Bösewichter gibt es in diesem Stück nicht“, sagt Michaela Roman. Und tatsächlich wirkt der eine uns fremde archaische Sittlichkeit vertretende Rotländer Hassan gar nicht einmal unsympathisch, wenn er der intriganten Blauländerin Sandy erklärt, dass er von ihr nichts halte.

Der Einsatz von viel Musik lockert das Schauspiel gerade für junge Zuschauer auf. Und trotz aller Tragik und Ernsthaftigkeit darf auch geschmunzelt werden: Absurd mutet die Szene an, als die Lehrerin zusammen mit der neuen Sozialpädagogin mit einem Kuschelhasen vergeblich versuchen, die Konflikte auf dem Schulhof zu verstehen.

„Romeo & Jasmin – Mord an der Ehre“ von Markus Tiedemann, Donnerstag, 24., und Freitag, 25. Juli, jeweils 19.30 Uhr, Gymnasium Meckelfeld, Appenstedter Weg 100, Eintritt: 2 Euro (Schüler), 3 Euro (Erwachsene)