Hafengrün-Veranstalter Jörn Behrens über erschwerende Auflagen der Politik und Gagenforderungen von DJs

Wilhelmsburg. Techno-Festivals sind heute keine wilden Veranstaltungen mehr, bei denen das Partyvolk nach geheimer Absprache im Internet ein frei stehendes Gelände besetzt und ein paar Plattenspieler auf der Wiese improvisiert unter Strom setzt. Techno ist längst erwachsen geworden und damit ein ernsthafter Geschäftszweig.

Zur Freiluft-Saison in Hamburg treffen sich mehrere tausend Menschen Anfang August beim Hafengrün-Festival, um auf dem Gelände der alten Oelkers Werft in Wilhelmsburg drei Tage lang zu elektronischer Tanzmusik zu feiern. Das Abendblatt sprach mit Veranstalter Jörn Behrens über erschwerende Auflagen der örtlichen Politik, warum Lesungen zu Techno passen und was DJs an Gagen verlangen.

3000 Besucher an den drei Tagen benötigt Hafengrün-Veranstalter Jörn Behrens nach eigenen Angaben, damit das Festival wirtschaftlich ist. Er investiert in Miete für das Gelände, Kosten für Anträge und Lärmgutachten, die Logistik, Technik, das Personal und Werbung. Der 33-Jährige weiß mit dem finanziellen Risiko umzugehen, weil er gelernter Veranstaltungskaufmann ist. Sieben Jahre hat er für das Hamburger Büro Miks Konzepte gearbeitet, bevor er sich selbstständig gemacht hat.

Behrens stellt den Musikern die Infrastruktur auf und geht das Risiko. Das meiste Geld verdienen aber die Künstler. 30 bis 60 Prozent des Budgets erhalten die DJs, sagt Behrens. Bei einem Festival in der Größenordnung von Hafengrün verdient ein Techno-Musiker für seinen Auftritt zwischen 500 und 2000 Euro. Wie das Musikmagazin Groove in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, kassieren die 50 prominentesten DJs der Welt Gagen von 30.000 oder gar 40.000 Euro pro Auftritt.

Techno ist globaler geworden im Vergleich zu den 1990er-Jahren und den Nullerjahren, als die Musikbewegung populär wurde. Südamerika und die USA sind als Märkte hinzugekommen. Die Konkurrenz für Veranstalter um die besten Namen in der zeitlich begrenzten Freiluftsaison ist größer geworden.

Musiker aus London oder Berlin hat Jörn Behrens für das Hafengrün engagiert. Der Veranstalter zahlt auch Flüge oder Taxi-Transfers von Hotel. Selbst Underground-DJs treten mit bisweilen bizarren Forderungen an den Hafengrün-Macher heran: 10.000 Euro Gage, Unterkunft in einem Vier-Sterne-Hotel und Transport in einem Oberklassewagen wollte sich einer in seinem Vertrag festschreiben lassen. „Wir haben abgelehnt“, sagt Jörn Behrens.

Hamburg spielt im Techno nicht in der ersten Liga. Als Festival-Veranstalter hier einen Techno-Künstler 10.000 Euro zu zahlen, sei sicherer Selbstmord, sagt Jörn Behrens. „Hamburg liebt den Hype nicht“, erklärt er. Das sei in Berlin anders, wo eine Stadt seine Acts feiere und Techno längst Teil des Tourismuskonzepts sei.

Jörn Behrens sieht die hysterische Aufgeregtheit der Berliner Szene skeptisch. Aber etwas mehr Unterstützung der Behörden für Techno-Festivals in Hamburg sähe er schon gern. „Hamburg muss aufpassen, dass die Subkultur nicht abwandert“, sagt er.

Ein „paar tausend Euro“ hat der Hafengrün-Veranstalter für ein Gutachten bezahlt, das ihm bescheinigt, dass vom dem im Hafen gelegenen Festivalgelände keine unzulässige Lärmbelästigung auf die Wilhelmsburger Siedlungen ausgehe. Trotzdem hat der Wilhelmsburger Regionalausschuss dem Hafengrün-Festival die Auflage erteilt, dass die Party um 22 Uhr enden müsse.

Die politische Auflage bedeute einen schweren finanziellen Verlust. Der Veranstaltungskaufmann beziffert die Umsatzeinbußen auf 40 bis 60 Prozent. Der Bierverkauf läuft abends eben besser. Davon abgesehen geht der Zauber von Lichteffekten verloren. „Ein Festival“, sagt Jörn Behrens, „blüht in der Nacht doch erst richtig auf.“

Dem Verlust des Nachtzaubers setzt der Kulturschaffende eine „Mindzone“ entgegen. Als Gegengewicht zur reinen Freude am Tanz gibt es voraussichtlich in einem großen Tipi Lesungen, Poetry-Slam und Workshops. Jörn Behrens plant, möglicherweise ein Improvisationstheater zu engagieren. „Zu einem richtigen Festival gehört doch auch, dass die Leute etwas für die spirituelle Intelligenz mitnehmen“, sagt Jörn Behrens. Techno ist eben erwachsen geworden.

Hafengrün Festival, 1. bis 3. August, Neuhöfer Damm 98 in Wilhelmsburg, mit Kruse & Nuernberg, Teenage Mutants, David Keno u.a., VVK: Tageskarte 7 Euro bis 12 Euro, Kombiticket: 21 Euro