IBA Hamburg präsentiert Entwicklungskonzept. Ob es Realität wird, entscheidet der Senat Ende des Jahres

Georgswerder. Bei der städtebaulichen Entwicklung des Wilhelmsburger Ortsteils Georgswerder sollen rund 230 Wohnungen im Geschosswohnungsbau, Reihenhäusern und Doppelhäusern entstehen. Das zumindest ist das Ergebnis eines städtebaulichen Gutachterverfahrens der Gesellschaft Internationale Bauausstellung (IBA) Hamburg, die dazu Entwürfe von drei Büros aus Hamburg, Frankfurt und Berlin eingeholt hat. Die Planung sieht dazu vor, knapp 1,7 Hektar Gewerbefläche am Ortseingang zu schaffen.

In einem nächsten Schritt wird die IBA ein Kosten- und Finanzierungskonzept erstellen. Auf dieser Grundlage wird der Senat Ende des Jahres entscheiden, ob der Ortsteil Georgswerder tatsächlich wie in den Siegerentwürfen vorgesehen wachsen soll. Sollte der Senat mit der geplanten Entwicklung Georgswerders einverstanden sein und sie für finanzierbar halten, könnte die Vermarktung des neuen Baugebiets Ende 2016 beginnen, sagt IBA-Sprecherin Anke Hansing.

Georgswerder auf der Elbinsel Wilhelmsburg bietet eine städtebauliche Lage und Struktur, wie sie in Hamburg einzigartig sein dürfte. Die Siedlung mit heute etwa 1700 Einwohnern erinnert an ein Straßendorf – nur mit dem Vorteil, dass es nur etwa sechs bis sieben Autominuten von der Hamburger City entfernt ist.

Ein hoher Anteil sozialen Wohnungsbaus, eine Sinti-Siedlung mit mehreren hundert Menschen und neuerdings auffällig viele Bulgaren prägen das Ortsbild. Dem huntergekommenen Eindruck an der Hauptstraße, dem Niedergeorgswerder Deich, steht die grüne Achse entlang der Dove-Elbe entgegen, wo Georgswerder mit bunten Häusern und Bootsstegen wirkt wie ein Ferienort.

Die Jury des Gutachterverfahrens, an dem Einwohner Georgswerders beteiligt waren, hat sich für Vorschläge der Büros Raumwerk aus Frankfurt und LRW Architekten und Stadtplaner aus Hamburg entschieden. Drei Entwicklungsgebiete sind demnach vorgesehen: Gewerbeansiedlung am Ortseingang an der Fiskalischen Straße, ein öffentlicher Platz vor dem 1903/04 errichteten Schulgebäude an der Rahmwerder Straße und ein Kirchenwiese genanntes Baugebiet in der Mitte des Straßendorfes.

Für den zurzeit schäbig wirkenden Ortseingang an der Ecke Niedergeorgswerder Deich/Fiskalische Straße sieht der als am besten empfundene Vorschlag des Büros Raumwerk eine drei-bis viergeschossige Bebauung vor. In das Erdgeschoss könnte Einzelhandel einziehen. Oben sollen 38 Wohnungen entstehen.

Während die Schaffung einer neuen Ortsmitte mit einem Quartiersplatz vor dem historischen Schulgebäude und 22 zusätzlichen Wohnungen unstrittig ist, gehen die Meinungen über den Umfang der Bebauung in dem neu zu schaffenden Baugebiet Kirchenwiese auseinander. Bei der öffentlichen Präsentation der Entwürfe machten Bewohner Georgswerders deutlich, dass sie eine weniger dichte Bebauung wünschen als von allen Experten vorgesehen.

Die Jury hat entschieden, das Baugebiet auf Grundlage des Entwurfs des Hamburger Büros LRW zu entwickeln. Dieser sieht insgesamt 170 Wohneinheiten vor: 80 im Geschosswohnungsbaus, 74 Reihenhäuser und 16 Doppelhäuser. Die Grundstücke für Reihenhäuser wären 180 Quadratmeter groß. Das Hamburger Büro sieht eine Bebauung in einzelnen Quartieren vor.

Sogenannte „grüne Finger“, unbebaute, bepflanzte Flächen, sollen das Gebiet auflockern. Der Nachteil aus Sicht von Bewohnern: Die übrige Bebauung wirke besonders dicht und passe nicht in das vorhandene Ortsbild. Einwohner Georgswerders machten deutlich: Ginge es nach ihnen, wünschten sie deutlich weniger als 170 Wohnungen in dem neuen Baugebiet.

230 zusätzliche Wohnungen würde etwa 575 Menschen mehr in dem 1700-Einwohner-Ortsteil bedeuten. Jetzige Einwohner kritisieren, dass die Experten bisher keine Antwort darauf haben, wie der zusätzliche Verkehr abfließen soll. Schon heute müssten die Bewohner Geduld aufbringen, wenn sie morgens auf dem Weg zur Arbeit auf den Niedergeorgswerder Deich abbiegen wollten. Ein Verkehrsgutachten sei nicht Aufgabe des Gutachterverfahrens gewesen, heißt es dazu.

„Beim Baugebiet Kirchenwiese ist noch Überarbeitungsbedarf“, macht auch Helga Schors vom Arbeitskreis Georgswerder klar. Den Menschen in Georgswerder ist aber auch klar, dass nur Wachstum die gewünschte Aufwertung ihres Ortsteils und die Ansiedlung von Läden und eine verbesserte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr bringen kann.

Gleich mehrere Einwohner appellierten bei der Abschlusspräsentation an den Senat, auf zusätzlichen sozialen Wohnungsbau in Georgswerder zu verzichten – davon gebe es jetzt schon genug. Sie wünschen sich „solvente Neubürger“ in ihrer Nachbarschaft.