Landkreis droht Vermieter mit Anzeige. Rumänen arbeiten für Wurstfabrik Schwarz Cranz

Neu Wulmstorf. Auf dem Briefkasten kleben zahlreiche Namen. Mehr als man in einem Wohnhaus in Rübke annehmen könnte. Tatsächlich: Im Haus am Nincoper Deich 2 in Rübke sind zu viele Personen auf zu engem Raum untergebracht. 40 Personen leben in sechs Wohnungen. Das heißt: Sechs bis acht Menschen teilen sich eine Unterkunft. Deshalb droht der Landkreis dem Eigentümer des Hauses am Nincoper Deich mit einer Nutzungsuntersagung. Klar ist: Bei den Bewohnern handelt es sich um rumänische Arbeiter, die für die Wurstfabrik Schwarz Cranz arbeiten. Das Abendblatt traf die Männer beim Abendessen an.

„Das Gebäude in Rübke erfüllt nicht die Anforderung einer Beherbergungsstätte“, sagte Pressesprecher Johannes Freudewald. Das Haus ist lediglich als Wohngebäude genehmigt. Bei einer gewerblichen Nutzung gelten verschärfte Vorschriften, beispielsweise für den Brandschutz. „Der Vermieter muss davon ausgehen, dass wir die Nutzung des gesamten Hauses untersagen.“ Der Vermieter, der nebenan wohnt, war sich keiner Schuld bewusst. Gegenüber dem Abendblatt gab er an, die Wohnungen an eine Firma in Hamm, Nordrhein-Westalen, zu vermieten. Der Eigentümer kündigte an, juristisch dagegen vorzugehen.

Nach den Protesten von rumänischen und bulgarischen Arbeitern vor wenigen Wochen in Neu Wulmstorf hatte ein Mitarbeiter des Landkreises die Wohnungen der Arbeiter inspiziert, unter anderem das Haus am Nincoper Deich. Die Rumänen und Bulgaren hatten wegen Lohnausfälle und von ihnen kritisierten Arbeitsbedingungen vor dem Personaldienstleister BIR Service GmbH in Neu Wulmstorf demonstriert.

Angestellt waren die Arbeiter bei dem Personaldienstleister, arbeiteten aber für Schwarz Cranz. Die Wurstfabrik hatte einen Werkvertrag mit dem Personaldienstleister abgeschlossen, um Produktionsspitzen abzudecken.

Inzwischen hat die BIR Service GmbH, die in Verpackung und Logistik Dienstleistungs-GmbH umbenannt wurde, Insolvenz angemeldet. Bei Fragen zu Wohn- und Mietverhältnissen verweist die Verpackungs- und Logistik Dienstleistungs GmbH auf den vorläufigen Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Gideon Böhm aus Hamburg. Der sagt nur soviel: Es werde alles geprüft.

Die BIR Service GmbH trat als Arbeitgeber und Vermieter zugleich auf. Das teilte Rüdiger Winter, Leiter der Beratungsstelle für mobile europäische Arbeiter, der sich jetzt um die Osteuropäer kümmert, mit. „Deshalb konnten sich die Arbeiter, die keine Zuschläge für Nacht- und Wochenenddienst bekommen haben und wochenlang auf ihren Lohn warteten, auch schwer wehren. Sie mussten damit rechnen, obdachlos zu werden“, sagt Winter. Die Arbeiter seien zum Teil in fensterlosen Kellerräumen und in einer ehemaligen Schweinemastanlage untergebracht worden. „Sie haben sich gefühlt wie Menschen zweiter Klasse.“

Auch Schwarz Cranz könne sich nicht in Unschuld waschen, so Winter. „Nach unseren Informationen muss Schwarz Cranz über die Arbeitsverhältnisse im Bilde gewesen sein.“ Als positives Signal wertet Winter die Verkündung der Wurstfabrik, bis zu 200 der 420 Mitarbeiter fest einstellen zu wollen.