Schülerinnen und Schüler des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums entwarfen Schulhof-Bilder

Wilstorf. Es ist Kunst. Es ist Architektur. Es ist Politik. Und es ist ein Experiment. So zumindest sieht Lehrerin Nicole Seiler die optische Neugestaltung der Schulhöfe des Alexander-von Humboldt-Gymnasiums. Gemeinsam mit dem Architekturkünstler Werner Krömeke entwarf und fertigte ein Wahlpflichtkurs der Mittelstufe die optischen Elemente, die dem Schulhof ein neues Gesicht geben sollen. Dem Kurs voraus ging – wie in der echten Stadtplanung – ein moderierter Beteiligungsprozess mit der gesamten Schulöffentlichkeit.

Über Jahrzehnte prägten die Backsteinfassaden das Antlitz des kurz „AvH“ genannten Gymnasiums am Wilstorfer Hügel, kurz vor der Grenze zu Rönneburg. Allerdings waren die Gebäude über diese Jahrzehnte auch in die Jahre gekommen und ohnehin eine Sanierung fällig, sodass dann auch gleich eine Modernisierung der Wärmedämmung mit in Angriff genommen wurde – immerhin ist das AvH eine Umweltschule. Die Backsteinfassaden verschwanden hinter Isoliermaterial und Putzplatten. Die Wände zeigen sich nun einheitlich in Rot und Blau. Die Umwelt freut das, das Auge langweilt es.

So kam man am AvH auf die Idee, frei stehende Wandelemente, die ohnehin schon die Schulhöfe säumen, als Kunst-Träger zu benutzen. „Wir wollten allerdings nicht von oben herab bestimmen, wie die Elemente aussehen sollen“, sagt Schulleiter Matthias Peters.

„Die Schüler sind ja die hauptsächlichen Nutzer des Schulhofs“, ergänzt Nicole Seiler. „Sie wollten wir als Experten der eigenen Lage einbeziehen.“

Nicole Seiler ist Lehrerin für Deutsch, Theater – und Politik. Moderierte Verfahren sind ihr daher nicht fremd und sie wendete dies beim letzten Sommerfest des AvH an. Alle Feiernden konnten sich einbringen. Heraus kam: Die optischen Elemente sollten sich mit dem Namensgeber der Schule auseinandersetzen: Alexander von Humboldt.

Gleich nach den letzten Sommerferien ging es in die Umsetzung: Gemeinsam mit dem Architekten und Künstler Werner Krömeke begannen die Schülerinnen und Schüler des Wahlpflichtkurses, Entwürfe zu machen. Für Krömeke, der sich in beiden seiner Berufe eingewisses Renommee erarbeitet hat, war das in vielerlei Hinsicht neu: Meistens kann – oder muss – er allein etwas entwerfen. „Und wenn ich mal mit anderen zusammenarbeitete, waren dies zumeist Profis, mit denen man sich auf einer ganz anderen Ebene absprechen konnte“, sagt er.

Hier hatte er es mit Achtklässlerinnen und Achtklässlern zu tun, die sowohl von der Arbeitstechnik als auch von der künstlerischen Reife her eher am Anfang ihrer Entwicklung stehen. „Das war eine interessante Herausforderung. Zuerst war ich sehr skeptisch, aber dann war ich erstaunt, wie schnell die Schüler gerade eben Gelerntes umsetzen konnten und wie schnell sie sich entwickelten.“

Die Schüler geben das Kompliment zurück: „Das war unheimlich lehrreich, was Herr Krömeke uns da vermittelt hat“, sagt die 14 Jahre alte Dilara, die zusammen mit ihren Kolleginnen Fiona und Annika ein Porträt des jungen von Humboldt kopierte, verfremdete und neu arrangierte. „Er hat uns viel über Pinseltechniken beigebracht, aber auch über Farbenlehre.“

Am Anfang eines jeden Entwurfs stand die Auswahl des Motivs. Grundlage waren Porträts Alexander von Humboldts aus verschiedenen Lebensphasen. Zwar hatte es den meisten Schülern vor allem der junge von Humboldt angetan, aber hier und da kamen auch Porträts des reifen Wissenschaftlers zum Zuge. Diese wurden im Pop-Art-Manier farbverfremdet. Die meisten Vorlagen waren ohnehin schwarz-weiß. Auf den „Schulhofgestaltern“ – so heißen die Wandelemente ab jetzt, dominieren die Farben rot und blau – die „Wappenfarben“ des AvH, eine Hommage an die alte Backsteinfassade und Alexander von Humboldts Lieblingsfarbe.

Die verfremdeten Porträts wurden auf wetterbeständige Kunststoffplatten gemalt, die in den letzten Tagen an die Wandelemente montiert wurden. Technische und baurechtliche Gegebenheiten mussten bei der Gestaltung ebenfalls berücksichtigt werden. Auch hier war Krömeke als Experte gefragt und die Schüler mussten mit ihm im Dialog eventuelle Probleme lösen. „Auch das ist ja Teil eines Mitbestimmungsprozesses“, sagt Nicole Seiler.

Beim heutigen Sommerfest des AvH – Beginn: 16 Uhr – werden die Schulhofgestalter offiziell eingeweiht. Damit ist das Experiment Mitbestimmung und Mitgestaltung an dem Gymnasium allerdings noch nicht beendet: Im nächsten Jahr steht die Neugestaltung des Milchtresens an. Die Schüler stehen schon in den Startlöchern. Werner Krömeke freut sich darauf.