Nach den Sondierungsrunden entscheiden die Genossen jetzt darüber, wem sie Koalitionsgespräche anbieten werden

Harburg. Am Mittwochabend wird die Harburger SPD im Kreisvorstand eine Entscheidung darüber fällen, wem sie Koalitionsgespräche anbietet. Derzeit jedenfalls scheint noch alles offen. Zwei mögliche Partner stehen der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg für eine Koalition zur Verfügung. Mit beiden möglichen Partner, CDU und Grünen, gab es mehrere Sondierungsgespräche seit der Bezirkswahl am 25. Mai. Am Dienstagabend sprechen SPD-Kreischef Frank Richter und der Fraktionschef der SPD in der Bezirksversammlung Jürgen Heimath nun noch ein mal mit den Abgesandten der Harburger CDU: Kreischef Ralf-Dieter Fischer sowie seine beiden Stellvertreter André Trepoll und Rainer Bliefernicht.

Es scheinen weder unüberbrückbare inhaltliche oder politische Diskrepanzen gewesen zu sein, die eine zweite Sondierungsrunde aus Sicht der SPD nötig gemacht hätten. Vielmehr haben der Fall Michael Hagedorn bei der CDU und der Fall Kay Wolkau bei den Grünen (das Abendblatt berichtete), bei den Sozialdemokraten für Verunsicherung gesorgt. „Wir brauchten eine weitere Sondierungsrunde wegen der doch etwas rumpeligen Verhältnisse in den anderen Fraktionen. Immerhin muss eine Koalition fünf Jahre Bestand haben und möglichst stabil sein. Es muss auch geklärt sein, dass das Krisenmanagement beim Koalitionspartner im Ernstfall funktioniert“, so Frank Richter. Dabei ist gerade Richter immer noch damit beschäftigt, den Scherbenhaufen in der eigenen Partei zusammen zu fegen. Und der dürfte, nach Monaten des erbitterten Streits unter den Genossen um Listenplätze vor der Bezirkswahl und Pöstchen in der Bezirksversammlung, weit größer sein, als bei CDU und Grünen.

Inhaltlich scheint es zwischen SPD und Grünen am besten zu harmonisieren. „Legt man beide Wahlprogramme über einander, sind die politischen Ziele weitgehend kompatibel“, so Richter. In Sachen Wohnungsbau und Flüchtlingspolitik, so der SPD-Kreischef, sei man sich einig. Zu Problemen könnte die Zusammenarbeit mit den Grünen bei den Punkten Industrie- und Gewerbeansiedlung und Haushalt führen, so Richter weiter. Von einer „großen Übereinstimmung“ spricht auch Grünen-Vorstandssprecher und neues Mitglied der Grünen-Fraktion in der Bezirksversammlung, Robert Klein.

Er ist überzeugt davon, „dass wir der SPD in der Sondierungsrunde klar machen konnten, dass wir kontinuierlich arbeiten können“. Ob das ausreicht, um eine „Grundvertrauen“ zwischen den Koalitionspartnern herzustellen, wie Frank Richter es nennt, ist fraglich. Und gerade in einer Koalition, die am Ende nur ein Zwei-Stimmen-Mehrheit zusammenbringt, braucht es ein stabiles Grundvertrauen.

Weitaus komfortabler wäre da eine Koalition mit der CDU. SPD und CDU bringen 34 Stimmen in der neuen Bezirksversammlung zusammen. Und ein Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer ist dafür bekannt, dass er seine Fraktion auch in Krisenzeiten zusammen halten kann. Allerdings wird die SPD einen Preis für eine Koalition mit der CDU zahlen müssen.

Fischer hat klare Vorstellungen, wie ein Koalitionsvertrag mit seine Fraktion auszusehen hat. „In der Frage der Unterbringung von Asylsuchenden wollen wir ein Gesamtkonzept mit regionaler Mitwirkung im Koalitionsvertrag, ebenso wie einen Kompromiss bei der Wohnungsdichte auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger Kaserne zwischen 450 und 800 Einheiten, und in einem Vertrag zwischen uns und der SPD muss auch eine stärkere Bürgerbeteiligung verankert werden, um mehr Akzeptanz vor Ort zu schaffen“, so Fischer.

Sicherlich könne eine schwarz-rote Koalition nicht alle Harburger Probleme in den nächsten fünf Jahren lösen, sagt der CDU-Politiker. Aber es müssten für wichtige Dinge die Weichen gestellt werden. Ralf-Dieter Fischer: „Die Hafen-Hinterlandverkehre auf der Schiene und den Straßen müssen aus Harburg raus. Letztendlich müssen diese Lösungen auf Landes- und Bundesebene angeschoben werden.“ Eine Verlängerung der U-Bahn nach Harburg, eine Querverbindung zwischen der A1 und der A7, eine bessere finanzielle Ausstattung für Jugendeinrichtungen, zählt Fischer auf. Auch über den Wiederaufbau des Behördlichen Ordnungsdienstes müsse gesprochen werden.

Fischers Interesse an einer Koalition ist ebenso groß, wie das der SPD. „Bei wechselnden Mehrheiten wird allenfalls die Verwaltung gestärkt, und die Kleinen, FDP oder AfD, könnten zum Zünglein an der Waage werden“, sagt er.