Das Straßenkünstler-Festival bot Spektakel – aber ansonsten sehen die Harburger ihre Innenstadt in der Flaute

Harburg. Insgesamt 16 Tänzer, Zauberer, Feuerspucker und andere Artisten haben am Wochenende den verkaufsoffenen Sonntag in Harburg zu einem Spektakel gemacht. Offene Läden am Sonntag und das Festival der Kleinkünstler vor den Geschäften waren der Grund dafür, dass tausende Menschen die Harburger Innenstadt besuchten. Der Alltag im Harburger Zentrum sieht sonst weniger rosig aus: Leerstände und zu viele „Billig-Läden“ prägen das Bild. Auffallend am verkaufsoffenen Sonntag war, dass nur wenige Menschen in der Lüneburger Straße Einkaufstaschen in den Händen trugen.

Das Abendblatt fragte am verkaufsoffenen Sonntag Besucher, was ihnen an Harburgs Innenstadt gefällt und was ihnen zum Einkaufen fehlt. Und weil Fußball momentan das allerwichtigste Thema überhaupt ist, fragten wir nebenbei noch nach dem heimlichen Favoriten auf den Weltmeistertitel.

„Eigentlich ist die Lüneburger Straße eine schöne Flaniermeile“, findet Franziska Winkler aus Harburg“. „Aber die vielen Ein-Euro-Geschäfte und Bäckereien, es gibt ja nichts anderes hier“, widerspricht ihr ihre Freundin Malgorzata Baumann. Sie wünscht sich mehr Leben und Charme für die Innenstadt, „ein schönes Café und Restaurants wären toll“.

Gemeinsam warteten sie gestern vor der knallblauen Hüpfburg vor Karstadt darauf, bis sich ihre Kinder ausgetobt hatten. Anschließend machten sie Halt beim Kinderschminken und schauten dem Seifenblasenkünstler zu. Kristian Winkler begleitete seine Frau und genoss den Tag mit der Familie. In Sachen shoppen wollte er sich nicht äußern, aber bei der Frage nach dem zukünftigen Weltmeister hatte er eine ganz klare Meinung: „Brasilien“.

Kurt und Birgit Bredthauer waren gestern extra aus Döhle angereist. Shoppen wollten sie allerdings nicht, „da fahren wir lieber direkt nach Hamburg oder Lüneburg, selbst in Salzhausen gibt es eine größere Auswahl an Geschäften“. In der Lüneburger Straße haben sie schon bessere Zeiten gesehen: „Da gab es schon Läden, die ganz interessant waren“, erinnert sich Birgit Bredthauer. Auch sie ist in Sachen Fußball eher ahnungslos, da ist der Gatte weitaus bewanderter. Er tippt in Sachen WM auf ein Finale zwischen Deutschland und den Niederlanden, „aber Deutschland gewinnt“.

Ein nicht so kritisches Urteil über die Harburger Innenstadt hat Jennifer Paetow. Zum Einkaufen sei alles vorhanden. Die vielen Lebensmittelmärkte seien vorteilhaft. Nur eines fehlt der 22-Jährigen: „Ein Starbuck-Café für Harburg wäre toll“, sagt die junge Harburgerin, die bis vor einem Jahr gerne das Balzac-Café in der Lüneburger Straße besucht hatte, bevor das Hamburger Unternehmen dort seine Filiale aufgegeben hat.

Die jetzigen Cafés in Harburgs Innenstadt seien nichts Halbes und nichts Ganzes, meint auch Nicole Göttsche aus Eißendorf. Es fehlten schöne Läden, und die Lüneburger Straße wirke schmutzig, schildert die 41-Jährige ihren Gesamteindruck. Dauernd würden Läden in der Fußgängerzone den Betreiber wechseln. Dagegen gefalle ihr das Phoenix-Center. Die Fassade des Harburger Einkaufszentrums sei sogar schöne als die der Europa-Passage in Hamburgs Innenstadt.

Nora Bleß und Joachim Möllmann laufen mit einem gelben Ball durch die Seevepassage. Sie seien auf dem Weg zum Fußballspielen und nicht wegen der offenen Geschäfte unterwegs, erklären die beiden jungen Harburger. Die Lüneburger Straße mache einen vernachlässigten Eindruck, sagt Joachim Möllmann. Die Geschäfte am Sand und vor allem den Wochenmarkt finden die beiden dagegen klasse: „Da ist Leben.“

Slava und Niko schlendern durch die Lüneburger Straße. Niko hat den Eindruck, dass auffallend viele Läden in der Fußgängerzone eröffnen und dann wieder schnell schließen würden. In Harburgs Innenstadt trübe vor allem das heruntergekommene, seit vielen Jahren leerstehende Harburg Center am Harburger Ring das Bild: „Das ist eine ganz große Fläche und da passiert nichts.“

Trotz allem ist seine Freundin Slava davon überzeugt, dass man in Harburgs Innenstadt gut einkaufen könne. Das junge Paar geht auch gerne mal in Harburg aus: Das CinemaxX-Kino und das „Bolero“ seien Pluspunkte. Lob haben die beiden auch für die Gestaltung des Gloria-Tunnels mit buntem Licht, Café und Kunstgalerie: „Das ist gelungen“, sagen Niko und Slava.