Großer Zuspruch für Internationales Café in Tostedt. Sowohl Flüchtlinge als auch Tostedter nahmen Einladung wahr

Tostedt. Ali Mohamed Alnil schlägt den Ball übers Netz auf den grünen Rasen. Punkt. Seine Mannschaft lacht. Auch die Spielgegner, die vergeblich hinter dem Ball her hechteten, lachen. Vor dem Gemeindehaus am Himmelsweg in Tostedt geht es heute nicht ums Gewinnen.

Die jungen Flüchtlinge und Einwohner von Tostedt stehen auf dem Feld, um sich kennen zu lernen, Hemmschwellen und Ängste abzubauen. Eine Gruppe von Tostedtern hat die Flüchtlinge und die Einwohner zum ersten Internationalen Café ins Gemeindehaus der evangelischen Johannesgemeinde geladen.

Rund 20 Flüchtlinge und doppelt so viele Einwohner aus Tostedt sind der Einladung gefolgt. Grillduft hängt in der Luft. Die Atmosphäre ist gelöst. Arabische Sprachfetzen vermischen sich mit deutschen, französischen und englischen. Obwohl bis auf wenige Ausnahmen kaum einer der Asylbewerber Deutsch spricht, kommt es zum Austausch. Manche Tostedter schießen Fotos mit den Flüchtlingen und beugen sich lachend über die Ergebnisse. Vor allem das Volleyballspiel bildet eine gute Brücke für die Sprachbarrieren. „Das ist die beste Art der Begegnung“, findet Walter Reichardt, Rentner aus Tostedt.

Notfalls geht es auch ohne große Worte. „Gack, gack“, ruft eine Helferin und flattert mit angewinkelten Armen, als sie den Flüchtlingen Huhn vom Grill anbietet. „Dankeschön“, sagt Maniga Valoua und nickt anerkennend. Einer seiner treusten Gesprächspartner heute ist Bernd Leber aus Tostedt, der ein Consulting-Büro für Migration und Sicherheit leitet. Er ist einer der wenigen, der fließend Französisch spricht. „Es ist sehr wichtig für mich, dass ich in Kontakt komme mit den Tostedtern“, sagt Maniga Valoua. Vor zwei Monaten kam er von der Elfenbeinküste nach Deutschland. Seine erste Station war Braunschweig. Seit vier Wochen lebt er in Tostedt.

Viele der Flüchtlinge, die in den Containeranlagen am Helferichheim und Elsterbogen wohnen, kommen aus den Krisen- und Kriegsgebieten der Elfenbeinküste. Die größte Gruppe bilden allerdings die Syrer. Die Vereinten Nationen führen den massiven Anstieg der Flüchtlingszahlen weltweit hauptsächlich auf den Krieg in Syrien zurück. 2,5 Millionen Menschen seien durch ihn zu Flüchtlingen geworden. Drei Jahre dauert der Bürgerkrieg in Syrien bereits an und hat nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 100.000 Menschen das Leben gekostet.

Waheed Alsaker braucht nur sein Hosenbein hoch zu schieben, um deutlich zu machen, was er in seinem Heimatland Syrien erlitten hat. Die zwei tiefen langen Narben halten seine Erinerung an den Folterterror im Gefängnis wach. 62 Tage hielt das Regime ihn und seinen Bruder Waseem Alsaker gefangen. Einer seiner Freunde starb. „Ich weiß nicht, wie ich überlebt habe“, sagt er. Er schaut über seinen Brillenrand hinweg ins Leere und zählt drei Gründe auf, weshalb er verfolgt wurde: Er war Student, demonstrierte gegen das Regime des Präsidenten Baschar al-Assad, vor allem aber half er Soldaten, zu entkommen. Jetzt ist er froh, hier zu sein. „Ich habe viele Freunde gefunden und lerne Deutsch“, sagt er.

Zugleich lässt ihn der Bürgerkriegszustand in Syrien nicht los. Seine Eltern sind immer noch dort. Sie warten darauf, in ein Flüchtlingsboot steigen zu können. Spätestens seit den Bootsunglücken vor Lampedusa weiß jeder, wie riskant eine Flucht nach Europa ist. Wann immer seine Freunde aus Syrien Probleme haben, sich zu verständigen, holen sie Waheed. Er ist der einzige unter ihnen, der die deutsche Sprache beherrscht.

Schon, als er noch in einem Vorort von Damaskus lebte, zog es ihn nach Deutschland. Er mag die Sprache. Stellt man ihm eine Frage auf Englisch, antwortet er auf Deutsch. Zudem lebt seine ältere Schwester seit acht Jahren in München. Sein Ziel: in Deutschland sein Betriebswirtschaftsstudium fortzusetzen.

Den großen Zuspruch für das erste Internationale Café sieht Pastor Gerald Meier als Bestätigung und Ermutigung, das Café fortzusetzen. „Es ist ganz klar, dass wir weiter machen“, sagt er.