10 Jahre Buchhandlung am Sand. Wie Katrin und Georg Schmitt auch in der nächsten Dekade am Markt bestehen wollen

Harburg. Einen Zusammenhang zwischen frischem Gemüse, knackigem Obst und einem florierenden Buchhandel herstellen, mutet auf den ersten Blick esoterisch an. Aber er ist real. Und das nicht nur, weil eine Markthändlerin den Spitznamen „blutige Dörte“ trägt, weil sie Krimis verschlingt. Wenn auf dem Wochenmarkt in Harburg Bananen und Brokkoli ihren Absatz finden, läuft nebenan in der Buchhandlung am Sand das Geschäft mit Büchern besonders gut. Zur Marktzeit sei die Kundenfrequenz top, sagt Buchhändler Georg Schmitt.

Seit zehn Jahren existiert die Buchhandlung am Sand. Die Nähe zum Wochenmarkt und zum benachbarten Karstadt-Kaufhaus nennt Georg Schmitt, 38, als einen Standortvorteil. Er trägt mit dazu bei, dass die Geschäftsentwicklung der Buchhandlung leicht nach oben zeige. „Man wird davon nicht reich aber glücklich“, sagt Inhaberin Katrin Schmitt und lacht.

Mächtige Großhändler im Internet, allen voran Amazon, galten noch vor einigen Jahren als die Totengräber der keinen selbstständigen Buchhändler. Mittlerweile sehen Buchhändler die Konkurrenz im Internet gelassener. Nach Angaben des Börsenvereins verlief im Jahr 2013 die Umsatzentwicklung bei den stationären Händlern sogar erstmals besser als im Online-Buchhandel, der im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozent eingebüßt hat. Dieser Trend setzte sich auch in diesem Jahr bislang fort.

Auch Katrin Schmitt empfindet Amazon nicht als unmittelbare Konkurrenz. Ihre Buchhandlung habe eine andere Kundschaft als der Online-Buchgigant. „Bei uns kaufen Menschen, die Spaß daran haben, sich beraten zu lassen und ein Buch anzufassen.“

In dem persönlichen Urteil von Karin und Georg Schmitt sowie ihrer drei Mitarbeiterinnen über die Buchneuerscheinungen liegt das eigentliche Geschäftsgeheimnis der kleinen Harburger Buchhandlung. Ihre Empfehlungen setzen die einflussreichen Bestsellerlisten außer Kraft. „Wir machen unsere eigenen Bestseller“, sagt Georg Schmitt selbstbewusst. In der Buchhandlung am Sand kommen die Neuerscheinungen auf den Präsentiertisch, die von den eigenen Mitarbeitern als gut befunden wurden.

Es seien vor allem Kriminalromane und Familienromane, die in Harburg gefragt sind. Sachbücher liefen deutlich weniger gut, sagt Georg Schmitt. In diesem Segment sei die Entwicklung rückläufig. Sachbücher über den Ersten Weltkrieg fänden zurzeit eine größere Nachfrage. Das hänge mit der Aufmerksamkeit des Themas in den Medien zusammen.

20 Bücher schafft Georg Schmitt im Jahr zu lesen. Sorgfältig, denn die Kunden würden sofort durchschauen, wenn er ein Buch nur quer gelesen habe, sagt der Buchhändler. Georg Schmitt hat ein Literatur aus den skandinavischen Ländern. Weil Autoren aus dem Norden einen besonderen, schön schrägen Humor hätten, sagt er. Skandinavische Jugendbuchautoren, ergänzt Katrin Schmitt, hätten die Fähigkeit, selbst schwierige Themen wie Tod und Krankheit lauschig zu schildern.

Buchhändler müssen den Trend zum Erlebniseinkaufen aufgreifen

Erstaunlicherweise profitiert die Buchhandlung am Sand mehr von der Nähe des Wochenmarktes als von der Technischen Universität im Stadtteil. Fachliteratur zu den Ingenieurwissenschaften gehe in der Harburger Buchhandlung so gut wie gar nicht über den Verkaufstisch. Von den mehr als 6000 Studierenden im Stadtteil Harburg profitiere die Buchhandlung nicht, sagt Katrin Schmitt.

Georg und Katrin Schmitt sind zuversichtlich, dass ihr Buchhandel auch in den nächsten zehn Jahren am Markt bestehen wird. Immer mehr Menschen änderten ihr Konsumverhalten, hat Katrin Schmitt erkannt. Sie würden bewusst den Einzelhändler in der Nachbarschaft unterstützen und nicht beim anonymen Großhändler kaufen.

Ein Trend, den auch Buchhändler aufgreifen sollten, sei der Wunsch zum Erlebniseinkaufen. Deshalb spielt Georg Schmitt mit dem Gedanken, seine Veranstaltung „Lesezeit“ öfter als zweimal im Jahr anzubieten. Dabei kommen die Mitarbeiter der Buchhandlung am Sand mit etwa 40 Stammkunden und Gästen zusammen, um jeweils ihre Lieblingsbücher vorzustellen. Dazu gibt Snacks und Cocktails. Ein anderer Trend ist die Verkaufsparty im Wohnzimmer von Kunden – sozusagen eine Tupper-Party mit Literatur.

Eine Nachfolgeregelung haben Karin und Georg Schmitt auch schon getroffen: Ihr zwei Jahre alter Sohn Jesper ist auf der Internetseite der Buchhandlung bereits unter denjenigen gelistet, die „noch etwas zu sagen haben.“