Eine Glosse von Fabian Schindler

Ich gebe zu, wenn die Mannschaften ins Stadion einlaufen, sich aufstellen, wenn die Landesfahnen auf dem Rasen ausgebreitet sind und die Nationalhymne erklingt, dann wäre ich lieber im Stadion denn daheim vorm Fernseher. Dafür gibt es einen einfachen Grund. Im Stadion werde ich nicht so aufdringlich penetrant mit den Gesangskünsten der Fußballspieler konfrontiert.

Seit einigen Jahren sind Fernsehanstalten und auch die FIFA der Ansicht, dass es ungemein bereichernd sei, in die Wohnzimmer aller Welt die Originalklänge der Kicker-Kehlen zu übertragen, wenn diese die Nationalhymne mehr schlecht denn recht dahinröhren. Was ich da zu hören bekomme, sorgt für aufgestellte Nackenhaare und hat verzweifeltes Hechten nach der Fernbedienung zur Folge, um endlich den Ton abzustellen.

In meiner Naivität hatte ich einst gedacht, dass der schreckliche Klang, der aus den Lautsprechern meines Fernsehers drang, der Qualität meines betagten Röhrenfernsehers geschuldet sein könnte. Doch der Kauf eines modernen LED-Fernsehers mit Supi-Dupi-Dolby-Soundsystem für viele teure Euro hat den Klang nicht im Geringsten verbessert.

Im Gegenteil: Meine Ohren schmerzen seitdem noch mehr. Wäre das richtige, sprich tontreffende Singen der Nationalhymne Grundvoraussetzung für den Erhalt der Staatsbürgerschaft, die Kicker fast aller Auswahlmannschaften der Welt würden ihren Pässe verlieren und als staatenlos gelten.

Ich bin daher ein großer Fan von Fußballspielen mit den Mannschaften von Spanien, San Marino, Puerto Rico, Somalia, Mauretanien und der Vereinigten Arabischen Emirate. Die haben nämlich alle – Gott sei Dank – keinen Text für ihre Nationalhymnen.