Flüchtlinge drängen sich in langen Warteschlangen. Die Linke fordert rasches Handeln für Verbesserungen

Harburg. Mit weiter steigenden Flüchtlingszahlen gerät nun auch Hamburgs neu geschaffene Zentrale Erstaufnahme an der Harburger Poststraße 1 wegen einer zu geringen Zahl ausgebildeter Sachbearbeiter in Not. Hinzu kommt, dass Hamburgs Sozialbehörde keinen Platz hat, derzeit etwa 600 anerkannte Asylbewerber in Wohnunterkünften unterzubringen. Diese Menschen beanspruchen nach den Worten von Swantje Glissmann, Sprecherin des Einwohnerzentralamts, nun die Kapazitäten der von der Innenbehörde betriebenen Zentralen Erstaufnahme (ZE) mit ihren Unterkünften an der Harburger Poststraße, der Sportallee und dem Wohncontainer-Quartier an der Schnackenburgallee sowie einer Außenstelle in Nortorf/Horst in Mecklenburg Vorpommern. Flüchtlinge sind in der ZE nach Gesetz mindestens sechs Wochen, maximal drei Monate in Gemeinschaftsunterkünften einquartiert, während das „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ ihren Asylantrag prüft. Anschließend werden sie in Wohnunterkünften untergebracht, für die in Hamburg die Sozialbehörde zuständig ist. Senator Detlef Scheele (SPD) machte in einem Interview bereits deutlich, dass Hamburg derzeit 4000 zusätzlich Plätze in Flüchtlingsunterkünften fehlen. Für 1600 Plätze davon wisse die Stadt nicht, wo sie gebaut werden könnten. Er schließt nicht aus, wieder Wohnschiffe im Hafen anlegen zu lassen.

Bereits die erste Kontaktaufnahme der Flüchtlinge in der Zentralen Erstaufnahme in Harburg, bei der unter anderem ihre Personalien aufgenommen werden, bereitet wegen nicht ausreichender personeller Besetzung große Schwierigkeiten. Flüchtlinge warten bereits in den frühen Morgenstunden vor der erst um 8 Uhr geöffneten Tür in langen Schlangen. Beim Öffnen der Tür kommt es nicht selten zu Gedränge und wie die Linke-Fraktion der Bürgerschaft mitgeteilt hatte, waren (wie berichtet) in dem Gedränge eine Frau und ihr Kind schwer verletzt worden.

Gestern hatte sich Cansu Özdemir, Bürgerschaftsabgeordnete der Partei Die Linke, in der neuen Zentralen Erstaufnahme in Harburg umgesehen, um sich bei einer Besichtigung der Einrichtung ein Bild von den Verhältnissen vor Ort zu machen. Sie sagte anschließend: „An der Unterbringung der Flüchtlinge in der Zentralen Erstaufnahme in Harburg ist vermutlich nichts zu bemängeln. Aber es wird deutlich, dass es zu wenig Personal gibt, um die Flüchtlinge zu beraten und die Anträge zu bearbeiten. Das Problem ist hier nicht die Unterbringung sondern die Bearbeitung.“

Zum Zeitpunkt ihres Besuchs gestern Vormittag herrschte kein Flüchtlingsandrang. Aber an der Tür des Haupteingangs, der noch mit gelbem Kunststoff der Post einfasst ist, lassen sich Schäden erkennen, die durch den Druck der ins Haus drängenden Menschen entstanden sind. Der Kunststoff ist eingedrückt und notdürftig mit silberfarbenen Klebeband repariert. Von einem Shuttlebus und einem Taxi wurden gestern Flüchtlinge mit ihrem in blaue Plastiksäcken verpackten Hab’ und Gut abgeholt. Sie sollten zum Quartier an der Schnackenburgallee gebracht werden. Özdemir: „Die Situation für Flüchtlinge in Hamburg muss dringend verbessert werden.“

Der Zustand sei ihren Worten nach nicht nur für die Flüchtlinge sondern auch für die Beschäftigten absolut unzumutbar und sie befürchtet, dass die Situation in Harburg bei weiter steigenden Flüchtlingszahlen eskalieren wird. Die Fraktion Die Linke hat zum Thema eine schriftliche Kleine Anfrage an den Senat gerichtet.

Sozialsenator Detlef Scheele weist bereits auf Nachforderungen in den Haushaltsberatungen des Senats hin. Hamburg gebe seinen Worten nach dieses Jahr insgesamt 250 Millionen Euro für Flüchtlinge aus. Seine Behörde bereite für kommende Woche die Nachforderung vor. Wegen der extremen finanziellen Belastung müsse allerdings auch über eine Kostenbeteiligung des Bundes gesprochen werden.