Die HADAG-Linie von Cranz nach Blankenese leidet unter dem Wasserstand der Este. Bürger fordern Abhilfe

Cranz. Das hatte sich Hamburg-Besucher Robert Klein aus Ludwigshafen so schön gedacht: Während Frau Klein die Mönckebergstraße und die Passagen der Innenstadt unsicher macht, schnappt sich der Pfälzer ein Stadtrad, fährt mit der S-Bahn nach Neugraben und radelt dann durch die Obstmarschen nach Cranz zur Fähre, um von dort über Blankenese zurückzukommen. Nachmittags wollen sich die Kleins fertig machen für die Frühabend-Vorstellung vom König der Löwen. Bis Cranz klappte der Plan auch ganz prima, nur fährt hier keine Fähre. Jedenfalls jetzt nicht: Niedrigwasser. Die handgeschriebene Tafel verweist für die Zeit von 11 bis 16 Uhr auf den Anleger Neuenfelde. Der, so kann Klein von Einheimischen in Erfahrung bringen, ist gar nicht so weit weg. Dort steht er nun mit seinem roten Leihrad und guckt auf die nächste Tafel: Von 11.30 bis 15.30 Uhr fährt auch hier nichts - außer dem Bus nach Finkenwerder. Von dort fährt die Fähre garantiert.

Was für den Touristen noch ein kleines Abenteuer ist, ist für die Cranzer ein Dauer-Ärgernis: „Ich versuche ja jeden Morgen, mit der Fähre zur Arbeit zu kommen“, sagt Thomas Bock, Mitglied der Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz . Der studierte Designer forscht an der Hochschule für angewandte Wissenschaften und muss dafür täglich zum Berliner Tor pendeln. „Und jeden Morgen ist es eine riesengroße Ungewissheit, ob die Fähre fährt.“

Seit 50 Jahren betreibt die HADAG die Fährlinie im Hamburger Verkehrsverbund. Zuvor war die Verbindung im Privatbesitz. Das Jubiläum der Übernahme feierte die HADAG im April noch mit Apfelkuchen und bunten Aktionen

Die Este verschlickt zusehends und wird derzeit nicht ausgebaggert. Das macht der Fähre bei Niedrigwasser Probleme. Die Cranzer haben eine Telefonnummer bei der HADAG, die sie anrufen können, um nachzufragen, wie der Fährdienst gerade abläuft. Die Reederei entscheidet täglich neu nach Wasserstand, ob sie in die Estemündung einfährt, oder nicht. Dieses Wissen verrät sie aber nur auf Anfrage. In die elektronischen Fahrpläne oder die telefonische Auskunft des HVV schafft die Information es nicht. Fahrgäste von außerhalb müssen sich überraschen lassen. Wie Robert Klein. Der lässt sich gerade am Fähr-Imbiss in Neuenfelde den Weg nach Finkenwerder erklären.

Als auf der Sietas-Werft noch Schiffe gebaut wurden, ließ die Hamburg Port Authority (HPA) die Este im Werftbereich regelmäßig ausbaggern. Das kam auch der Fähre zu Gute. Nun läuft auf der Werft allerdings – zumindest erstmal – nichts mehr, und weder die HPA, noch das Wasser-und Schifffahrtsamt (WSA), das ab der Werft flussaufwärts zuständig wäre, lassen graben: „Das muss wirtschaftlich vertretbar sein“, sagt Hamburgs WSA-Leiter Detlef Wittmues, „und solange die Este bei Hochwasser schiffbar ist, sehe ich bei dem relativ geringen Verkehrsaufkommen keine Veranlassung zum Baggern.“ Auch die HPA wird von sich aus nicht tätig werden. „Wir baggern nur auf Veranlassung der Stadt", sagt HPA-Sprecherin Sinje Pangritz.

Die Bürgervertretung schlägt eine Lösung jenseits des Ausbaggerns vor: „Die HADAG setzt hier im Moment Schiffe ein, die fast zwei Meter Tiefgang haben“, sagt Bock. „Die sind bei Niedrigwasser natürlich eingeschränkt. Früher fuhren hier Schiffe, die nicht so tief im Wasser lagen. Da gab es auch weniger Probleme.“

Ob die HADAG extra für diese Linie ein neues Schiff anschafft, ist fraglich: „Grundsätzlich fährt die Linie immer“, sagt HADAG-Geschäftsführerin Gabriele Müller-Remer. „Wir weichen nur manchmal nach Finkenwerder aus. Die Nahverkehrs-Grundversorgung der Cranzer und der Neuenfelder im Rahmen der Daseinsvorsorge wird durch die HVV-Buslinie 150 abgedeckt, die auch an den Anlegern Neuenfelde und Cranz hält. Touristen zu befördern ist nicht unsere Kernaufgabe.“

Robert Klein weiß jetzt, wo es lang geht. „So sehe ich das Airbus-Werk“, sagt er. „Aber von Finkenwerder aus fahre ich dann zu den Landungsbrücken, wegen der Zeit. Eigentlich wollte ich die Elbchaussee herunterradeln.“