Eichenprozessionsspinner rückt vor. Der Landkreis Lüneburg und die Samtgemeinde Elbmarsch setzen Gift ein

Winsen/Lüneburg/Elbmarsch. Es ist nur eine Raupe, aber sie ist gefürchtet. Der Eichenprozessionsspinner schädigt ganze Eichenwälder, und seine Brennhaare können einen starken Juckreiz und Hautirritationen hervorrufen. Atembeschwerden und Augenreizungen können die Folge sein. Besonders für Allergiker sind die Giftraupen nicht ungefährlich. Der Baumschädling breitet sich immer weiter aus. Bislang blieb der Landkreis Harburg weitestgehend verschont. Mit einer Ausnahme: der Samtgemeinde Elbmarsch.

Die ging schon mit Instektiziden gegen die Raupe vor. Die Bäume in Marschacht, Tespe und auf eigenen Flächen der Samtgemeinde wurden besprüht. Davon erhofft sich die Samtgemeinde, dass sich der Vorfall vor zwei Jahren nicht wiederholt. Bei einem Fußballspiel an einer Schule in Tespe kamen mehrere Kinder und Jugendliche mit den giftigen Nesselhaaren des Baumschädlings in Berührung und litten unter Hautausschlag. „Ich hoffe, dass die Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners mit der Sprühaktion etwas gestoppt wird“, sagte Rolf Roth, Bürgermeister der Samtgemeinde Elbmarsch.

Mehr als andere Regionen ist der Landkreis Lüneburg erprobt im Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner. Er geht zum Teil aus der Luft gegen ihn vor und versprüht das Insektizid mit Hubschraubern. So war es im vergangenen Jahr und so war es auch in diesem Frühjahr. Explosionsartig hatte sich der Schädling vor zwei Jahren vermehrt. Dem Landkreis wurden mehr als 100 Krankheitsfälle gemeldet. „Wir sind vom Thema überrollt worden“, sagt Jürgen Krumböhmer, Erster Kreisrat im Landkreis Lüneburg.

Daraufhin dokumentierte der Landkreis in Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden jeden einzelnen Befall von Eichenprozessionsspinnern. Bürger meldeten Nester des Schädlings an die Gemeinden. So weiß der Landkreis inzwischen, wo genau die Schädlinge auftreten. Besonders der Osten des Landkreises ist betroffen. „Der Eichenprozessionsspinner kommt aber allmählich in die Stadt Lüneburg hinein“, dagt Jürgen Krumböhmer.

Die Bäume, an denen Raupennester gesichtet wurden, werden besprüht. Doch nicht überall. Nur dort, wo der Schädling eine Gefahr für die Gesundheit ist, wo sich die Menschen also aufhalten, etwa an Kindergärten, Schulen, Spielplätzen und Parkanlagen werden Insektizide eingesetzt.

Die Kosten für die Bekämpfung mit Hilfe von Hubschraubern belaufen sich in diesem Jahr auf etwa 47.000 Euro. Wie teuer es wird, vom Boden aus gegen die Giftraupen vorzugehen, ist noch nicht abschließend geklärt. Für die Kalkulation liegen dem Landkreis noch nicht alle Daten vor. Der Kreis und die Gemeinden teilen sich die Kosten je zur Hälfte. Im vergangenen Jahr hat die gesamte Bekämpfungsaktion 68.000 Euro gekostet.

Der Landkreis Lüneburg setzt das chemische Mittel Dimilin ein. Es verhindert, dass sich die Raupen häuten. Denn erst wenn die Eichenprozessionsspinner geschlüpft sind, entwickeln sie die Brennhaare, die für die Menschen gefährlich werden können. „Sind die Härchen in der Welt, ist es schwierig, sie wieder wegzukriegen“, sagt Jürgen Krumböhmer.

Der Naturschutzbund (NABU) hingegen hält nichts vom Gifteinsatz und hat den sofortigen Stopp gefordert. Aus ihrer Sicht ist die Massenvermehrung des Eichenprozessionsspinners ein immer wiederkehrendes Phänomen in deutschen Wäldern, das zum natürlichen Prozess gehört. Der NABU warnt, dass die Gifteinsätze bis zu 214 Schmetterlingsarten in Deutschland treffen könnten.

Um Menschen vor den Raupen zu schützen, sprechen sich die Naturschützer für das mechanische Verfahren aus, wie etwa dem Absaugen der Raupennester und dem anschließenden Verbrennen. „Bei einem möglichen Befall von 4000 bis 8000 Bäumen im Landkreis Lüneburg ein wahnsinniger Aufwand“, sagt Jürgen Krumböhmer. „Dafür hätten wir gar nicht die Kapazität.“ In Brandenburg hatte der NABU mit seiner Forderung vor Gericht Erfolg. Das Verwaltungsgericht Potsdam hat Sprühaktionen in Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH) gegen den Eichenprozessionsspinner in Brandenburg gestoppt. Ein generelles Einsatzverbot für die Insektizide Dipel Es, Dimilin und Karate sprachen die Richter, wie vom NABU gefordert, aber nicht aus.