Bei dem Festival auf den Elbinseln „48 h Wilhelmsburg“ wurde jede auch noch so ausgefallene Bühne mit Musik bespielt

Ein Festival der ganz besonderen Art erlebten am Wochenende die Menschen auf den Elbinseln Wilhelmsburg, Veddel und Kleiner Grasbrook. Die meisten Besucher von „48hWilhelmsburg“ waren mit den großen und übersichtlichen Faltplänen, in denen alle Veranstaltungsorte eingezeichnet waren, unterwegs. Zu erkennen waren sie unschwer daran, dass sie an den Kreuzungen ihre Pläne studierten, auf der Suche nach dem nächsten Veranstaltungsort.

162 Bands, Solisten, Ensembles und DJs spielten in Schrebergärten, auf Balkonen, in privaten Wohnzimmern oder in Hinterhöfen. Das berühmte KaKo Weiss Ensemble spielte beispielsweise im eigenen Schrebergarten in Wilhelmsburg am Sonnabendnachmittag mit seiner Combo zeitlosen amerikanischen Jazz und Tango Argentino.

Insgesamt 80 Spielorte waren auf dem Faltplan eingezeichnet. Wer keinen Plan im Vorwege ergattern konnte, musste auch nicht orientierungslos bleiben. Überall wurden die praktischen Wegweiser von Unterstützern des Festivals an den Mann oder die Frau gebracht. In diesem Jahr bekamen die Macher des Elbinsel-Musikevents für ihre Arbeit und ihre Ideen den Hamburger Stadtteilkulturpreis 2014.

Ein ganzes Quartier zeigte sich von seiner bunten wie multikulturellen Seite. Die Veranstalter des flächendeckenden Festivals, Netzwerk Musik auf den Elbinseln, haben bei ihrer Standortsuche nichts ausgelassen, was in irgend einer Form bespielbar war. Echte Highlights spielten sich an diesem Wochenende unter anderem im Reiherstiegviertel ab. Künstlerateliers waren für Besucher geöffnet. Und Musik dröhnte aus fast jedem Hinterhof. Bei einer Kutschfahrt durch Georgswerder spielte das Duo Anne Wiemann (Saxophon) und Ulrich Kodjo Wendt ((Diatonisches Knopfakkordeon) Improvisationen afrikanischer, karibischer und natürlich eigener Grooves, die sich durch ihren ausgefallenen Spielwitz auszeichnen.

In der Immanuelkirche Veddel verzauberte die Albanerin Hava Bakteshi aus Mazedonien ihre Zuhörer mit albanischen Liedern und dem Spiel auf der Cifteli, einer zweihalsigen Langhalslaute. Auf der Ponton-Anlage Gangway e.V. setzten die beiden Comiczeichner und Musiker, Mats Sharma und Alexander Nicolai, ihren Zuhörern mit fetzigem Jazzpop zu. Und die HipHop Tanzformation des Kirchdorfer Mädchentreffs „Dolle Deerns" präsentierte in der Pförtnerloge am Erlering ihre aktuellen Choreografien.

Während eine Band nach der anderen Live-Musik auf der Bühne vor den Zinnwerken spielte und auf dem gesamten Gelände ein Flohmarkt aufgebaut war, hatten wenige Hundert Meter weiter in der Honigfabrik die Kids vom Projekt „Willytown“ ihren großen Performance-Auftritt.

Seit dem Frühjahr arbeiteten die Kinder der Honigfabrik an ihrer Perfomance. Regelmäßig treffen sie sich, um mit den Kunstpädagogen auszuprobieren, was sich vor Publikum zeigen lässt. Bei dem Projekt aber steht die Wirkung auf das Publikum, die sich am Sonnabend an dem tosenden Beifall ablesen ließ, nicht unbedingt im Vordergrund. Das offene Projekt für Kinder und Jugendliche „Willytown“ wird über das Bündnis für Bildung aus Bundesmitteln gefördert. „Unser Ziel ist es, die Identifikation der Kinder, die zu uns in die Honigfabrik kommen, mit ihrem Stadtteil zu fördern und ihnen deutlich zu machen, dass sie gemeinsam eine Menge auf die Beine stellen können“, sagt Maren Tobel, Leiterin des Projekts.

Die Kids von „Willytown“ legten eine grandiose Perfomance auf die Bühne

Die meisten der Wilhelmsburger Kids, die am Sonnabend ihren Auftritt hatten, haben auch schon ihre Sommerferien in der Honigfabrik verplant. „Dieser Auftritt war sozusagen unsere Feuerprobe, weil wir hier die ersten Dinge vorgeführt haben, die die Kids einstudiert haben“, sagt Tobel. Eines der nächsten Projekte, die die Kids der Honigfabrik in ihrem Viertel Wilhelmsburg in der Pipeline haben, ist ein Videoclip Workshop. Gemeinsam mit den Pädagogen werden sie ihre persönlichen Lieblingsorte im Viertel in einem Videoclip festhalten. Tobel: „Da wird alles verarbeitet, was sie mit ihrem Stadtteil verbinden.“ Die Teilnahme ist kostenlos. Weitere Infos zu den einzelnen Workshops oder zum Ferienprogramm der Honigfabrik gibt es im Internet unter der Adresse: www.honigfabrik.de.

Dass das Wetter 48 Stunden lang mitspielte, verstärkte nur die Charmeoffensive der Elbinseln.