Eine Glosse von Lars Hansen

Wetter ist gut, WM ist auch bald, damit ist an der frischen Luft wieder eines angesagt: Holzkohlequalm und das feine Aroma mobiler Tierverbrennungsanlagen, auch Grill genannt. Wobei ich nie verstanden habe, was Grillen mit Fußball zu tun haben soll: In der Nähe herumfliegender Bälle hat glühende Holzkohle nichts zu suchen. Und vor dem Fernseher auch nicht.

Pfeif’ drauf – die Fleischer haben es so hingedreht bekommen: Um uns weiszumachen, dass ein WM-Abend eine rußgeschwärzte Wurst oder drei nicht ausschließt, haben sie als Bild in die Köpfe gebracht, dass sie regelrecht zusammengehören. Wie Biathlon und Sandalen oder so.

Mit Grillen verbindet man ja immer etwas Urzeitliches und Egalitäres: Vor der Glut sind alle gleich und beim Anzünden der Kohle hilft weder Geld noch Doktortitel. Solange ein Grill nur eine Blechschale mit einem Gitter darüber ist, trifft das auch noch zu. Aber mittlerweile haben die Reichen und Doktores ja auf der Terrasse aufgerüstet: Brennkammern mit regulierbarer Unterbelüftung, Räucherkappen und propanbetriebene Freiluftküchen drängen auf den Markt und sind nicht billig. Da ist es auch egal, wenn die teuersten Geräte den wenig steinzeitmännlichen Namen eines Textilberufs tragen. Für einen solchen Grill kann der gestandene Hausbesitzer schon mal Summen aufwenden, für die sich Studenten Gebrauchtwagen kaufen.

Zischt das Grillgut dann erst mal auf dem Rost – Zart besaitete, Vorsicht: Tofu brennt schnell an! – ist ohnehin egal, wie die Hitze unter das Essen gekommen ist. Jetzt regiert der Hunger. Und der Durst, denn am Grill ist es heiß und im Mund salzig. Und der Zeitdruck: Die singen schon die Hymne und das Nackensteak ist noch halb roh. Schon sitzen alle im Wohnzimmer. Nur der Gastgeber steht noch am Grill. Dreht an den Würstchen, während in Brasilien das große Rad gedreht wird. Wenigstens wird er braun. Wetter ist ja gut.