Joachim und Sabine Willner wollen mit ihrer Yacht Atanga die Erde umrunden und sich dabei überall entspannt umgucken können

Finkenwerder. Zwei Neuwiedenthaler sind weg. Joachim und Sabine Willner haben die Leinen losgemacht, die Segel gesetzt und sind jetzt auf großer Fahrt. Ihr grober Plan: die Welt zu umrunden, und zwar in aller Ruhe. Am Sonntag legte ihr Schiff, die Yacht Atanga, in Finkenwerder ab und fuhr vom Rüschkanal auf die Elbe. In acht bis zehn Jahren sind die Willners vielleicht wieder da.

Noch ist nicht alles hochseeklar. Deshalb werden sich die beiden Segler auf der Elbe einige Zeit lassen, Sack und Pack neu stauen, ein weiteres Solarpanel am Schiff anbringen, am Sonnensegel nähen und andere liegen gebliebene Dinge erledigen. Am Freitag soll es dann endgültig auf die Nordsee gehen, Kurs Helgoland, Ärmelkanal und Atlantik.

Sabine Willner segelt seit 25 Jahren. „Ich bin immer mal hier oder da mitgefahren oder habe mich eingechartert“, sagt die 49-Jährige. Ihren Joachim musste sie nach dem Kennenlernen und Heiraten erst einmal vom Segeln überzeugen. Erst im Jahr 2007 konnte sie ihn an Bord eines Charters schnacken. Mit einer zusammengewürfelten Crew ging es über Ostern nach Helgoland. Joachim Willner fing sofort Feuer.

„Nur die Organisation dieses Chartertrips hat mich genervt. Der Skipper war planlos, und die Absprachen in der Crew klappten nicht. Da war für mich klar: Ich will weiter segeln, aber dann mit einem eigenen Boot“, sagt er.

Einige Male charterten die Willners aber trotzdem noch, während Joachim Kurse besucht und Scheine machte und beide auf ein Schiff sparten. 2009 war es so weit: Das Ehepaar ging auf Schiffssuche. Die dauerte eigentlich nicht lange: „Die Atanga war das erste Schiff, das wir uns angesehen haben, und eigentlich waren wir gleich in das Schiff verliebt“, sagt Sabine Willner. Als analytische Menschen– sie ist an Land Bilanzbuchhalterin, er studierter Chemiker – wollten die Eheleute die Euphorie allerdings nicht das Ruder übernehmen lassen und sahen sich auch noch andere Schiffe an. „Das hätten wir uns aber eigentlich sparen können“, sagt Joachim Willner. „Letztlich war von Anfang an klar, welches Schiff wir wollten.“

Atanga ist ein Maori-Wort und bedeutet „Schönheit“. Die Willners, die sich über den Tauchsport fanden, sind beide große Neuseeland-Fans.

Die Atanga ist eine Hanseat 45, 1989 auf der legendären Asmus-Werft in Glückstadt an der Elbe gebaut, kurz bevor diese in Konkurs ging. Als sie vom Stapel lief war die 13 Meter lange Yacht ein Millionärsspielzeug: Um 500.000 Mark beliefen sich damals die Neupreise für diese größten Vertreter des Hanseat-Serie. Auch 20 Jahre später, als Gebrauchtschiff, kostete die Atanga immer noch den Preis eines kleinen Reihenhauses, „aber sie ist jeden Cent wert“, sagt Joachim Willner. In den folgenden Jahren segelten die Willners mindestens zweimal im Jahr los. Manchmal nach Helgoland, meistens in die dänische See. Währenddessen rüsteten sie ihr Schiff sukzessive auf: Ein Bugstrahlruder, ein neuer Herd und ein Windkraftgenerator wurden angeschafft, Dieselmaschine und Nebelpfeife überholt, Solarpanels angebracht. Bei allen Ausgaben wurde auch schon wieder gespart, denn mit der Anschaffung der „Atanga war klar: Die Willners wollten in die weite Welt. „Vor einigen Monaten war dann klar, dass es von den Finanzen her passt“, sagt Joachim Willner. „Seitdem sind wir dabei, den großen Törn vorzubereiten.“

Die Willners verkauften, was sie hatten. Autos, Eigenheim, Spülmaschine und Spargelschäler wechselten Besitzer. Zwei kleine Klappräder kamen mit an Bord. „Alles, was wir behalten haben, passt auf einen Quadratmeter gemieteter Lagerfläche in Harburg“, sagt Sabine Willner. „Es geht uns gar nicht darum, dass wir hier in Hamburg irgendetwas ablehnen“, sagt Joachim Willner. „Wir haben beide gute Jobs und ein gutes Auskommen und es ist unwahrscheinlich, dass wir es, wenn wir zurück sind, wieder so gut haben werden. Aber es muss auch noch was anderes geben, hinter dem Tellerrand.“

Einen genauen Plan für ihren Törn haben die Willners nicht. Aber während die meisten Weltumsegler nach etwa drei Jahren wieder zu Hause sind, haben sie sich vorgenommen, sich Zeit zu lassen. Bevor es im Winter auf dem Wasser ruppig wird, wollen sie die Kanaren erreicht haben „Und meinen 50. Geburtstag will ich in Lissabon feiern“, sagt Sabine Willner. Dann müssen die beiden bis Oktober dort sein. Auch das ist mit großer Gelassenheit zu schaffen.

Von den Kanaren soll es über die Kapverdischen Inseln grob in Richtung Brasilien gehen. Dann wollen die Willners die südamerikanische Küste entlang segeln und durch die Magellanstraße oder den Beagle-Kanal in den Pazifik. „Kap Hoorn müssen wir uns nicht geben", sagt Joachim Willner. „Wir haben uns ja nichts zu beweisen. Es geht nicht ums Segeln, sondern darum, was wir an Land alles entdecken wollen.“

Deshalb ist der Plan bewusst unkonkret. „Wenn es uns irgendwo gefällt, bleiben wir länger und wenn uns irgendwo langweilig wird, reisen wir früher weiter“, sagt Sabine Willner. „Und wer weiß“, ergänzt ihr Mann. „Vielleicht bleiben wir ja auch irgendwo ganz hängen und kommen gar nicht wieder.“