Deutsche Muslimin Kesbana Klein hat bei den Bezirkswahlen den Wahlkreis Wilhelmsburg-Ost und Veddel gewonnen

Wilhelmsburg. Kesbana Klein aus Wilhelmsburg ist die neue starke Frau der SPD im Bezirk Mitte. Auf Anhieb hat die 49-Jährige das zweitbeste Ergebnis aller Kandidaten auf der Gesamtliste erzielt – nur SPD-Spitzenkandidat Falko Droßmann gelang es, noch mehr Stimmen zu sammeln. Dass sie Hamburgs erste gewählte deutsche Abgeordnete mit Kopftuch ist, dürfte eher für Aufsehen bei den Medien sorgen. Bei der multiethnischen Bevölkerung ihres Wahlkreises spielt das keine Rolle.

Dass Wilhelmsburgin der neu gewählten Bezirksversammlung Mitte weniger stark repräsentiert sein wird als bisher, dürfte bei den politisch interessierten Menschen auf der Elbinsel von größerer Bedeutung sein als eine Kopfbedeckung zum Ausdruck der Religiösität. Überraschend für die Sozialdemokraten selbst ist Kesbana Klein die einzige Abgeordnete aus Wilhelmsburg in der stärksten Fraktion in Hamburg- Mitte.

Von dem bisherigen SPD-Trio aus Wilhelmsburg ist niemand mehr einen Sitz in der Bezirksversammlung: Anja Keuchel nicht, weil die bisherige regionalpolitische Sprecherin der SPD für Wilhelmsburg, nicht mehr zur Wahl angetreten war. Michael Weinreich zieht es in die Hamburger Bürgerschaft und kandidierte ebenfalls nicht mehr. Und Fred Rebensdorf, immerhin stellvertretender Fraktionsvorsitzender, muss Carina Wegner aus Finkenwerder weichen.

Dass Kesbana Klein bei ihrem ersten Wahlkampf auf Anhieb 4033 Stimmen auf dem Gesamtlistenplatz sieben sammeln und von Listenplatz zwei aus den Wahlkreis Wilhelmsburg-Ost/Veddel/ Kleiner Grasbrook gewinnen konnte, hätte beinahe noch ihren Parteifreund Klaus Lübke von der Veddel den Sitz in der Bezirksversammlung gekostet. Wegen der Schwäche der anderen politischen Parteien in Wilhelmsburg und eine starken persönlichen Wahlergebnisses reichte es für Lübke schließlich doch noch zu einem Mandat.

Die SPD-Strategie sah vor, dass Klaus Lübke den Wahlkreis gewinnt und Kesbana Klein über die Liste in die Bezirksversammlung einzieht. Die Wähler spielten da nicht mit, und beinahe hätten die Sozialdemokraten sich verzockt. Weil sie Klaus Lübke bereits aus der Bezirksversammlung gewählt wähnte, konnte sich Kesbana Klein zunächst gar nicht über ihren eigenen überwältigenden Wahlerfolg freuen - so betroffen wirkte sie.

Kesbana Klein ist neu im Bezirkswahlkampf – aber nicht im öffentlichen Geschehen auf der Elbinsel. Ein ständig defekter Aufzug am neuen S-Bahnhof Wilhelmsburg für Rollstuhlfahrer gingen ihr so sehr gegen den Strich, dass sie die Bürgerinitiative „Barrierefreier Bahnhof Wilhelmsburg“ ins Leben rief, die immerhin 3500 Unterschriften sammelte. Das Theaterprojekt „Tarzan in Wilhelmsburg“, in dem behinderte und nichtbehinderte Menschen zusammenspielen, geht auf die sozial engagierte Frau zurück. Kesbana Klein erhielt im Jahr 2011 den Bürgerpreis der Bezirksversammlung Mitte.

Die Leute in Wilhelmsburg hätten sie bereits zuvor gekannt –nicht alle, aber viele, sagt Kesbana Klein. Trotzdem ist sie im Wahlkampf insgesamt 50 Stunden lang durch Wilhelmsburg gelaufen und hat bei Hausbeuchen um Stimmen gekämpft.

Kesbana Klein stammt aus Elmshorn in Schleswig-Holstein und lebt seit zehn Jahren in Wilhelmsburg. „Im ersten Moment, als ich die Insel betrat, wusste ich, dass ich hier wohnen will“, sagt sie. Sie ist Diplom-Finanzwirtin und verdient ihre Brötchen als wissenschaftliche Mitarbeiterin eines SPDAbgeordnetenbüros in der Hamburger Bürgerschaft. In der neuen Wahlperiode werde die Wohnungsbaupolitik eine wichtige Rolle in Wilhelmsburg spielen.

„Wir brauchen hier bedarfsgerechten Wohnungsbau, damit Wohnen für alle bezahlbar bleibt“, sagt Kesbana Klein. Viele Migranten wünschten sich, auf der Elbinsel Eigentum zu erwerben. Sie sähen Wilhelmsburg als ihre Heimat und möchten sicher sein, dass sie nicht mehr fort müssten, sagt sie.

Kesbana Klein setzt sich dafür ein, dass es keine Rolle spiele, ob jemand behindert sei oder nicht, Migrant oder nicht, gläubig oder nicht. Jeder solle ganz normal zu unserer Gesellschaft gehören.

Und weil die deutsche Muslimin realistisch genug ist, dass die Kopftuchfrage sie noch begleiten wird, spart sie das Thema nicht aus: Die Gastfreundschaft, Zuversicht ins Leben und das Gottvertrauen von Muslimen habe sie beeindruckt, als sie sieben Jahre lang in Kenia, Ägypten und der Türkei im Tourismus als Tauchlehrerin und Managerin eines kleinen Hotels gearbeitet habe. 1997 konvertierte sie zum Islam.

In Wilhelmsburg, sagt Kesbana Klein, werde nicht ein Kopftuch als Problem erachtet, sondern vielmehr Bildungsferne. „Und ich spreche ja Deutsch“, sagt die Sozialdemokratin süffisant. Übrigens auch einige Sätze Plattdeutsch, wie im Wahlkampf zu hören war.

Wir brauchen hier bedarfsgerechten Wohnungsbau, damit Wohnen für alle bezahlbar bleibt. Kesbana Klein