Der 78-Jährige ist einer von acht ehrenamtlichen Wespenberatern im Landkreis Harburg. Mehr als 50 Hornissennester hat er bereits umgesiedelt – meistens in den Klecker Wald

Buchholz. „Hilfe, wir haben ein Wespennest!“ Anrufe wie diese bekommt Reinhard Blohm jetzt wieder häufig. Während der Sommermonate wenden sich viele Menschen hilfesuchend an den 78-Jährigen. Seit 2003 gehört er zum Netz der Wespen- und Hornissen-Berater der Naturschutzabteilung des Landkreises Harburg. „Ich bin einer der Mitbegründer“, erzählt der Vorstand des Landesverbands Hannoverscher Imker.

Fundiertes Wissen über Insekten und handwerkliches Know how im Umgang mit den stechenden Hautflüglern sind Voraussetzung für das Ehrenamt. Denn die acht Experten beantworten nicht nur Fragen zum Thema. Wenn nötig, siedeln sie auch an ungünstiger Stelle gebaute Nester tier- und fachgerecht um. Denn Hummeln, Hornissen und einige wenige Wespenarten stehen unter besonderem gesetzlichem Schutz. Während die Beratung – telefonisch oder vor Ort – kostenlos angeboten wird, wird für eine Umsiedlung eine Gebühr erhoben. Schließlich nimm die Aktion mehrere Tage in Anspruch.

Tatsächlich ist diese aufwändige Maßnahme kaum jemals zwingend erforderlich, zumal sich das Problem im Herbst von selbst erledigt. Hornissen- und Wespenvölker überwintern nicht. Nur die Königinnen überleben. Und die beziehen ihr altes Nest nicht wieder. Außerdem ist die Angst vor den geschickten Fliegern unbegründet. Zumindest für die weit überwiegende Mehrheit, die nicht allergisch auf Insektenstiche reagiert. „Nur etwa drei Prozent der Bevölkerung erleiden gefährliche Schwellungen und Atemnot nach einem Insektenstich“, weiß Blohm. Bei allen anderen sind die Folgen weit weniger dramatisch, als gemeinhin angenommen. „Dass drei Hornissenstiche einen Menschen umbringen und sechs ein Pferd töten, ist völliger Unsinn“, sagt der Experte. Er selbst hat schon sieben Hornissenstiche auf einmal abbekommen. Eine zwar schmerzhafte, aber gesundheitlich unproblematische Angelegenheit. Gegen Bienenstiche ist der Imker inzwischen sogar weitgehend immun. „Einmal habe ich mir mehr als 50 Wespenstiche beim Ausgraben eines Erdwespennests zugezogen, weil der Bund meiner Imkerjacke nicht fest verschlossen war“, erzählt der Rentner gleichmütig.

Sofern man ihnen nicht nach dem Leben trachtet, bleiben die Tiere friedlich. Abstand wahren und in Ruhe lassen, ist Blohms Rat. „Es hilft nicht, Wasser ins Loch zu leiten, weil das Nest ein ganzes Stück vom Eingang entfernt liegt und der Tunnel dorthin eine Art Siphon bildet. Manche Menschen gießen sogar Benzin ins Loch und zünden es an. Aber auch das hilft nicht, die Flammen kommen nicht so weit“, weiß Blohm, der auf der Suche nach Erdwespennestern schon reichlich gebuddelt hat, um die empfindlichen Gebilde und ihre Bewohner dann anderswo – zumeist im Klecker Wald – wieder einzusetzen.

Um welche ungebetenen Untermieter es sich auch handelt – man sollte auf keinen Fall nach ihnen schlagen und abends nicht bei geöffnetem Fenster Lampen anmachen. Insekten fliegen ins Helle, weil es dort wärmer ist. „Wenn Wespen oder Hornissen sich ins Haus verirrt haben, genügt es, das Licht zu löschen. Sie fliegen von allein wieder raus, eben immer zum Helleren“, erklärt Blohm.

Oftmals können Reinhard Blohm und seine Mitstreiter erfolgreich Überzeugungsarbeit leisten und Ängste abbauen. „Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Arbeit der Berater einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Insekten leistet und gleichzeitig Verständnis für das richtige Verhalten gegenüber den Tieren in der Bevölkerung weckt“, weiß Stefanie Kropat, Mitarbeiterin der Naturschutzabteilung des Landkreises Harburg.

Dennoch wird immer wieder auf das Entfernen von Nestern bestanden. „Ich habe im Laufe der Jahre schon hunderte Wespen- und etwa 50 Hornissennester umgesiedelt“, erzählt Blohm. Besondere Sorgfalt lässt er bei Hornissen walten. Nach Inspektion der Gegebenheiten stellt er in der Nähe des Baus eine Pappschachtel in einer offenen Plastiktüte bereit. Geschützt durch seine Imkerkleidung, löst er das fragile Gebilde vorsichtig ab und bringt es provisorisch im Karton unter. Bei der Aktion verlassen die meisten Tiere den Bau. „Es ist wichtig, dass ich die Königin mitbekomme. Ich lasse das Nest einen bis zwei Tage neben dem ursprünglichen Platz stehen. Der größte Teil des Volkes kommt in dieser Zeit zurück“, sagt Blohm. So kann er die Tüte verschließen und den Karton samt Nest vorsichtig zum neuen Domizil bringen. „Der Teil des Volks, der nicht mitgekommen ist, bleibt bis zu drei Tage in der Nähe der alten Heimat. Danach haben die Übriggebliebenen entweder Unterschlupf bei einem Nachbarvolk gefunden oder sind von Vögeln gefressen worden“, weiß Blohm. Die ursprüngliche Stelle bestreicht er mit einer für Insekten unangenehm riechenden Flüssigkeit. Die Umsiedlung eines Hornissen- oder Wespennests ist eine Aktion, die kein Laie wagen sollte. Reinhard Blohm weiß von einem tragischen Fall zu berichten. Ein Mann, der die Kosten einer professionellen Umsiedlung scheute, fiel beim Versuch, das Nest selbst zu entfernen, attackiert vom Schwarm von der Leiter. Er erlag seinen durch den Sturz verursachten Verletzungen.

Wer sicher gehen möchte, ruft die Berater. Sie stehen gerne mit Rat und Tat zur Verfügung. Reinhard Blohm (Telefon 04181/33334) ist für Buchholz und die Samtgemeinde Jesteburg zuständig. Ernst-August Otto (04133/7463) hilft in der Samtgemeinde Elbmarsch und Winsen. Oliver Lehmann (0179/1159823)berät in Neu Wulmstorf. Peter Scharnowski (04105/2581) betreut Stelle und Seevetal. Manfred Meyer (04108/7438) ist Ansprechpartner für Rosengarten. Peter Brückner (04186-8888098)stellt den Hollenstedtern sein Wissen zur Verfügung. In Tostedt ist Günter Klenota (04186-889709)aktiv. In Hanstedt und Salzhausen wirkt Dirk Tornow (04175-8089065).