30 Jahre betreute Josef Hauphoff in Harburg und Buchholz Hilfesuchende in der Beratungsstelle der katholischen Kirche

Harburg . Ein offener Blick aus blauen Augen, eine Austrahlung die ruhigen, ausgeglichenen Menschen anhaftet – so empfängt der Diplom-Psychologe Josef Hauphoff die Menschen, die bei ihm in die katholischen Beratungsstellen für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Harburg und Buchholz kommen. 30 Jahre hat er Hilfesuchende in den unterschiedlichsten Notlagen ihres Lebens begleitet und betreut, jetzt mit 60 Jahren geht er in den Ruhestand. Am 31. Mai ist sein letzter Arbeitstag, seine Nachfolge tritt seine Kollegin Susanne von Gönner an.

Zu ihm und seinem fünfköpfigen Team kommen Menschen, die nicht mehr weiter wissen. Dazu gehört der Suchtkranke, der sich seinen Dämonen stellen will, die 16-Jährige, die sich Sorgen um die Freundin macht, die viel zu dünn ist. Es kommen psychisch Kranke, die sich nicht zu einem Arzt trauen, Paare, die ihre Beziehung retten wollen und es kommen auch diejenigen, die gerade arbeitslos geworden sind und eine Neuorientierung brauchen. Zuhören, versuchen zu verstehen und Möglichkeiten herauszuarbeiten, die helfen – das ist der Alltag von Josef Hauphoff. Wobei er nicht als Ratgeber fungiert, der den Menschen Entscheidungen abnimmt, „die Suppe muss jeder letztendlich selbst auslöffeln – wir versuchen, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben“. Anders als bei den Psychotherapeuten mit eigener Praxis, bei denen es Wartezeiten bis zu einem halben Jahr gibt, finden Menschen in der katholischen Beratungsstelle in der Julius-Ludowieg-Straße in Harburg sofort Unterstützung. „Wir machen es immer irgendwie möglich, innerhalb einer Woche einen Termin für ein Erstgespräch anzubieten“, betont Hauphoff.

Dann ist eine Stunde Zeit, um heraus zu finden, wo die Problematik genau liegt. Oft kommen Menschen, die Josef Hauphoff weiter vermitteln muss, zur Rechtsberatung, zu einem Anwalt, zur Sucht- oder Erziehungsberatung, aber auch zum Psychiater oder in eine klinische Einrichtung, „wir sind wie ein großer Trichter. Wir behalten diejenigen, die Paar- und Einzelberatung über einen längeren Zeitraum mit festem Rhythmus brauchen“. Jeweils eineinhalb Stunden nimmt sich der Therapeut pro Sitzung Zeit, durchschnittlich kommen die Paare zwölf Mal zu ihm, bevor sie ihre Situation verstanden und das nötige Handwerkszeug haben, um weiter an der Beziehung zu arbeiten.

Die Menschen, die bei ihm Hilfe suchen sind meist zwischen 30 und 50 Jahren. Vor allem Paare mit kleinen Kindern, die sich eine Existenz aufgebaut haben, stellen irgendwann fest, dass sich die Beziehung verändert hat. „In dieser Situation kann man sich aber nicht mehr so leicht trennen, wie das als kinderloses Paar möglich gewesen wäre. Also müssen sie sich mit der Frage beschäftigen, was man tun kann und wie man die Beziehung retten kann.“

Im Vergleich zu den Paaren, die in die Beratungsstelle nach Buchholz kommen und denen, die in Harburg Hilfe suchen, hat der Therapeut Unterschiede festgestellt. „Buchholz ist ländlich gewachsen, hier wohnen mehr Menschen, die materiell und bildungsbedingt besser aufgestellt sind. Sie können ihre Probleme besser in Worte fassen und sind besser darin, Dinge im Selbstversuch zu lösen“. In Harburg sei das Zusammenleben mehr von Themen finanzieller Art und Armut geprägt. In den letzten zehn Jahren sei auch die Zahl der Hilfesuchenden mit Migrationshintergrund gestiegen, die kulturelle Fremdheit ist für viele von ihnen ein Problem. In Harburg hat der Therapeut auch mehr Einzelgespräche, während sich in Buchholz mehr Paare beraten lassen.

Die katholischen Beratungsstellen bieten auf niedrigschwelligem Niveau Hilfe an. Immer wieder kommt es vor, dass Menschen an der Tür der Beratungsstelle in Harburg stehen. „Wenn ich oder einer meiner Kollegen aus unserem Team Zeit haben, sprechen wir mit den Leuten, die ja auch aus einem ganz starken Bedürfnis heraus kommen.“

Der Beruf verlangt ihm vor allem seelisch alles ab. Deshalb sind Josef Hauphoff auch die Dinge wichtig, mit denen er seine freie Zeit gestaltet und die ihm dabei helfen, einen gesunden Abstand von den Problemen seiner Klienten zu wahren. Einen wichtigen Halt gibt ihm sein Glaube. Gegen das Adrenalin, das sich tagsüber aufbaut, hilft die tägliche Joggingrunde. Auch das Reisen hilft ihm, im seelischen Gleichgewicht zu bleiben. Vor ein paar Jahren wanderte er mit seiner Frau durch die Sahara, bereiste Südafrika und den nahen Osten. Außerdem hat er vor ein paar Jahren die Ballettkompagnie von John Neumeier für sich entdeckt. „Im Tanz zeigt sich die andere Seite des Menschen – man erlebt Emotionen, die ohne Worte ausgedrückt werden.“

So gradlinig wie bisher, so plant Josef Hauphoff auch weiterhin, was den Beruf angeht. Nach dem Abitur studierte der gebürtige Nordrhein-Westfale in Hamburg Psychologie, Soziologie und Pädagogik. Nach dem Examen sammelte er Berufserfahrungen in der Sexualberatungsstelle am Universitätsklinikum Eppendorf und betreute Drogenabhängige in einer therapeutischen Wohngemeinschaft. 1984 trat er den Posten in der katholischen Beratungsstelle in Harburg an, seit 1997 leitet er zusätzlich die Beratungsstelle in Buchholz. In seiner Zeit bei der katholischen Kirche haben sich für ihn immer wieder neue Herausforderungen und Projekte ergeben. Dazu zählen die vielen beruflichen Fortbildungen und die völlig neue Zusammenarbeit mit Kollegen in Ostdeutschland, nachdem die katholische Kirche ihre Bistümer nach der Wende neu strukturiert hatte. Auch der Aufbau der Internetberatung gehört dazu, Ringvorlesungen, die er an der Uni Hamburg abhielt bis hin zu der Mitarbeit in der kircheneigenen Kommission zur Prävention von sexuellen Übergriffen auf Kinder und Jugendliche. „Ich hatte unter dem Obdach der Kirche immer viel Raum zur Gestaltung meiner Arbeit“, zieht der Diplom-Psychologe sein persönliches Resümee.

So ganz verabschieden aus dem Beruf will sich Josef Hauphoff nicht. Mit gerade mal 60 fühlt er sich noch nicht reif für die Rente. In Zukunft wird er seine Frau, die ebenfalls Diplompsychologin ist, in ihrer Praxis unterstützen und all seine Erfahrungen einbringen, aus den 30 Jahren, die er hier im Hamburger Süden erlebt hat.