Sorge um das Grundwasser: SPD will weitere Gutachten einholen lassen. Bürgermeister schaltet Kommunalaufsicht ein

Stelle. Die geplante Erweiterung einer Biogasanlage sorgt für heftigen Streit im Steller Gemeinderat. Bürgermeister Uwe Sievers hat inzwischen sogar die Kommunalaufsicht eingeschaltet, nachdem die SPD ihren Antrag im Verwaltungsausschuss durchgebracht hatte, das Bauleitplanverfahren auszusetzen. Die SPD sorgt sich um die Grundwasserqualität. Die sei gefährdet, da Gärreste aus Biogasanlagen als Düngemittel wieder auf die Felder kommen und dadurch zuviel Nitrat ins Grundwasser gelange. Die SPD-Fraktion wollte das Verfahren um die für die Erweiterung notwendige B-Plan-Änderung aussetzen, um weitere Gutachten einzuholen, die eine Gefahr für das Grundwasser belegen oder ausschließen.

Nachdem SPD-Fraktionsmitglied und Ratsvorsitzender Jürgen Neubauer den Antrag im Fachausschuss erläutert hatte, der Antrag dann auch mit knapper Mehrheit angenommen wurde, sah die CDU-Fraktion rot. In einem offenen Brief forderte sie Neubauer auf, das Amt als Ratsvorsitzender niederzulegen, da er das Amt „in unwürdiger Weise für seinen persönlich Ehrgeiz als vermeintlicher Wasserapostel missbraucht“ habe. Er habe die Arbeit der Verwaltung, der bisher beauftragten Gutachter, der Wasserschutzbehörden und auch der Investoren in Frage gestellt und ihnen Unterschlagung von Fakten vorgeworfen. Zumal es strenge Richtlinien für den Gewässerschutz gebe und Neubauer auch nicht das Gespräch mit den beiden Landwirten, die die Bioanlage betreiben, gesucht hätten. Mit einem weiteren offenen Brief konterte die SPD Stelle: Man sei froh, mit Neubauer ein im Gewässerschutz kundiges Mitglied in den eigenen Reihen zu haben. Die CDU-Vorwürfe seien haltlos. Bei der CDU sei keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Planung zu erkennen. Weil der Verwaltungsausschuss dem Aussetzen des B-Planverfahrens ebenfalls zugestimmt hatte, wurde das Thema im Gemeinderat zunächst nicht weiter behandelt.

Die SPD legt nun in einer weiteren Mitteilung nach: Neubauer habe Wasserwerte für einen längeren Zeitraum bei den Behörden angefordert. Dies sei nur „bedingt gelungen“. Wie der Ortsvorsitzende Michael Feske gegenüber dem Abendblatt erläuterte, habe die SPD nur einmal beim Landkreis Akteneinsicht nehmen können, aber keine Kopie davon erhalten.

Unterstützung erhält die SPD von BIGS-Fraktion und den Grünen, die die Biogasanlagen-Erweiterung ablehnen. Die BIGS macht dies an den Überkapazitäten an Mais fest, die die Landwirte erzeugen. Die Überschüsse würden weiterverkauft. Die Biogasanlagenbetreiber argumentieren, durch Erweiterung der Anlage könne man Weitertransporte vermeiden, die BIGS vertritt jedoch die Ansicht, dass die einfachere Lösung wäre, weniger Mais anzubauen. Die BIGS zweifelt darüber hinaus an, dass die Genehmigung der Anlage überhaupt rechtens war. „Es ist auch das erste Mal, dass jetzt die Einwände der Bürger nicht öffentlich gemacht werden, sondern nur dem Rat vorliegen“, sagt Fraktionschef Dieter Lemmermann. Und die Grünen lehnen eine vergrößerte Biogasanlage wegen der Maisanbauproblematik und der Verdrängung des Nahrungsmittelanbaus zugunsten des Energieträgeranbaus ab.

Die CDU dagegen sieht bei der Erweiterung der Biogasanlage keine Schwierigkeiten. „Wir sehen auch keinen direkten Zusammenhang zwischen der Biogasanlage und der Grundwassergefährdung“, sagt Fraktionsvorsitzende Elisabeth Tomm. „Würden die landwirtschaftlichen Flächen nicht mit den Gärresten gedüngt, käme ein anderer Dünger zum Einsatz.“ Die CDU weist darauf hin, dass es für den Düngereinsatz strenge Auflagen und Kontrollen gibt, insbesondere, wenn es im Flächen im Wasserschutzgebiet - wie im Fall Stelle - gehe. Dies bestätigt auch das Umweltgutachten der Steller Verwaltung zu dem Erweiterungsantrag. Zu den Überkapazitäten beim Maisanbau erläuterte Elisabeth Tomm, dass dies den Investoren von Fachberatern empfohlen worden sei, damit auch bei schlechterer Ernte insgesamt noch genug Material für die Anlage vorhanden sei.

Wie Bürgermeister Uwe Sievers mitteilt, ist die Kommunalaufsicht bereits eingeschaltet. Die Verwaltung arbeite nun daran, die geforderten Gutachten einzuholen. „Die Gutachten können nur verhindert werden, wenn die Kommunalaufsicht das Aussetzen des Verfahrens aktiv beanstandet“, so Sievers. Den von der CDU außerdem geäußerten Vorwurf, die Kosten für zusätzliche Gutachten hätten die Investoren zu tragen, sieht er nicht, da diese erneute Prüfung nicht unmittelbar mit dem Bauleitverfahren zusammenhänge. Auf jeden Fall entstehe eine noch unbekannte Zeitverzögerung.

Immerhin – gestorben ist das Projekt noch nicht. „Wenn das Gutachten ergibt, dass keine Gefahr für das Grundwasser besteht, ist aus unserer Sicht eine Genehmigung denkbar“, so Michael Feske von der SPD. „Nur im Moment sehen wir die Grundlage nicht dafür.“