Pro Factory will sich ausdehnen, kann aber nicht, da es der Gemeinde an Flächen fehlt. Kritik am Verhalten im Rathaus

Neu Wulmstorf. Berrick Payne, Geschäftsführer von Pro Factory in Neu Wulmstorf, ist keiner, den man als Global Player bezeichnen würde. Pro Factory ist nicht Airbus, aber in seinem Geschäftsfeld ist das Unternehmen Marktführer. Die Firma an der Liliencronstraße fertigt Werbetaschen für Industrie und Handel. Unter anderem bekommt Pro Factory von namhaften Unternehmen wie Volkswagen, Katjes, MAN und Ikea gebrauchte Banner und Lkw-Planen, reinigt sie und produziert daraus Werbemittel für Kunden und Mitarbeiter der Auftraggeber. So sparen die Firmen die teure Entsorgung des PVC-Kunststoffs. Mit diesem Konzept macht Pro Factory immerhin eine Million Umsatz pro Jahr, Tendenz steigend. Für die Gemeinde Neu Wulmstorf also eine nennenswerte Größe.

Doch so fühlte sich Payne, 38, nicht behandelt. Schon seit einiger Zeit hegen er und sein Geschäftspartner Wieslaw Nijaki, 55, den Wunsch, sich auszudehnen. Derzeit hat Pro Factory Räume an der Liliencronstraße 25 angemietet. Alles, was Payne und Nijaki brauchen, ist ein 1500 Quadratmeter großes Grundstück, auf dem sie eine Halle mit Lager und Büro bauen können.

Aber bislang war es unmöglich, so eine Fläche in Neu Wulmstorf zu erwerben. „Da können wir nichts machen“, sei die Antwort auf seine Anfrage im Rathaus gewesen, sagt Payne. Der Gemeinde fehlen schlicht Grundstücke, um den ansässigen Gewerbetreibenden eine Entwicklungsmöglichkeit zu geben. Der Fehler liegt offenbar in der Vergangenheit. Die Gemeinde Neu Wulmstorf hat versäumt, selbst Flächen zu erwerben. Dadurch kann sie nicht als Akteur in der Gewerbeansiedlung auftreten und ist schon gar nicht Herr des Verfahrens.

Die leeren Grundstücke zwischen der Robert-Bosch-Straße und Liliencronstraße sowie an der Rudolf-Diesel-Straße und Fritz-Reuter-Straße, für die sich Berrick Payne interessierte, befinden sich alle in privater Hand. Der Geschäftsführer hat alle Besitzer abgeklappert. Doch entweder wollten die Eigentümer nicht verkaufen oder verlangten astronomische Summen.

Anders ist es im benachbarten Buxtehude. Dort sind die Gewerbeflächen größtenteils im städtischen Eigentum. Seit Jahrzehnten ist es politische Zielsetzung in Buxtehude, eigene Gewerbeflächen zu haben. „So können wir zielgerichteter und flexibler auf Anfragen reagieren“, sagt Kirsten Böhling, stellvertretende Leiterin der Fachgruppe Wirtschaftsförderung. Das schlägt sich auch in den Preisen nieder. In Buxtehude kosten die Grundstücke etwa 60 bis 70 Euro pro Quadratmeter. Die Privateigentümer in Neu Wulmstorf verlangten von Payne fast das Doppelte. Kein Wunder, dass er entschieden hat, spätestens Ende des Jahres ein paar Kilometer weiter in das neue Gewerbegebiet Ovelgönne zu ziehen. Schwer fällt es ihm trotzdem. Schließlich ist der 38-Jährige in Neu Wulmstorf aufgewachsen und zur Schule gegangen.

Umso enttäuschter ist Payne, wie wenig sich die Verwaltung um ihn als gebürtigen Neu Wulmstorfer bemüht habe. Professionell und zuvorkommend sei er in Buxtehude behandelt worden. „Dort gab es einen netten Empfang, so, wie man es sich vorstellt“, sagt er. Nicht so in Neu Wulmstorf. „Ich habe mich vor dem Kopf gestoßen gefühlt“, sagt er. Er habe weder Kontakte von Grundstückseigentümern bekommen noch einen Hinweis, an wen er sich sonst wenden könne. Schon nach zehn Minuten sei das Gespräch beendet gewesen. Also machte sich Payne selbst zu Fuß auf den Weg ins Gewerbegebiet, klingelte an den Türen der Nachbarn und fragte, wem die Flächen gehörten.

Bürgermeister Wolf Rosenzweig kann sich den Umgang mit Payne nicht erklären. „Das ist völlig untypisch für uns. Es ist ein ganz normaler Prozess in unserer Verwaltung, die Akteure an einen Tisch zu holen, zu helfen und vermittelnd tätig zu werden“, sagt er. „Das kann nur auf Missverständnissen beruhen.“ Was die fehlenden Grundstücke angeht, weiß der Bürgermeister von dem Problem. „Aus der Geschichte heraus waren wir nie die Gemeinde, die selbst große Flächen im Eigentum hat“, so Rosenzweig. „Es muss aber das Ziel der Zukunft sein, handlungsfähiger zu werden“, sagt er.

Payne ist offenbar nicht der einzige Neu Wulmstorfer Unternehmer, den es nach Buxtehude zieht. Wie aus Gewerbekreisen zu erfahren war, gibt es einen weiteren größeren Betrieb, der sich mit Abwanderungsgedanken nach Buxtehude trägt. Auch das in absehbarer Zeit.

Heute befasst sich der Sport-, Kultur- und Marketingausschuss um 19.30 Uhr im Ratssaal des Rathauses, Bahnhofstraße 39, mit der Wirtschaftsförderung. Auf Antrag der CDU gibt es einen Bericht der Verwaltung zu dem Thema.